Start Stadtteile Jülich Einigung als „große Chance“ begreifen

Einigung als „große Chance“ begreifen

„Wenn Jülich gleich zweimal in einer Pressemitteilung der Bundesregierung explizit genannt wird, dann müssen wir wohl etwas richtig gemacht haben“, sagt ein hörbar zufriedener Bürgermeister Axel Fuchs bei seinem Grußwort zum Neujahrsempfang des Stadtmarketing-Vereins. Gemeint war die Einigungsvereinbarung zum „Kohleausstieg“ und die darin mitgeteilte Entscheidung, dass in Jülich ein Helmholtz-Cluster für Wasserstoffwirtschaft entstehen soll. Nachrichten mit Reichweite. Wichtig ist für Bürgermeister Fuchs außerdem die Reform des Beihilferechts, die Einfluss auf die Vergabe von Fördermitteln hat.

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Braunkohle-Bagger von Bourheim aus gesehen. Foto: tee /Archiv
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Die von Politik, Kommunen und Arbeitnehmern lange eingeforderte Einigung war ein wichtiges Thema beim Jülicher Neujahrsempfang. Sie gibt eine erste Marschrichtung vor, wie, wie schnell und unter welchen Bedingungen sich der Strukturwandel von der fossilen Braunkohle hin zu der regenerativen Energiegewinnung vollziehen wird. Ein wichtiges Stichwort ist in diesem Zusammenhang „Wasserstoff“. Landrat Wolfgang Spelthahn favorisiert das Alternativkonzept und treibt es in der Region voran. Also ein Abend der guten Nachrichten aus Sicht der Akteure, zu denen auf Landesebene auch Landtagsabgeordnete Dr. Patricia Peill gehört. Sie war zum Neujahresempfang als Festrednerin geladen und ordnete selbstverständlich für die Gäste die „frisch eingetroffenen“ Ergebnisse ein. „Seit gestern Nacht wissen wir aus Berlin, dass die notwendigen Gesetze im ersten Halbjahr kommen; dass man sich einigen konnte auf einen Stilllegungspfad bis 2038 für unsere Braunkohle. Die umfassende Überprüfung der Versorgungssicherheit und der CO2-Bilanz wird in 2026 und 2029 stattfinden.“ Im Mai wird Planungssicherheit durch einen Bund-Ländervertrag hergestellt. Ihr „Fazit vom Fazit: Berlin muss jetzt zügig liefern.“ Der Kreis Düren und Jülich seien sehr gut aufgestellt – und „nicht nur super vorbereitet, sondern bereit für das, was kommt!“

Darin ist sie sich mit Dietmar Nietan, SPD-Bundestagsabgeordneter aus dem Kreis Düren, einig. „Ich erwarte deshalb von der Landes- und Bundesregierung, dass sie sich mit den Kommunen abstimmen und eine schnelle, unbürokratische und umfassende inhaltliche und finanzielle Förderung auf den Weg bringen, damit es zu keinem Strukturbruch kommt“, fordert der Abgeordnete Nietan. Besonders freut sich der Bundestagsabgeordnete auch über die Stärkung der Wasserstoffwirtschaft in Jülich. „Der Kreis Düren wird dadurch zum Vorreiter im Bereich Wasserstoffwirtschaft. Das ist eine große Chance“, so Nietan. Noch im Dezember hatte der Dürener in Jülich beim ersten Richtfest im Brainergy-Park Nachbesserungsbedarf kritisiert und angemahnt: „Alle müssen sich an die Teamregeln halten, damit man am Ende auch die Tore schießen kann.“

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Als Chance formulierte die Entscheidung auch Landrat Wolfgang Spelthahn beim Neujahrsempfang des Stadtmarketing-Vereins in Jülich. Er misst ihr sogar weitreichende Bedeutung zu. „Darum glaube ich fest daran, dass Jülich die historische Chance hat, dass wir hier das Herz der europäischen Wasserstoffwirtschaft werden, dass die besten Wasserstofftanks der Welt in Jülich gebaut werden, dass wir hier die beste Forschung haben, dass wir Arbeitsplatzeffekte auslösen und wir die beste Infrastruktur haben.“ Im Blick haben müsse man die Menschen, die Angst um den Arbeitsplatz hätten. Wichtig sei, den Menschen verständlich zu machen, was die Beschlüsse bedeuteten.

Die Kreisbauernschaft Düren stellt die Einigung unter die Überschrift: „Kohlekompromiss nicht ohne die Landwirtschaft“. „Wir können in der Region zeigen, wie aus landwirtschaftlichen Rohstoffen zukunftsfähige, biobasierte, klimafreundliche Güter werden. Wir können zeigen, wie Biodiversität und Landwirtschaft verbunden werden können!“ betont Erich Gussen als Vorsitzender. Die Kompetenzen der regionalen Forschungseinrichtungen, Landwirtschaft und verarbeitenden Betriebe müssten unbedingt gebündelt und genutzt werden. Als ersten Schritt erwarteten die Bauern im Zuge der Rekultivierung der Tagebauflächen den maximal möglichen Umfang landwirtschaftlicher Nutzflächen wieder herzustellen.

Einzig Antje Grothus, Mitglied der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung („Kohlekommission“), hält den Kompromiss für gänzlich verfehlt: „Die Bundesregierung hat es nicht geschafft, den Minimalkompromiss der Kohlekommission umzusetzen. Das ist sowohl gesellschafts- wie auch klimapolitisch eine Bankrotterklärung. Die gesellschaftlichen Konflikte um die Kohle in den Regionen und die Klimakrise werden dadurch seitens der politisch Verantwortlichen weiter angeheizt.“

Die wichtigsten Vereinbarungen sind:
Der Hambacher Forst bleibt. Das heißt, der Braunkohleabbau wird vorzeitig enden. Das gilt auch für den Tagebau Inden, aus dem fünf Jahre früher als vorgesehen keine Kohle mehr gefördert wird. Ab 2030 wird nur noch der Tagebau Garzweiler die verbleibenden RWE-Kraftwerke versorgen. Das ist im Kohleausstiegsgesetz festgelegt, um die Energieversorgung in den Grenzen der Leitentscheidung von 2016 zu garantieren.
Ein wichtiger Abend auch für die Arbeitnehmer in den Kraftwerken und Tagebauen. Hier fiel die Entscheidung, dass ein Anpassungsgeld (APG) für Beschäftigte in den Kraftwerken und Tagebauen eingeführt wird. RWE rechnet mit einem kurzfristigen Stellenabbau von 3000 Arbeitsplätzen, bis 2030 werden es 6000 Stellen sein, die abgebaut werden. Sollte der Arbeitsplatz aber verloren gehen, kann mittels APG die Zeit bis zum Renteneintritt überbrückt werden; es wird bis 2043 gezahlt werden.


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