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Er ist dann mal weg…

Die Reise des Jungherzogs Karl Friedrich von Jülich-Kleve-Berg nach Rom 1574/1575

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Jungherzog Karl Friedrich Foto: Veranstalter
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Gemeinhin sagt man ja, dass Reisen bildet – und das war auch in vergangenen Zeiten schon so. 1571 brach der Erbprinz des Hauses Jülich-Kleve-Berg mit 16 Jahren zu einer umfangreichen Kavalierstour auf, die ihn für mehr als zwei Jahre an den Kaiserhof in Wien und schließlich nach Rom führte. Die Leitung der Reise lag in den Händen des Prinzenerziehers Stephanus Winandus Pighius, ein äußerst gelehrter Mann, der einige Zeit in Rom gelebt hatte und als einer der Begründer der modernen Epigraphik – der Inschriftenkunde – gilt. Pighius war Geistlicher und hatte unter anderem als Sekretär des mächtigen Kardinals Granvelle, ein enger Vertrauter der kaiserlichen Familie – gearbeitet. Er war keine unumstrittene Persönlichkeit. Als er 1571 an den jülich-klevischen Hof berufen wurde, passte das Konrad Heresbach, Erzieher und langjähriger Rat Herzog Wilhelms V. gar nicht. Heresbach sah in Pighius einen Vertreter der Gegenreformation, was so gar nicht zum auf Ausgleich bedachten Wesen des Herzogs zu passen schien. Heresbach veröffentlichte als Reaktion auf die Berufung von Pighius sein Werk über die Erziehung der Fürstenkinder. In diesem breitet er ein umfassendes Lehrprogramm aus, das den zukünftigen Herrscher zu einem christlichen, gerechten und friedensliebenden Fürsten machen sollte. Kavalierstouren hielt er für überflüssig. Bei der Erziehung Wilhelms V. hatte Heresbach ausdrücklich auf eine solche Reise verzichtet, da ihm diese als viel zu gefährlich für Leib und Leben des zukünftigen Herrschers erschien. Der Nachteil dieser Haltung war, dass Herzog Wilhelm V. bei seinem frühen Regierungsantritt 1539 eine gewisse Weltläufigkeit fehlte. Vielleicht war es diese eigene Erfahrung, die den Herzog seinen Sohn wiederum in die weite Welt ziehen ließ.

Jungherzog Karl Friedrich Foto: Veranstalter

Die sorgfältig vorbereitete Reise Karl Friedrichs mit einem eigenen kleinen Hofstaat unter der Führung von Hofmarschall Werner von Gymnich reiste zunächst nach Wien an den Hof Kaiser Maximilians II., des Onkels des jülich-klevischen Erbprinzen. Fast drei Jahre hielt man sich hier auf und erlebte zahlreiche Feste und Feiern. Im Jahr 1574 erreichte Karl Friedrich eine Einladung nach Rom. Papst Gregor XIII. wollte ihn an seiner Seite wissen, wenn er am Heiligen Abend 1574 feierlich das Heilige Jahr eröffnen würde. Karl Friedrich nahm die Einladung an.
Über die Reise nach Rom mit einem Abstecher nach Neapel sind wir sehr gut informiert, da Pighius 1581 ein mehr als 500-seitiges Buch herausgab, das den Charakter einer Rechtfertigungsschrift hatte, war die Reise doch mehr als unglücklich ausgegangen. Aber der Reihe nach: Über Innsbruck und den Brennerpass war die Reisegruppe im Herbst 1574 nach Oberitalien gekommen. Rechtzeitig vor Weihnachten erreichte man Rom. Mit allen Ehren wurde Karl Friedrich vom Papst empfangen, an dessen Seite er am Heiligen Abend 1574 die Heilige Pforte in St. Peter öffnete. Diese Ehrbezeugung hatte vor allem ihren Zweck darin, den zukünftigen Herrscher über die bedeutenden Territorien Jülich-Kleve-Berg als papsttreuen Katholiken zu inszenieren. Die niederrheinischen Herzogtümer sollten auf keinen Fall der Reformation zufallen.
Nach den Feierlichkeiten in Rom zog Pighius mit seinem Zögling für einige Zeit nach Neapel. Hier muss es dann passiert sein: Der Jungherzog infizierte sich mit den Blattern (Pocken). Nach Rom zurückgekehrt, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand zusehends. Die besten Ärzte des Papstes konnten nichts ausrichten – Anfang Februar 1575 verstarb Karl Friedrich in Rom mit knapp 20 Jahren. Eine menschliche Tragödie und eine Katastrophe für das Haus Jülich-Kleve-Berg. Mit großem Gepränge wurde der Jungherzog in der Nationalkirche der Deutschen in Rom beigesetzt, wo man das einige Jahre später errichtete prachtvolle Grabdenkmal noch heute bewundern kann. Das jülich-klevische Herrscherhaus verabschiedete sich damit letztlich aus der Geschichte, da der jüngere Bruder Karl Friedrichs, Johann Wilhelm, 1609 ohne männlichen Nachkommen starb – und, etwas salopp gesagt: Tschööö!

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