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Laudatio: Stadtmarketing-Preis für den Förderverein Zitadelle

Laudatio auf den Förderverein Festung Zitadelle von Dr. Elke Janßen-Schnabel

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Dr. Elke Janßen-Schnabel. Foto: Dorothée Schenk
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Meine Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Verein Stadtmarketing,
sehr geehrter Förderverein Festung Zitadelle Jülich, lieber Rüdiger,
es ist mir eine Ehre aber auch eine große Freude, heute hier sprechen zu können!

Der Förderverein Festung Zitadelle Jülich, gegründet 1986, widmet sich dem „Erbe der Idealstadtanlage der Renaissance“ in Zusammenarbeit mit dem Museum Zitadelle und hat in den letzten 10 Jahren noch mal so richtig Gas gegeben.

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Die Stadt Jülich ist siedlungsgeschichtlich seit römischer Zeit ein bedeutender Fixpunkt an einer Erschließungsstraße, strategisch ein wichtiger Standort am Ufer der Rur. Doch Kern und Grundmuster der stadträumlichen Identität sind die Zitadelle und die Stadtanlage des 16. Jahrhunderts. Unter Herzog Wilhelm V. von Jülich-Kleve-Berg nach Entwurf des Baumeisters Alessandro Pasqualini entstand nach dem Stadtbrand 1547 eine Festung der Renaissance italienischer Kenntnis und Bauart mit mächtiger Zitadelle und zugeordneter Stadt bastionär umfasst. Kern der Zitadelle ist das Schloss mit der prächtigen Hofkapelle. Residenzort des Herzogs, doch bereits ab 1609 in den folgenden Jahrhunderten militärisch genutzt, Ort militärischer Ausbildung, Standort der Besatzung, so stand die Zitadelle lange Zeit gleichgewichtig im engen Wechselbezug der Kernstadt gegenüber.
Von der flächenhaften Zerstörung der Stadt im November 1944 bleiben das Festungswerk der Zitadelle und Teile des Schlosses verschont. Seit 1972 ist das Schloss Staatliches Gymnasium. Die Stadt entsteht auf der Grundstruktur der Renaissance, im Aufgehenden nach Plänen von René von Schöfer, Professor für Städtebau an der RWTH Aachen, neu. Der Wiederaufbau folgt zwar den wichtigen Prinzipien der verlorenen Stadt, aber er verleiht Jülich auch einen neuen Ausdruck, vereinheitlicht: gleichförmig, zurückhaltend und gediegen in der Großform, gespickt mit zahlreichen handwerklich besonderen Details. Wenige Solitäre setzen Akzente im Stadtgefüge. In dem Zusammenwirken von Großform, Details und Solitären liegt ein Wert, der sich lohnt, irgendwann einmal genauer untersucht zu werden.

Die Zitadelle zählt zu den wenigen erhaltenen Werken frühneuzeitlicher Festungsbaukunst und ist zusammen mit der Stadt baugeschichtlich ein seltenes Zeugnis der italienischen Hochrenaissance nördlich der Alpen.

So hat der Förderverein in seiner Satzung Zitadelle und Stadtkern zum Gegenstand: die Zitadelle als kulturhistorisches Denkmal allerersten Ranges, die Idealstadtanlage als städtebaulich wertvolles Zeugnis, und zusammen mit dem Brückenkopf, dem napoleonischen Festungsbau, steht hier ein außergewöhnliches Ensemble. Das zu würdigen und herauszustellen ist die übergeordnete Aufgabe des Vereins, etwas präziser:

Erforschen meint, den historischen Zusammenhängen nachzugehen, Zitadelle und Stadtanlage in Geschichte, Baugeschichte vertieft zu platzieren. Das ist in zahlreichen Publikationen, die der Verein herausgegeben hat, geschehen und gelungen;
Erhalten und Pflegen bedeutet: der Verein setzt sich nicht nur für das ideelle sondern auch für das substantielle Erbe ein, unterstützt, stärkt die Handelnden, insbesondere die Stadt, er steht ihr zur Seite;
Stadt und Zitadelle einer sinnvollen Nutzung und Weiterentwicklung zuführen, heißt: sich neuen Perspektiven zu öffnen + Entwicklungen mit der historischen Sicht zu begleiten; der Verein ist dann so eine Art Korrektiv.
Bedeutung des Festungsensembles vermitteln, d.h. das Bewusstsein für den kulturhistorischen Wert zu wecken, zu stärken, den Objekten als Sprachrohr zu dienen. Die Vermittlung erfolgt: über Vorträge, Ausstellungen, Führungen.
Vermitteln heißt auch: touristisch erschließen, Aufmerksamkeit lenken, den geschichtlichen Wert spannend als Entdeckung prägnant erlebbar machen, über Text und Bilder.
Summe und Ziel aller Aufgaben ist, kommenden Generationen das kulturelle Erbe verantwortungsvoll übergeben zu können.

Der Verein Stadtmarketing Jülich zeichnet mit dem Preis (zusammen mit der Stadt) Personen / Organisationen aus, die sich aus dem Verständnis des eigenen Engagements für das Image der Stadt einsetzen, Jülich als Ort, als Wohnort schätzen, als Wirtschaftsstandort befürworten oder auch touristisch bewerben, also Organisationen, die die Besonderheiten der Stadt sehen, mit der Methodik ihres eigenen Werkzeugkastens das Profil der Stadt schärfen und dadurch den Bekanntheitsgrad erhöhen.

