
Vor fünf Monaten musste das Krankenhaus in Bedburg seine Türen schließen. Seither spüren die Menschen in Bedburg und in der gesamten Region die Folgen ganz unmittelbar: Die Versorgungsengpässe, die schon durch die Aufgabe von immer mehr Arztpraxen im ambulanten Sektor problematisch waren, wurden durch die Klinikschließung massiv weiter verschärft. Patientinnen und Patienten beklagen zunehmend lange Wartezeiten, überlastete Notfallambulanzen und fehlende stationäre Versorgungsangebote. Die Stadt Bedburg, die Bedburger allgemeinmedizinische Praxis Dr. Wasserberg und das Krankenhaus Jülich steuern jetzt gegen. Sie starten eine Kooperation im Medizinischen Versorgungsverbund Erft-Rur (MVER).
Mit einer noch engeren Verzahnung des ambulanten mit dem stationären Sektor wollen sie eine effiziente Überleitung der Patientinnen und Patienten zwischen den verschiedenen Gesundheitseinrichtungen ermöglichen. Oder einfacher ausgedrückt: Wer medizinische Hilfe braucht, soll sie schnell, nah, unkompliziert und zuverlässig erhalten. „Mit Blick auf die medizinische Versorgung unserer Stadt stehen wir bereits seit der Schließung unseres Krankenhauses im Januar vor großen Herausforderungen“, sagt der Bedburger Bürgermeister Sascha Solbach und stellt fest: „Es ist fast zynisch, wie die Verantwortlichen in Land und Bund das Wegfallen der Versorgungsstruktur kommentieren – man lässt uns allein und suggeriert, dass es keine Probleme gibt. Vor Ort zeichnet sich leider ein komplett anderes Bild.“ Darum werde man selbst aktiv und suche nach neuen Lösungsszenarien.
„Ich bin sehr dankbar für die Initiative von Herrn Dr. Wasserberg und die Unterstützung dieses neuen Weges durch die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein“, betont der Bürgermeister. „Durch den Mut und das Engagement von Dr. Wasserberg und mit der neuartigen Kooperation mit dem Krankenhaus Jülich beginnen wir ein erstes Gegensteuern. An dieser Stelle auch ein großes Dankeschön an das Krankenhaus Jülich und meinen Kollegen Axel Fuchs, der die Kooperation ermöglicht. Den Menschen in unserer Stadt wird so ein Stück Versorgungssicherheit zurückgegeben. Vielleicht gelingen uns auch weitere Kooperationen mit umliegenden Krankenhäusern, damit unsere Bürgerinnen und Bürger ein Stück weit Versorgungssicherheit zurückerlangen – aus Eigeninitiative – auch gegen die Aussagen aus Land und Bund.“
Hilfsangebot Koordinationsarzt
Das Konzept sieht eine Kooperation mit der Praxis von Dr. med. Jens Wasserberg in Bedburg vor. Gemeinsam wird ein Hilfsangebot geschaffen, mit dem Patienten, die eine stationäre Behandlung benötigen, diese zeitnah ermöglicht werden soll. Dazu wurde ein erfahrener Koordinationsarzt gewonnen, der zwischen stationärem und ambulantem Sektor vermitteln soll und die vorhandenen Kapazitäten im Blick hat. „Künftig können sich die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte aus dem Einzugsgebiet des Krankenhauses Bedburg bei eben diesem Koordinationsarzt in unserer Praxis melden, sollten sie zeitnah keine stationären Versorgungsplätze für ihre Patienten erhalten“, erklärt Dr. Wasserberg. Ziel sei es, dass künftig alle Patienten die Versorgung erhalten, die medizinisch erforderlich ist, und dass lange, teilweise unzumutbare Übergabezeiten reduziert werden können.
„Der Erhalt unseres Krankenhauses war goldrichtig“
In Jülich fühlt man sich unterdessen in der Entscheidung, das dortige Krankenhaus in städtischer Trägerschaft weiterzuführen, eindrucksvoll bestätigt. „Wenn wir sehen, welche Versorgungsprobleme es jetzt in der Region zu lösen gilt, sind wir sehr froh, dass wir in Jülich einen wichtigen Beitrag dazu leisten können“, sagt Bürgermeister Axel Fuchs. „Der Erhalt unseres Krankenhauses war goldrichtig und für die Region von herausragender Bedeutung.“ Stefan Kück, der Geschäftsführer des Krankenhauses Jülich, hat die Gründung des Medizinischen Versorgungsverbunds Erft-Rur von den ersten Überlegungen an unterstützt und mit vorangetrieben. „Für die Menschen im Rhein-Erft-Kreis ist eine Situation entstanden, die mit dem gesetzlich geregelten Versorgungsauftrag nicht mehr vereinbar ist“, sagt Kück. „Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass wir als direkter Nachbar helfen und die notwendigen Entscheidungen nicht auf die lange Bank schieben.“