Wieso eigentlich ist Volker Weininger derart beliebt, dass seine Veranstaltungen regelmäßig ausverkauft sind? Er stolpert dauerbetrunken über die Bühne, zieht quasi jede Bevölkerungsgruppe durch den Kakao und bedenkt selbst seine Freunde mit wenig schmeichelhaften Attributen. Kostprobe gefällig? „Der Herrmann ist ein intellektueller Versuchsballon.“ Auch Kumpel Kurt aus der Abschlussklasse bekommt sein Fett weg: „Der Kurt ist so hässlich, der hat an Sankt Martin die Süßigkeiten immer durch die Katzenklappe bekommen.“
Nett ist das alles nicht, aber häufig so urkomisch und vor allem charmant, immer irgendwie mit einem Augenzwinkern und treffenden sprachlichen Bildern veranschaulicht, dass die Begeisterung schnell durch alle Reihen schwappt. Das ist wohl ein Teil des Erfolgsgeheimnis hinter Volker Weiningers Kunstfigur „Der Sitzungspräsident“ als der er seit über 15 Jahren über die Bühnen nicht nur im Rheinland und nicht nur zu Karneval zieht.
Von der Narrenkappe mit zum knallroten Jacket stilsicher gekleidet, den rund 30 Grad Außentemperatur zum Trotze, nahm Weininger am Freitagabend an seiner Theke Platz und ließ sein Publikum an bierseligen Philosophien, Alltagsweisheiten und Erlebnissen teilhaben.
Spontan telefonisch verabredet, hatte das Kuba-Team den Auftritt des Präsidenten nach draußen verlagert und siehe da: Narrenkappe, Kölsch und sommerliche Temperaturen vertrugen sich bestens. Die Stimmung war prächtig, so mancher hielt sich vor Lachen kaum auf dem Stuhl. Selbst die regelmäßig und geräuschvoll einrollende Rurtalbahn konnte das Erlebnis nicht trüben. Das lag allerdings vor allem am Sitzungspräsidenten selbst, der die ungewohnte Geräuschkulisse kurzerhand ins Programm integrierte. Als dann auch noch ein Bagger vorbeirollte, entgleisten so einige Gesichtszüge. Kommentar Volker Weininger: „Den haben wir nicht zum letzten Mal gesehen.“ Alles lachte. Er sollte übrigens Recht behalten.
Weiter im Programm suchte der Präsident sein Abschlusszeugnis in der Kiste mit Erinnerungsstücken und sogar auf dem Dachboden. Das gute Stück wurde schließlich für die selbstredend hochverdiente Beförderung benötigt. Wie blöd, dass Souvenirs aus der ereignisreichen Geschichte des Präsidenten immer wieder störten. Nostalgisch verklärt gab Weininger Geschichten vom Topfschlagen mit bereits verblichenen Kanarienvögeln, weniger angenehme Erinnerungen an Bundesjungendspiele und Handarbeitsunterricht in der Schule und natürlich vom Kegelabend mit Herrmann zum Besten. Mitten in der romantischsten Szene des ganzen Programms – einer Liebeserklärung an die Gattin, deren Namen, nun ja, man nach dreißig Jahren schonmal kurzzeitig vergessen kann – rollte bereits erwähnter Bagger zurück zur Baustelle.
Von dort ertönten dann zur Pause auch noch die nicht zu überhörenden Geräusche einer Motorsäge, Weininger verlängerte kurzerhand um zehn Minuten. Assistent Jörg – „ein sehr guter Jörg!“, O-Ton des Präsidenten – sorgte dafür, dass die Arbeiter ihrerseits ein wenig Pause machten, so dass Publikum und Präsident gemeinsam die Suche nach dem Zeugnis fortsetzen konnten und auch noch erfuhren, wie die blinkende Baustellenampel auf den Dachboden gekommen war. Der Filmriss vom feucht-fröhlichen „außer der Reihe-Frühschoppen“ lichtete sich so langsam. Mit derartigen Konsequenzen seiner „vollendeten Ästhetik am Glas“ kann der trinkfeste Prsident der „raderdollen Spritköpp“ selbstredend ohne weiteres leben.
Volker Weininger war bereits zum zweiten Mal mit seinem Solo-Programm „Filmriss“ zu Gast im Kuba, auch der eine oder andere Zuschauer war Wiederholungstäter und das sehr gerne, wie standing ovations und laute Zugabe-Rufe bewiesen. Da macht es auch nichts, dass aus der ach so verdienten Beförderung zum Assistenten der Assistentin oder so ähnlich am Ende doch nichts geworden ist.
Auch Weiningers Mienenspiel ist bemerkenswert. Fotos: Rolf Sylvester