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Schizophrenie besser verstehen

Schizophrenie-Patienten unterscheiden sich untereinander erheblich in ihren vielfältigen Symptomen, die etwa von sozialem Rückzug über Gedächtnisstörungen bis hin zu Halluzinationen reichen. Jülicher Hirnforscher haben nun mithilfe Künstlicher Intelligenz eine generell gültige Ordnung für die Symptome der Schizophrenie aufgestellt. Die neuen Erkenntnisse könnten künftig eine Behandlung ermöglichen, die besser auf den einzelnen Patienten zugeschnitten ist.

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Bild von Gerd Altmann auf Pixabay
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Wissenschaftler und Ärzte haben schon häufiger versucht, die Symptome der Schizophrenie zu klassifizieren und so die verschiedenen Ausprägungen dieser Krankheit zu beschreiben. Jetzt haben Forscher um Prof. Simon Eickhoff vom Jülicher Institut für Neurowissenschaften und Medizin erfolgreich Künstliche Intelligenz (KI) eingesetzt, um diese Aufgabe zu lösen. „Die gewonnenen Erkenntnisse weisen den Weg zu einer fundierten Diagnosestellung. Diese kann dazu beitragen, dass die Patienten eine individualisierte Behandlung erhalten und nicht – wie es derzeit üblich ist – alle dieselbe Therapie“, ist Eickhoff überzeugt. Nach Schätzungen erkrankt ein Prozent der Weltbevölkerung mindestens einmal im Leben an Schizophrenie.

Wie die Jülicher Hirnforscher in der Fachzeitschrift „Biological Psychiatry“ berichten, ermittelte die KI aus den Symptomen von mehr als 1500 Patienten einer niederländischen Studie, dass sich die vielgestaltigen Symptome der Krankheit statistisch in vier Dimensionen (Faktoren) zusammenfassen lassen. Sogenannte Negativ-Symptome wie Antriebslosigkeit und abgestumpfte Gefühle treten demnach häufig zusammen auf und bilden die erste Dimension. Die zweite Dimension umfasst „Positiv“-Symptome wie Halluzinationen und Wahnvorstellungen, die dritte Dimension dagegen Störungen des Gemütszustandes wie Depression, Angst und Anspannung. Kognitive Beeinträchtigungen wie Aufmerksamkeits- und Gedächtnisstörungen treten ebenfalls meist zusammen auf und formen daher die vierte Dimension der Schizophrenie.

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Die Zuteilung der Symptome zu vier Dimensionen funktionierte nicht nur bei den Patienten der niederländischen Studie, sondern anschließend auch bei Patienten, die in neun verschiedenen medizinischen Zentren in Europa, USA und Asien untersucht worden waren. „Wir sind daher überzeugt, eine gut interpretierbare Ordnung für die Schizophrenie-Symptome gefunden zu haben, die über verschiedene Nationalitäten, Gesundheitssysteme und Klinik-Einzugsgebiete hinweg gültig ist“, sagt Simon Eickhoff. „Jeder Patient hat Symptome aus allen vier Dimensionen, aber in unterschiedlicher Ausprägung.“

Aufgrund dieser Ausprägungen ermittelte die KI anschließend zwei voneinander unterscheidbare Patientengruppen: eine, in der die Patienten vorwiegend unter Positiv-Symptomen und Gemütsstörungen leiden, und eine andere Gruppe, deren Mitglieder vor allem Negativ-Symptome aufweisen. „In der Fachwelt kursieren immer wieder Vorschläge für eine Unterteilung in weitere oder andere Subtypen der Schizophrenie. Doch unsere Auswertung liefert keinen Hinweis darauf, dass eine andere Einteilung sachgerecht ist“, erläutert der Jülicher Hirnforscher Ji Chen, Erstautor der Fachpublikation: „Zudem lassen sich die beiden gefundenen Unterarten auch neurobiologisch unterscheiden.“ Denn die Forscher konnten eine KI-Software darauf trainieren, anhand von Hirnscans abzuleiten, welchem der beiden ermittelten Subtypen ein Schizophrenie-Patient zuzuordnen ist. Die verwendeten Hirnscans beruhen auf der funktionellen Magnetresonanztomographie (fMRT), mit der Aktivitätsmuster in den Nerven-Netzwerken des Gehirns sichtbar gemacht werden können.

Originalpublikation: Neurobiological Divergence of the Positive and Negative Schizophrenia Subtypes Identified on a New Factor Structure of Psychopathology Using Non-negative Factorization: An International Machine Learning Study. Ji Chen et al., Biological Psychiatry 2019


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