Eine Beratungsstelle für Menschen, die von Diskriminierung betroffen sind, gibt es seit September in Jülich. Braucht es in der Herzogstadt eine solche Einrichtung tatsächlich? Für den Berater und Referenten für Antidiskriminierungsarbeit Emmanuel Ndahayo, der die Caritas-Einrichtung leitet, nicht erst nach den ersten drei Monaten im Amt eine einfach zu beantwortende Frage: auf jeden Fall. „Ich denke, eigentlich bräuchte es sogar mehrere Stellen hier“, führt der promovierte Sozialwissenschaftler aus. Rassismus ist kein Randphänomen, muss Ndahayo feststellen: „Immer wieder berichten Menschen von Diskriminierung.“
Seit September öffnet der Berater in der Stiftsherrenstraße 7 seine Türen für Ratsuchende. Ein Angebot, das angenommen wird. Zu ihm kommt, wer das Gefühl hat, nicht gleich behandelt zu werden. Als vorrangige Aufgabe in der Beratung empfindet Ndahayo vor allem eines: „Zuhören. Ich habe ein offenes Ohr. Die Menschen sollen erst einmal erzählen, was genau passiert ist.“ In einem nächsten Schritt zeige er den Betroffenen Handlungsoptionen auf. Theoretisch könnte das sogar der Schritt vors Gericht sein. Doch das sei in Jülich noch nicht vorgekommen. Sind die Ratsuchenden einverstanden, versucht der Berater zu vermitteln und Kontakt zum „Verursacher“ der Diskriminierung aufzunehmen.
Diskriminierung hat viele Facetten, erläutert der Fachmann. In der Jülicher Beratungsstelle liegt der Fokus auf Rassismus. Aber auch wer sich aus anderen Gründen diskriminiert fühlt, findet in der Jülicher Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit, kurz ADA, Hilfe. Denn dann greift das Netzwerk, und Emmanuel Ndahayo kann an andere Fachstellen verweisen, etwa wenn es um Frauenrechte geht.
Neben der Beratung für einzelne Betroffene will das Angebot auch Anlaufstelle für Institutionen, Vereine, soziale Einrichtungen oder Behörden sein. Kontakte knüpfen, Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit für das Thema Rassismus zu schaffen, sind hier die Stichworte. Denn: „Wenn man ein Problem nicht sieht, kann man es nicht lösen“, bringt Emmanuel Ndahayo sein wichtigstes Anliegen auf den Punkt. Dem Leiter der Servicestelle ist vor allem daran gelegen, dass „die Gesellschaft“ überhaupt anerkennt, dass es Rassismus gibt. „Niemand möchte das wahr haben“, weiß der Berater, und deshalb sei die Sensibilisierung für das Thema wichtiger Teil seiner Aufgabe.
Die Themen Migration, Integration und gesellschaftlicher Zusammenhalt begleiten den Sozialwissenschaftler bereits seit Jahren, nicht nur beruflich, sondern auch politisch: Elf Jahre lang war Emmanuel Ndahayo für die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen im Kreistag aktiv, unter anderem als Vorsitzender des Integrations- und Migrationsausschusses. Eine ADA-Servicestelle für den Nordkreis einzurichten, ist ihm schon lange ein Anliegen. Angeregt habe er eine solche Einrichtung schon während seiner Tätigkeit für die Integrationsagentur, die er über vier Jahre lang mit aufgebaut hat und mit der er nun Tür an Tür sitzt.
Zu Emmanuel Ndahayos nächsten Plänen gehören „Aktionen“, mit denen er die nötige Sichtbarkeit für das Thema Rassismus und Diskriminierung schaffen möchte. Welcher Art genau die erste Aktion ist, wird noch nicht verraten, aber eines ist sicher: Mindestens einen passenden Partner innerhalb des dicht geknüpften Netzwerks gibt es schon, der mit Rat, Tat und Ideen unterstützt.
Gegenseitige Unterstützung findet Ndahayo übrigens auch innerhalb des landesweiten ADA-Netzwerks, in dem mehr als 40 Servicestellen zusammengeschlossen sind. Hier gibt es zum Beispiel kollegiale Hilfe bei Sprachbarrieren. Englisch, Französisch und Deutsch beherrscht der Jülicher Berater selbst, bei Arabisch könnte es schwierig werden, räumt er lächelnd ein. Aber dann springt eben jemand ein. Eine Online-Beratung ist schließlich auch möglich. Hauptsache, die Betroffenen von Diskriminierung finden Hilfe. Die Beratung ist anonym und kostenfrei.
Erreichbar ist die Servicestelle für Antidiskriminierungsarbeit (ADA) im Caritas-Beratungszentrum Jülich, Stiftsherrenstraße 7, entweder per E-Mail an endahayo@caritas-dn.de oder telefonisch unter den Nummern 02461 / 99793-21 und 0173 / 1480227.





















