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Viel Lust auf Politik

Was haben die Parteien zu Plänen für die Zukunft gesagt? Wie haben sich die Bürgermeister-Kandidaten als "CEO" der 450-mitarbeiterstarken Unternehmens "Stadt" beworben? Wer nicht beim PolitTALK live dabei sein konnte, kann den Stream sehen.

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„Die Wahl ist der Feiertag der Demokratie“, so begrüßte Thomas Beys die Gäste im KuBa-Biergarten zum 2. PolitTALK des HERZOG-Magazins, wo er als Co-Moderator der Chefredakteurin Dorothée Schenk zur Seite stand. Und in Feierlaune waren die Jülicherinnen und Jülicher offenkundig und hatten – wie auf der Einladung gewünscht – „Lust auf Politik“ mitgebracht. Vor ausverkauftem „Haus“ konnten die Delegierten der Parteien und Bürgermeisterkandidaten ihre politischen Positionen vertreten und auf Fragen antworten.

Wer die Wahl hat, hat die Qual, weiß das Sprichwort. Orientierungs- und Entscheidungshilfe in Sachen Kommunalwahl bot der PolitTALK. Auf Einladung des HERZOGs vertraten Katja Böcking (SPD), Marco Johnen (CDU), Christian Klems (UWG JÜL), Frank Bourguignon (FDP) und – in Vertretung der plötzlich erkrankten Parteisprecherin Christine Klein – Florian Berberich (Bündnis 90/Die Grünen) ihre Parteien. Gestartet wurde zunächst mit einem jeweils 90-sekündigen „Werbeblock“, der jedem Beteiligten die Möglichkeit gab, mit einem Statement die eigenen Besonderheiten herauszustellen. Eine durchaus wichtige Gelegenheit, sich von den demokratischen Konkurrenten zu unterscheiden, denn „es gibt sehr viel Einigkeit“ in der Jülicher Kommunalpolitik, stellte Dorothée Schenk eingangs fest.

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Im Verlauf fühlte das Moderatoren-Team den Podiumsgästen auf den Zahn. Etwa, ob die UWG JÜL, nachdem sie über 20 Jahre die zweitstärkste Fraktion im Rat war, jetzt im Angriffsmodus auf Platz 2 sei, wie viel Sitze sich die kleinste Fraktion – FDP – denn im kommenden Wahlgang erhofft, und ob es stimmt, dass die Grünen aus Protesthaltung wie der Marktplatzeröffnung auch der Europäischen Mobilitätswoche, einem originär „grünen Thema“, fernbleiben wollen. Die SPD musste Stellung beziehen zum Thema Strukturwandel und die CDU dazu, warum sie Marco Johnen, der künftig nicht mehr im Stadtrat, sondern im Kreistag einziehen will, aufs Podium entsandt hat. Kollegial, respektvoll und auch launig war der Umgang auf der Bühne, ohne es bei den Themen an Ernsthaftigkeit mangeln zu lassen.

Eine Delegation des Stammhauses konnte beim PolitTALK auch ihre Frage zur Inklusion stellen. Foto: Arne Schenk

Mit Zustimmung quittierte das Publikum das Konzept des HERZOG-PolitTALKs, das sich zur Aufgabe gemacht hat, auch die Jugend – schließlich darf bei der Kommunalwahl schon mit 16 Jahren gewählt werden – zu hören und auch das Stammhaus zu inklusiven Themen das Wort zu erteilen. Einigkeit über die Wichtigkeit des Themas „Inklusion“ und „Barrierefreiheit“ war auch hier vorherrschend. Katja Böcking stellte heraus, dass die SPD beispielsweise bereits für barrierefreie Toiletten in der Nordhalle gesorgt habe. Marco Johnen und Florian Berberich befanden einhellig, hier sei „noch Luft nach oben“, was auch die Kandidaten von JÜL und FDP unterstützten. Gemeinsam signalisierten sie Gesprächsbereitschaft, forderten dazu auf, sich mit Anregungen, Wünschen und Ideen an die Politik zu wenden.

Gleiches galt für Fragen aus der Gruppe Jugendlicher, die mit Sozialarbeiter Sascha Römer den PolitTALK besuchten und die Chance wahrnahmen, ihre Anliegen kundzutun. So wollten sie etwa wissen, was die Politik unternimmt, um Arbeitsplätze und Mini-Jobs für junge Menschen zu fördern. Hier gab es von der FDP den Verweis auf das geplante Schwanenquartier, das sicherlich Jobs mit sich bringe. Die SPD wolle ohnehin für mehr mittelständige und kleine Unternehmen sorgen, dort gäbe es dann bestimmt auch Arbeitsplätze. Verständnis äußerten die politischen Vertreter unisono für das Bedürfnis der Jugendlichen nach Party, Discos und Konzerten. Gleichzeitig forderten sie die jungen Leute aber dazu auf, selbst aktiv zu werden und Eigeninitiative zu zeigen. Das könne durchaus auch bedeuten, sich an das Jugendparlament zu wenden. Dessen neugewählte Vorsitzende Safiyya Nejjar bekam übrigens ebenfalls Redezeit im Rahmen des Polittalks, stellte sich und das Gremium vor, das sich aus Delegierten der weiterführenden Schulen zusammensetzt. Für die junge Frau ist das JuPaJü die wichtige Möglichkeit, den „Perspektiven von Jugendlichen Gehör zu verschaffen“.

