Das Wetter ist nicht gerade einladend. Dennoch stehen etwa die Hälfte der 22 Mitglieder des Vereins Bow-Li e.V. in Welz auf dem Sportplatz und scheinen sich an dem leichten Nieselregen nicht zu stören. Die Stimmung ist gesellig und entspannt, die Bögen einiger Schützen sind dagegen bereits gespannt und Pfeile schnellen in Richtung der beiden Zielscheiben und auf die sogenannte „Fun-Auflage“. Diese ist an einem Holzkonstrukt befestigt und bunte Motive sind darauf zu sehen, die etwas Abwechslung bringen. Auch ein Ball liegt als Ziel am Boden bereit.
„Beim Bogenschießen geht es in erster Linie ums Loslassen“, erklärt Vorstandsmitglied Svenja Savelsberg. „Das Bogenschießen ist eine ganz schöne Möglichkeit, seine Gedanken fliegen zu lassen und im Hier und Jetzt zu sein“, beschreibt sie einen der angenehmen Effekte, der stark an Achtsamkeitsmethoden erinnert – nur nicht auf der Matte in der Stille, sondern in sportlichem Ambiente.
„Bogenschießen ist sehr gut für die Körperhaltung und für den Rücken“, ergänzt Gründungsmitglied und erster Vorsitzender, Jan Eggers, der gleichzeitig Trainer des Vereins im traditionellen Bogenschießen ist.
Traditionelles Bogenschießen – so wie es schon Robin Hood im Sherwood Forest betrieben haben mag – funktioniert ohne spezielle Aufbauten am Bogen, erklärt Savelsberg. Sie selber habe noch nie mit solcher Technik geschossen. „Das würde mich auch nicht reizen“, erklärt sie.
Sicherheit steht auf dem Platz an oberster Stelle: Wenn ein Schütze vor dem Schießstand stehe, dürfe der Pfeil erst im Bogen gespannt werden, wenn alle anderen vorher das Feld verlassen haben. Ansonsten laute das oberste Prinzip aber: „Spaß haben“, so Savelsberg, die wie ihr Kollege Jan Eggers mit ihrer Familie gekommen ist, die ebenfalls das Hobby teilt.
Für zusätzlichen Spaß gibt es auch einen Parcours, der in dem angrenzenden kleinen Waldstück versteckt liegt. Doch der steht heute nicht auf dem Plan. Je nach Anlass sind hier zwei- oder dreidimensionale Tierattrappen aus Kunststoff aufgebaut, die aus verschiedenen Winkeln und Abständen anvisiert werden können. Im Moment sind das eine Gans, ein Fuchs und ein Dachs.
Besonders schön sei das beim Nikolaus-Schießen. Hier seien die Tiere im Dunkeln beleuchtet. Dazu gebe es Kakao und später – nach dem Schießen – auch Glühwein, beschreibt Eggers die familiäre Vereinsgemeinschaft. „Im Winter, bei Schnee, ist es besonders schön“, findet er. Bilder aus dem Film „Drei Nüsse für Aschenbrödel“ mit den königlichen Bogenschützen in perfekter Schneelandschaft mögen einem spontan in den Sinn kommen.
Das Stück Sportplatz, auf dem die Vereinsmitglieder trainieren, haben sie vom Pächter desselben zugewiesen bekommen. Eigentlich seien sie an einem größeren Areal interessiert, erklärt Eggers. Die Stadt Linnich unterstütze zwar, „aber die Mühlen mahlen eben langsam“, so der Vorsitzende. Viel näher liegt gerade für ihn der Wunsch, weitere Mitstreiter zu finden, um das gemeinsame Hobby zu teilen. Darüber hinaus kann man Bow-Li für Events wie Kindergeburtstage oder Firmenveranstaltungen buchen. Kontakt findet man auf der Webseite www.Bow-Li.de
Eggers kann auch im Urlaub von seiner Passion nicht lassen:„ Am Urlaubsort muss mindestens ein schöner Parcours sein und dann wird da mindestens einmal reingegangen. Ansonsten ist das Urlaubsziel abgelehnt, erzählt Jans Frau Astrid Besmehn.“
Für Simone stand Bogenschießen einfach auf ihrer sogenannten „Bucket-List“. „Das wollte ich schon vor fünf Jahren probieren, aber das war mit Impinchement-Syndrom nicht machbar“, umreißt sie kurz ein gesundheitliches Problem. „So und jetzt ist der Versuch da. Es scheint zu klappen und jetzt bauen wir wieder Rückenmuskulatur auf“, ist sie optimistisch ob der heilsamen Wirkung des Bogenschießens.
Für Vadim ist das Bogenschießen bereits mit der Kindheit verknüpft. Er habe Indianer gespielt und selber Bögen und Pfeile gebraucht. „Als ich erfahren habe, dass es hier einen Bogenschießverein gibt, habe ich mich natürlich sofort gemeldet und ausprobiert“, erklärt er.
Klar ist: Es braucht schon etwas Routine und Praxis, um das Ziel zu treffen. Wenn es schon ganz am Anfang klappt, könnte das auch am Anfängerglück liegen. Jedenfalls muss man einiges beachten: Zum Beispiel beim Spannen des Bogens im Gesicht einen Anker zu finden, den man berührt. Das könne der Mundwinkel sein, erklärt Savelsberg die Technik. Hat man aber einmal den Bogen raus, dann heißt es nur noch: Loslassen und entspannen.