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Jülichs Großprojekte auf der Kippe?

Transformationsprozess hin oder her - Die Zukunft des Reviers ist mit einem Schlag ziemlich ungewiss geworden, auch die weitere Stadtentwicklung Jülichs könnte vorerst größtenteils beendet sein. Der Teufel steckt wie so oft im Detail.

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Abb. https://landesplanung.nrw.de/system/files/media/document/file/202409829-lesefassung-lep.pdf
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Bei der jüngsten Sitzung des Planungs-, Umwelt- und Bauausschusses der Stadt Jülich (PUB) war es Tagesordnungspunkt 8, fast am Ende der öffentlichen Sitzung, nachdem lange und ausführlich die weitere Planung zukunftsweisender Projekte wie des Stadtquartiers Nierstein vorgestellt worden sind. In der Vorlage der Verwaltung ist zu lesen, dass das „Oberverwaltungsgericht Münster mit Urteil vom 21. März 2024 den überwiegenden Teil der Festlegungen des 1. Änderungsverfahrens zum Landesentwicklungsplan (LEP) für unwirksam erklärt“ hat. Klingt maximal bürokratisch und wenig spannend. Könnte aber bedeuten, dass viele laufende Planungen in den Kommunen nicht genehmigungsfähig sein dürften.

„Aufgrund eines vom Gericht monierten Verfahrensfehlers in der übergeordneten Planung können wir unverschuldet nicht handeln“, stellte Angela Jumpertz, Leiterin des Bauplanungsamtes, fest. Bereits im Mai hatte die Verwaltung auf das Urteil hingewiesen. Bis die schriftliche Fassung vorlag und zusätzlich zum laufenden Tagesgeschäft ausgewertet wurde, welche Herausforderungen konkret auf die Stadt zukommen könnten, verging weitere Zeit, wenn auch nicht ungenutzt, da parallel viele Anfragen beispielsweise an die Bezirksregierung gestartet wurden. Die Kurzform: Mit dem Urteil werden Grundsätze beziehungsweise Ziele der bis dahin geltenden Fassung des Landesentwicklungsplans von 2019 durch die in der vorherigen Fassung von 2017 geltenden Grundsätze beziehungsweise Ziele ersetzt. Konkret bedeutet dies, dass Entwicklungsmöglichkeiten in den Freiraum hinein massiv beschränkt werden. Oder anders formuliert, mit den Worten des Ausschussvorsitzenden Heinz Frey (UWG JÜL): „Das stellt unsere gesamte Stadtentwicklung in Frage, dann können wir die Arbeit von Jahren in die Mülltonne kloppen.“

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Im Ausschuss schrillten nun die Alarmglocken, Einigkeit bestand darin, „sämtliche Kanäle“ in die Landespolitik, die es gibt, zu nutzen, um hier schnellstmöglich für eine Korrektur des vom Gerichts monierten Landesentwicklungsplans zu sorgen und den Kommunen im ganzen Land wieder Handlungs- und vor allem Entwicklungsspielraum zu ermöglichen. Auch ein Zusammenschluss mit den Nachbarkommunen soll angestrebt werden. Eine Anfrage der Stadt Jülich bei der Bezirksregierung Köln, ob aktuell eine Korrektur geplant sei, habe nicht zum Erfolg geführt, schilderte die Amtsleiterin. „Hätten wir das zu Beginn der Sitzung gehört, hätten wir alle nach Hause gehen können“, kommentierte Frey die Entwicklung sarkastisch.

Das Urteil führt auch dazu, dass die Rechtsgrundlage für den Regionalplan nun ebenfalls der Landesentwicklungsplan aus dem Jahr 2017 ist. Vor dem Hintergrund der neuen – und eigentlich alten – Rechtslage kann die Stadt an viele Flächen, die aktuell entwickelt werden sollen, vermutlich „nicht rankommen“, denn das Urteil hat aktuell gravierende Auswirkungen auf laufende und zukünftige Bauleitplanverfahren.

Ein paar Beispiele: Nach gegenwärtigem Stand Regionalplan alt/OVG-Urteil ist das zukunftsweisende Stadtquartier Nierstein nicht entwickelbar. Die Landesplanerische Anfrage für eine Erweiterung des Brainergy Parks um die sogenannte BImA-Fläche wurde mit Verweis auf das OVG-Urteil bereits negativ beschieden. Die Genehmigung der Flächennutzungsplan-Änderung zum Bebauungsplan „Welldorf Nr. 9“ (Hinter der Molkerei) könnte trotz positiver landesplanerischer Anfrage und Feststellungsbeschluss wackeln, da die Bezirksregierung Köln prüfen wird, ob sich die Fläche noch im Interpretationsspielraum des Allgemeinen Siedlungsbereiches (ASB) Welldorf-Güsten befindet. Das gleiche Prozedere wird das Gebiet „Buschweiher II“ in Güsten durchlaufen. Hier wurde nach Auskunft der Verwaltung bereits signalisiert, dass der neue Regionalplan den ASB Welldorf- Güsten wohl enger fassen wird und die Erweiterung „Buschweiher II“ dann wohlmöglich außerhalb des Interpretationsspielraumes läge und nicht mehr genehmigungsfähig wäre. Nach gegenwärtigem Stand Regionalplan alt/OVG-Urteil sind Erweiterungen der Ortsteile Mersch/Pattern, Bourheim und Selgersdorf derzeit nicht möglich.

Ob und wieweit dem Brainergy Park mit dem neuen Regionalplan weitreichende Entwicklungsmöglichkeiten eingeräumt werden, könne derzeit ebenfalls nicht beantwortet werden. „Ob/in wieweit die vom OVG gerügten Fehler bei der Aufstellung des Landesentwicklungsplanes ‚geheilt‘ werden, lässt sich derzeit nicht sagen“, bilanziert die Verwaltung.

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Stephan Johnen
Kein Muttkrat, aber im Besitz einer Landkarte. Misanthrop aus Leidenschaft, der im Kampf für Gerechtigkeit aus Prinzip gerne auch mal gegen Windmühlen anreitet. Ist sich für keinen blöden Spruch zu schade. Besucht gerne Kinderveranstaltungen, weil es da Schokino-Kuchen gibt, kann sich aber auch mit Opern arrangieren.

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