Das Gymnasium Zitadelle veranstaltete einen besonderen Abend: einen Poetry Slam, bei dem Schüler – und sogar ein Lehrer – eigene Texte präsentierten. Die Veranstaltung fand im neuen, etwas versteckt gelegenen Theatersaal im ersten Stock der Schule statt. Neben der Moderation von Smilla und Eljia, beide aus der EF, und den literarischen Beiträgen sorgten zwei musikalische Darbietungen für zusätzliche Stimmung.
Der Abend war geprägt von Mut, Sprachkunst und musikalischen Zwischentönen. Fehler waren erlaubt und kein Grund zur Scham – wenn jemand ins Stocken geriet, wurde einfach weitergemacht. Ein gelungener Abend, der unbedingt Wiederholungsbedarf hat. Denn es ist nie falsch, die kreative Denkweise der Jugend zu fördern. Trotz Aufregung präsentierten alle Beteiligten ihre Werke mit bemerkenswerter Ernsthaftigkeit.
Organisiert wurde der Abend von den beiden Referendarinnen Anja Geilenkirchen und Alicia Himmighofen, die das Projekt mit viel Herzblut auf die Beine stellten.
Als Deutschlehrerinnen lag es den beiden besonders am Herzen, den Poetry Slam an der Schule wiederzubeleben.
„Eigentlich kann man sagen, dass wir eine Art AG gegründet haben“, erklärte Anja Geilenkirchen. „Alicia und ich haben verschiedene Termine angeboten, bei denen die Schüler vorbeikommen und ihre Texte vortragen konnten. Wir haben die meisten Texte so gelassen, wie sie waren – denn wir fanden: Das ist ihre eigene Sprache und ihr Ausdruck.“ „Wir hatten drei bis vier Treffen mit den Schülern vor dem Auftritt“, ergänzt Alicia Himmighofen.
Das Motto des Abends lautete: „Zusammen sein und zuhören.“ Eine Jury, bestehend aus zwei Lehrerinnen, begleitete die Veranstaltung und gab zu jedem Beitrag Rückmeldung – jedoch bewusst ohne Wettbewerbsgedanken oder Ranking.
„Das war tatsächlich ein großer Diskussionspunkt“, sagte Geilenkirchen. „Wettbewerb oder nicht? Letztlich haben wir uns als Gruppe dafür entschieden, dass es keine Platzierungen gibt – nur wertschätzende Kommentare.“
Eröffnet wurde der Abend von Mia aus der 6c, die ein Lied sang – begleitet von der Musiklehrerin Irina Lennartz am Keyboard, die später selbst noch ein Stück vortrug. Danach wechselte die Bühne von Gesang zu gesprochenem Rhythmus: Die Schüler präsentierten ganz unterschiedliche Texte – etwa Meike aus der 9a, die sich in ihrem Beitrag selbst interviewte und über Selbstfindung und Lebensfragen reflektierte. Johanna aus der 10a stellte einen Text vor, der davon handelte, wie schwierig es manchmal ist, überhaupt etwas zu schreiben.
Zwischendurch kommentierte die Jury die Beiträge. Eine der Lehrerinnen meinte: „Es ist gar nicht so einfach, Euch zu bewerten – obwohl ich als Lehrerin ja nichts anderes mache.“ Und fügte hinzu: „Kleine große Poeten.“
Poyraz aus der 10c nutzte seinen Auftritt, um über aktuelle politische Themen zu reflektieren. Evgenia aus der EF thematisierte in ihrem Beitrag den gesellschaftlichen Druck auf Jugendliche, der oft auch im Erwachsenenalter nachwirkt. Nach einer kurzen Pause ging es musikalisch weiter mit einer Coverversion des ESC-Songs „Baller“ (2025) von Abor & Tynna, gespielt von der Musiklehrerin Irina Lennartz.
Im Anschluss trug Joleen aus der EF ein rhythmisches Gedicht vor. Beyza aus der EF machte deutlich, dass es morgen schon zu spät sein könnte, um etwas zu verändern. Auch Lehrer Mario Maintz beteiligte sich mit einem Text über das ‚Unterwegssein‘. Den Abschluss bildete eine freie Interpretation des berühmten Gedichts aus dem Film „Club der toten Dichter“, vorgetragen von Moderatorin Smilla.
„Die Schüler waren unglaublich selbstständig, und wir haben schon Wert darauf gelegt, dass sie ihre eigenen Gedanken auch so ausdrücken, wie sie möchten“, sagte Anja Geilenkirchen. „Es lief total auf Augenhöhe mit den Schülern ab. Im Unterricht gibt es ja immer eine gewisse Hierarchie – deshalb war es so schön, in einem Rahmen wie diesem auf einer Ebene mit ihnen zu sein“, ergänzte sie.
Auch Alicia Himmighofen zeigte sich sehr zufrieden: „Ich finde, es ist super gelaufen. Die Texte waren großartig, die Moderation war top.“
Zur Bedeutung des Poetry Slams für die Schüler sagte sie: „Ich glaube, das war gerade hier eine Möglichkeit, ihre Identität auszudrücken oder das, was sie selbst beschäftigt, zu hinterfragen. Es ist teilweise auch einfacher, das durch Lyrik oder poetische Sprache auszudrücken. Ich glaube, das war für viele eine Art Selbstexposition.“
Auch die Beweggründe der teilnehmenden Schüler zeigen, wie viel ihnen dieser Abend bedeutete. So sagte ein Schüler: „Ich wollte mich von meinen Gedanken befreien und damit ein Zeichen setzen.“ Ein anderer ergänzte: „Ich wollte es einfach mal ausprobieren, weil ich auch viel Kreatives mache – ich male zum Beispiel.“
Insgesamt wurde deutlich: Der Poetry Slam war für viele Schüler nicht nur eine Bühne für Worte, sondern auch ein Raum für Selbstausdruck und Mut. Ein Abend, der hoffentlich nicht der letzte seiner Art war. Denn vielleicht ist die junge Generation gar nicht so verloren, wie viele oft denken. Wenn sich junge Menschen in diesem Alter bereits so tiefgründige Gedanken machen, ist die Zukunft auf jeden Fall noch lange nicht verloren.