Innerhalb des Stadtmarketings ist die Stadtgeschichte – aus meiner Sicht – der Ausgangspunkt für jede weitere Entwicklung und die Wurzel zur Verankerung und Vergewisserung von neuen Möglichkeiten.

Hier treffen sich Marketing und Geschichte,

und Zitadelle und Stadt, einschließlich Brückenkopf, sind der gebaute Ausdruck dieser omnipräsenten Schnittmenge:
Geschichte als Hintergrundfolie, Geschichte, durchaus kritisch beleuchtet, als Grundrauschen, Geschichte als Rahmen, zur Vergewisserung der eigenen Identität,
um den Ort zu sehen als Ort, in dem man gerne lebt, „Heimat“, als Lebensgefühl an Gebautem verankern und Orientierung geben; stolz sein auf alle Besonderheiten.

Das heißt konkret: historisches Bewusstsein in alle Planungsprozesse zu integrieren. Mit der Geschichte anfangen und dann darauf aufbauen, um großräumig das Ganze verträglich und erträglich zu bewahren. Dafür setzt sich der Förderverein Festung Zitadelle Jülich ein:

Im Erforschen, Erhalten, Pflegen, liegt der Blick zurück. Da steht also die Geschichte, die Geschichte wird in ihrer Bedeutung eigentlich von allen immer wohlwollend gesehen.
Doch der daraus gefilterte konkrete Schutz, die gesetzliche Fassung, der Denkmalschutz, der seit 10 Jahren ein ausdrücklicher Schwerpunkt in der Tätigkeit des Vereins ist, der Denkmalschutz ist nicht immer so sehr bequem. Denkmalschutz (Denkmal–Denkmalbereich) kann auch schon mal die Stimmung trüben, zumal der Aspekt „Gesetz“ ja ganz allgemein oft eher ein bisschen grau, holzschnittartig und sperrig wahrgenommen wird.

Aber wenn die Basis da ist, gelingt mit dem klar definierten Rückhalt in der Geschichte, eigentlich erst der Blick nach vorne: sinnvolle Nutzung denken und Weiterentwicklung begleiten. Entwicklung muss immer möglich sein. Ein wesentlicher Aspekt bei diesem Wandel steckt im Miteinander von Geschichte, Gegenwart und Zukunft, und zwar auf Augenhöhe.

Genau hier ist der Verein, der Förderverein Festung Zitadelle Jülich, ein glückliches und zuverlässiges Scharnier, – auch zum behördlichen Denkmalschutz; er ist mit seiner detaillierten Kenntnis – ein wichtiger Partner zur Vermittlung von historischen Informationen.

Den Preis erhält der Verein auch für sein immer wieder neues Engagement.

Projekte aus der letzten Zeit, die großen Anklang fanden, sind:

Die Außenausstellung ÜberLeben in Jülich zum Zweiten Weltkrieg an 17 Stellen mit Bildern und Texten auf Ausstellungstafeln: früher – damals – heute, jetzt im Schlosskeller der Zitadelle; außerdem in der Begleitbroschüre und in der App nachzulesen.

Gästeführungen. Durch die Zitadelle und durch die Kernstadt, insbesondere die freie Führung Geschichte am ersten Sonntag im Monat, von April bis Oktober;

Und ganz neu: Die Erkundung der Kasematten der Zitadelle unter dem Markenzeichen JÜL-Tube in Zusammenarbeit mit dem Museum Zitadelle.
Das sind:
– Führungen durch die sog. Horchgänge, Kasemattensysteme, um Angriffe im Vorfeld zu entdecken, abzuwehren und
– Führungen zum Luftschutz im 2. Weltkrieg

Weitere spannende Projekte werden zur Zeit erarbeitet.

Der Verein erstellt außerdem konstruktive, gut ausgearbeitete Diskussionsbeiträge zu aktuellen Bauvorhaben in der Stadt, veröffentlicht differenzierte Stellungnahmen zu laufenden baulichen/ städtebaulichen Projekten: wie z,B. im Rahmen des integrierten Handlungskonzepts zum Markt, zum Schlossplatz oder auch zum Bebauungsplan Am Schwanenteich.
Er fertigt Modelle, digitale Visualisierungen, zieht fachliche Expertisen heran entwickelt Konzepte.
Er organisiert außerdem Vorführungen historischer Filme zur Stadt, erarbeitet eine sehr gute Kartografie, interaktive Karten zu den Rundgängen, die auf der gut gepflegten Internetseite allgemein zur Verfügung stehen.

Meine Damen und Herren, Sie sehen,
der Förderverein Festung Zitadelle Jülich ist mit diesem Spektrum ein Jülicher Schwergewicht, ein notwendiger, wertvoller und verbindender Teil der Stadt. Er zeichnet sich seit fast 40 Jahren durch seinen Einsatz für die Stadtgeschichte, durch seine Anstöße, durch konstruktive Anregungen, durch fundierte Vorträge und anschauliche Führungen aus.

Mit allen guten Wünschen für viele neue Ideen gratuliere ich dem Verein zum Stadtmarketing-Preis, sage „Herzlichen Glückwunsch“! und sage Ihnen allen vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


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