Wie kommt eine Künstlerin aus Schweden auf die Idee beim Jülicher Kunstverein im Hexenturm auszustellen? Das hat der Jülicher Neutronenphysiker Dr. Werner Schweika eingefädelt. Nachdem Jülich als Standort für die europäische Spallationsneutronenquelle zu zugunsten der Forschungs- und Studentenstadt Lund bei Malmö unterlegen war, betreiben Wissenschaftler aus 13 europäischen Ländern die Quelle des weltweit intensivsten gepulsten Neutronenstrahls.
Werner Schweika lernte Agneta Sofiadotter bei einer ihrer Ausstellungen in Lund kennen. Nun hat sie nach über einem Jahr des ersten Telefonkontaktes ihr Auto bis unters Dach mit ihrer Kunst vollgepackt. Bei der dreisprachigen Eröffnung (Deutsch, Schwedisch, Englisch) beschrieb sie ihren Weg zur Kunst. „Ich bin in eine ungläubige gut bürgerliche Familie hineingeboren. Ich habe nach Antworten des Lebens gesucht und bin zunächst Pfarrerin geworden, doch das Gebaren der schwedischen lutherischen Kirche hat mir nicht zugesagt. Ich habe überhaupt nicht die Absicht zu missionieren, aber die Kunst wurde mein Zugang zu meiner inneren Geisteswelt, die ich nun mit anderen Menschen teile. Ich freue mich, wenn die Betrachter meiner Bilder eine innere Ahnung verspüren, was ich mit meiner Kunst zum Ausdruck bringen möchte. Ich male nie an mehreren Bildern gleichzeitig. Wenn ich ein neues Bilde beginne, muss ich mich vorher sozusagen entleeren, den Geist freischaufeln, um mich zu 100 % dem Dialog zwischen der Leinwand und mir hinzugeben. Ich höre dabei auch keine Musik. Es muss ganz still sein. Ich beginne mit einem leichten Farbauftrag – Acryl –, den ich zart mit einem Tuch auf die Leinwand wische. Dann hoffe ich auf den Moment, dass mir mein geistiges inneres Auge ein Zeichen gibt. Das ist dann wie eine Initialzündung. Die kann sofort passieren, es kann aber auch viele Tage dauern. Manchmal ist es eine recht leidvolle Geburt. Bei meinem Lieblingsbild habe ich den Preis so hoch angesetzt, dass es niemand kauft.“
Auf dem Bild im oberen Stock an der Wand mit dem Sicherungskasten, hält sie sich selbst im Arm. Sie hat ihrem Körper Fischflossen gegeben als Anklang an eines der urchristlichen Glaubenssymbole. Die Technik auf den Plexiglasbildern im kleinen Turmzimmer hat sie selbst entwickelt. Die Rückseite ist mit weißem Papier kaschiert, die Plexiglasvorderseite trägt ihre Zeichnung in permanent haftenden Tusch. Agneta Sofiadotter ist sehr Natur verbunden. So hatte sie eine Hütte in Lappland, zwei Tagesreisen von ihrem permanenten Wohnort entfernt. Nach einer Begegnung mit einem Braunbären hat sie die Hütte gegen ein typisches kleines Schwedenhäuschen in Småland getauscht. Durch eine sehr tiefe Brunnenbohrung gibt es nun auch fließend Wasser. Sie vermietet es auch als Ferienhaus, denn von ihrer Kunst allein kann sie leider nicht leben. Diese als typisch schwedisch angesehene Gegend ist bei deutschen Feriengästen sehr beliebt. Astrid Lindgren ist in Småland geboren, ihre Kinder- bücher und filme spielen dort, wo sie selbst aufgewachsen ist und Astrid Lindgrens värld in ihrer Geburtsstadt Vimmerby ist auch der Ausgangspunkt für eine Route entlang der Handlungs- und Drehorte ihrer Figuren. Agneta ist in der Hauptstadt Värmlands, in Karlstad geboren. Da sie weder wie ihr Vater noch wie ihr früherer Ehemann heißen möchte, hat sie sich und ihren Töchtern vor Jahrzehnten den isländisch anmutenden Nachnamen Sofiadotter zugelegt, was in Deutschland wohl ein Ding der Unmöglichkeit wäre. Neben der griechischen Göttin Athene und der römischen Minerva gilt auch Sophia als die Personifikation der Weisheit. So führt nun Agneta genau das, was sie in ihren Bildern vermitteln möchte, auch in ihrem Namen.
Die Ausstellung im Hexenturm ist samstags und sonntags bis inklusive Sonntag, 9. November von 11 bis 17 Uhr geöffnet. persönlich mit der Künstlerin in Kontakt kommen kann man (Sprachen: S, GB, F) unter Ruf 0046 – 73 84 68 110. Siehe auch: www.agnetasofiadotter.com
Fotos Volker Goebels