Michael Lingnau, Vorsitzender des Fußballkreises Düren im FVM, hält beide neuen Regelungen des DFB grundsätzlich für gut und richtig. Seiner Erfahrung nach spielten sich Gewalt, Diskriminierung und rassistische Äußerungen im Amateurfußball allerdings eher am Spielfeldrand ab, und hier könnten die neuen Regeln nicht viel ausrichten.
Seiner Ansicht nach spielt das „Stopp-Konzept“, gedacht zur Deeskalierung, in den unteren Ligen eher keine Rolle. Will ein Schiedsrichter das Konzept umsetzen, pfeift er, hebt die überkreuzten Arme und verweist beide Mannschaften in die jeweiligen Strafräume. Die Regel greift, wenn der Unparteiische der Meinung ist, ein turbulentes Spiel bräuchte eine Beruhigungspause. Gemeinsam mit Trainern, Betreuern und Kapitän werden die Situation geklärt und das Spiel wieder angepfiffen.
In die gleiche Richtung geht die „Kapitänsregel“, die Fußballfans bereits aus der Bundesliga kennen. Ist ein Spieler oder das ganze Team mit einer Schiedsrichterentscheidung nicht einverstanden, darf nur noch der Kapitän Rücksprache halten. Das soll verhindern, dass sich ganze „Rudel“ um den Menschen mit der Pfeife bilden und ihn oder sie womöglich attackieren, ob nun verbal oder körperlich.
Grundsätzlich begrüßt auch Volker Gerckens, Geschäftsführer des SV Jülich 1912 e.V., die Neuerungen. Zur Anwendung der Stopp-Regel sei es bei Spielen seines Vereins noch nicht gekommen. Genau wie die Kapitänsregel hält Gerckens das neue Konzept aber für ein geeignetes Mittel, um Spiele zu beruhigen, Diskussionen und Verwarnungen vorzubeugen. Diskriminierung vor allem gegenüber Fußballern mit Migrationshintergrund habe sein Verein, wenn auch nur in Einzelfällen, aber dennoch leider auch bereits erlebt.
Von der Salingia aus Barmen heißt es ebenfalls, dass die Stopp-Regelung prinzipiell für gut gehalten wird. Allerdings verweisen die Verantwortlichen darauf, man müsse das Konzept auch „korrekt umsetzen“ und nicht, wie bereits erlebt, ohne triftige Grundlage. Ähnlich lauten die Erfahrungen beim SV Grün-Weiß Welldorf-Güsten, deren Vorstand durchaus den „guten Ansatz“ würdigt, aber feststellt, dass „diese Instrumente seitens der Schiedsrichter nicht ausreichend eingesetzt“ würden.
Kreisvorsitzender Lingnau beklagt als größtes Problem die angedrohte Gewalt gegen Schiedsrichter, der man aus seiner Sicht allerdings am ehesten mit drastischen Strafen durch das Sportgericht begegnen könne. Das unterstreicht auch Salingia Barmen: „Gerade bei Wiederholungstätern“ seien lange Spielstrafen das Mittel der Wahl, so Geschäftsführer Dominik Pelzer. Für den Verband bestätigt Lingnau, dass die Sportgerichte gehalten sind, dieser Marschroute zu folgen. Dass diese Vorgabe auch umgesetzt wird, hat der SV Grün-Weiß bisher noch nicht festgestellt, eher im Gegenteil „nutze die Sportgerichtsbarkeit ihre Mittel nicht aus“.
Oftmals seien es jedoch weniger Spieler oder Trainer, sondern Zuschauer und, vor allem im Jugendbereich, Eltern, die verbal über die Stränge schlagen. Offizielle Maßnahmen seitens des FVM gibt es für entgleisendes Fanverhalten nicht. Im Profibereich versuchen Fanprojekte vieler Bundesligavereine, Eskalationen vorzubeugen. In Welldorf hat der Verein gute Erfahrungen mit der räumlichen Distanz zwischen Spielfeld und zuschauenden Eltern, gerade bei den Spielen der Kleinen, gemacht: „Das lässt die Kinder in Ruhe Fußball spielen.“
Als Vorsitzender des SV Jülich10/97 / Hoengen e.V. hält Michael Lingnau den Einsatz von Ordnern für eine gute Idee: „Wir schicken zur Beruhigung schon mal Leute mit Ordner-Binde am Arm raus.“ Ein probates Mittel gegen, vorsichtig formuliert, Unruhe auf den Rängen. „Das Mittel der Wahl heißt Kommunikation“, meint der Vorsitzende, „ein paar nette Worte zu wechseln, kann Wunder wirken.“





















