Kies und Co deutlich teurer geworden: Um 86 Prozent ist der sogenannte Absatzwert gestiegen. Ob die Preissteigerung mit dem gleichzeitig offenbar gestiegenen Verbrauch vieler Gartenbesitzer zusammenhängt, kann an dieser Stelle nicht geklärt werden. Kies, Splitt und Schotter in verschiedensten Farbtönen und Mustern – meist auf Vlies oder Folie verteilt – haben sich seit Jahren als Trend in der Gartengestaltung etabliert. Pflegeleicht und modern soll es sein. Aber: Ist auch erlaubt, was gefällt? An dieser Stelle lautet die Antwort ganz klar nein. Paragraph 8 der 2024 aktualisierten Landesbauordnung NRW drückt das so aus: „Die nicht mit Gebäuden oder vergleichbaren baulichen Anlagen überbauten Flächen der bebauten Grundstücke sind als Grünflächen 1. wasseraufnahmefähig zu belassen oder herzustellen und 2. zu begrünen oder zu bepflanzen.“
Nun sind die kommunalen Verwaltungen in der Pflicht, diese Vorschriften umzusetzen. „Das steht mittlerweile in jedem Bebauungsplan“, erläutert Thomas Cannavó, Leiter des städtischen Bauordnungsamtes, die konkrete Umsetzung der Vorgaben.
Die Regelungen sind also da, die rechtswidrigen Steine in den Vorgärten auch. Was also tun? Cannavó und seine Mitarbeitenden setzen ganz klar auf Kommunikation und Aufklärung. „Bei jedem Bauantrag geht unsere Broschüre mit raus“, verweist der Architekt auf ein eigens erstelltes Faltblatt. Unter dem Titel „Entsteint Euch! Rettet den Vorgarten!“ informiert das Heftchen über die ökologischen Nachteile des vermeintlich pflegeleichten Schotters.
„Die Frage ist doch: Wie kriegt man ein Umdenken in die Köpfe?“, sinniert Cannavó, der schmunzelnd zugibt, dass er zwar keine Ahnung hat, was im eigenen Garten eigentlich wächst, aber findet: „Hauptsache, es ist grün und bunt.“ Eine Ansicht, die Horst Malchow vom NABU Düren nur unterstützen kann.
Trotz Klimakrise und Artensterben verschwinden zu viele Grünflächen unter Beton, Schotter und Kies, konstatiert der NABU. Und das, obwohl es Insekten, Vögeln, Igeln und Co. ohnehin an Nahrung und Lebensraum fehlt. Der Einsatz von Pestiziden und die fortschreitende Verarmung der Landschaft machen es vielen Arten schwer, ausreichend Nahrung zu finden. „Unsere Gärten sind daher wichtige Refugien, und wir haben es in der Hand, den Tieren dort einen wertvollen Lebensraum zu bieten“, betont Malchow. Insekten etwa seien Nahrung für verschiedene Tiere wie Igel oder Vögel. Gehe es ihnen schlecht, leiden auch andere Arten – so auch der Mensch, denn Insekten sind Bestäuber vieler Pflanzen und tragen damit essentiell dazu bei, dass Wild- und Kulturpflanzen Früchte tragen.
„Und natürlich sind Schottergärten auch schlecht für das lokale Klima und den Wasserhaushalt, weil sie sich stark aufheizen und Regenwasser nicht speichern können“, ergänzt der NABU in seiner Stellungnahme.
Genau betrachtet könnten Städte und Gemeinden sogar Bußgelder verhängen und eine Begrünung anordnen, um den Vorschriften Genüge zu tun und gleichzeitig der Natur und dem Klimaschutz unter die Arme zu greifen. Während das Jülicher Bauordnungsamt darauf setzt, „mit den Menschen zu sprechen“, ist man im Kreis Euskirchen auf eine andere Idee gekommen: Dort gibt es Geld für diejenigen, die ihren „Garten des Grauens“ in ein Blütenmeer zurückverwandeln.
Wer schon einen Schottergarten hat und ihn jetzt ökologisch aufwerten möchte, findet zum Beispiel beim NABU hilfreiche Tipps. Dann steigen vielleicht künftig die Absatzzahlen heimischer Pflanzen in den Gärtnereien…