Foto: Arne Schenk

Zweiter „Einspieler“ des politischen Nachmittags war ein Gespräch mit Doina Rück, bis zur Neuwahl Vorsitzende des Jülicher Integrationsrates, die auf die Bedeutung des Rates für die mindestens 7000 Menschen mit internationaler Biografie in Jülich hinwies. Wichtige Information des Tages: Nicht alle, die wahlberechtigt sind, erhalten eine Wahlbenachrichtigung, weil es von Amts wegen unmöglich ist, festzustellen, wenn in der zweiten Generation deutscher Staatsangehörigkeit eine Zuwanderungsgeschichte der Hintergrund ist. Im Zweifelsfall also im Wahlamt nachfragen. Auch jetzt noch können Wahlberechtigungen ausgestellt werden. Das wichtige Schlusswort: „Geht wählen!“ wurde mit großem Applaus quittiert.

Aus dem Publikum kam die spontane Frage, die „ihr auf den Nägeln brenne“, so Eva Behrens-Hommel, wie die Jülicher Politik künftig mit der AfD umgehen wolle. Geschlossenheit auch hier: Eine Zusammenarbeit mit der AfD sei ausgeschlossen, versprach Berberich. Man sei sich bisher „sachlich und auf Augenhöhe“ begegnet, so Böcking, und wolle das innerhalb der demokratischen Fraktionen fortsetzen. Als Demokraten würden alle „auch künftig zusammenstehen“, betonte Bourguignon, flankiert von Klems, der die Zusammenarbeit ebenso ausschloss wie Johnen. Unterstützung gab es hier von der Moderatorin, die erläuterte, dass der HERZOG der AfD keine Bühne bieten werde. Dorothée Schenk rief in Erinnerung, dass alle Stadt- und Kreisverordneten auf die Verfassung und das Grundgesetz vereidigt würden, den Garant der freiheitlichen Rechte aller Menschen in Deutschland, deren Unumstößlichkeit von der AfD in Frage gestellt würden. Eingeladen worden war allerdings die Bürgermeisterkandidatin, denn sie, so erläuterte Schenk, wolle künftig nicht nur Chefin von 450 Verwaltungsangestellten sein, sondern auch die über 35.000 Jülicherinnen und Jülicher überparteilich vertreten. Sie hatte allerdings im Vorfeld bereits abgesagt.

In einer zweiten Runde trafen die Bürgermeisterkandidaten auf der Bühne aufeinander – einer weniger als erwartet. Kurzfristig aus persönlichen Gründen abgesagt hatte der parteilose Kandidat Udo Fust.

Die anwesenden Bürgermeisterkandidaten. Foto: Volker Goebels

Amtsinhaber Axel Fuchs, der für eine dritte Amtszeit antritt, traf hier auf den parteilosen Kandidaten Alexander Marso und den CDU-Politiker Frank Radermacher. Ihre erste Aufgabe war es, verbal eine Bewerbung als „CEO“ des 450 Mitarbeiter starken „Unternehmens“ Stadt Jülich abzugeben. Während Fuchs und Radermacher von der Möglichkeit, die jeweilige Qualifikation zu präsentieren, souverän und sachlich Gebrauch machten, erstaunte der parteilose Mitbewerber Publikum und Moderatoren mit Aussagen wie das Substantielle, das er zu bieten habe, sei er selbst.

„Für Menschen da zu sein, macht Führung aus“, zeigte sich Frank Radermacher überzeugt. Als „Diplomat in Uniform“ habe er Krisenmanagement gelernt, berichtete der 52-jährige Berufssoldat. Auch Personalführung und finanzielle Verantwortung gehörten zu seinem bisherigen Verantwortungsbereich, weshalb er sich gut gerüstet für das Bürgermeisteramt sehe. Axel Fuchs verwies auf seine zehnjährige Berufs-Erfahrung und zeigte sich überzeugt, dass Kontinuität im Amt ein wichtiges Pfund sei. Er kenne „Kunden, Produkte und Gesellschafter“ des Unternehmens Stadt und wolle die bisherige gute Arbeit fortsetzen. Alexander Marso präsentierte sich als „Ü-Ei und frischen Wind“ unter den Bewerbern und sorgte für Gelächter mit dem Vorschlag, die Muschel zu sprengen, um Reinigungs- und sonstige Kosten einzusparen.

Das Einsparpotential sei mit den sogenannten freiwilligen Leistungen, die einen Anteil von gerade einmal vier Prozent am Gesamthaushalt ausmachten, eher gering, waren sich Fuchs und Radermacher einig. Der Bürgermeister verwies an dieser Stelle darauf, dass auf viele dieser Leistungen nicht verzichtet werden könne, weil es „das ist, was unsere Stadt ausmacht“. Dazu gehörten beispielsweise Ausgaben für die Stadtbücherei, für Museen und die Bäderbetriebe. Diametral entgegengesetzte Positionen vertraten Radermacher und Fuchs in Bezug auf die Geschäftsführung des Brückenkopf-Parks, derzeit von Axel Fuchs ehrenamtlich ausgeübt. Frank Radermacher erklärte seine Absicht, die Stelle zu „professionalisieren“, weil sich ein hauptamtlicher Geschäftsführer „besser kümmern könne“. Widerspruch kam von Fuchs auf gleich mehreren Ebenen. Zum einen arbeite das Team hochprofessionell, zum anderen warf er die Frage auf, wo die zusätzlichen Mittel für das Gehalt herkommen sollten.
Aufgelockert durch mehrere spielerische Elemente, die Parteivertretern und Bürgermeisterkandidaten die Chance einräumten, ihr Wissen über Jülich und die Jülicher unter Beweis zu stellen, bot der Polittalk dem Publikum einen informativen und streckenweise amüsanten Überblick über die demokratische Parteienlandschaft in der Herzogstadt. Am Ende stand für den einen und die andere die Erkenntnis: „Jetzt weiß ich auf jeden Fall, wen und welche Partei ich wählen werde.“

Fotos: Volker Goebels und Arne Schenk

Link zum Stream und zur Galerie für alle App-Nutzer.


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