Die 1966 in Zürich geborene Luzia Schmid hat „der Knef“ 23 Jahre nach ihrem Tod zum 100jährigen Geburtstag einen umwerfenden Dokumentarfilm gewidmet. „Ich will alles. Hildegard Knef“ ist als filmische Biografie des internationalen Stars mit Archivmaterial aus sechs Jahrzehnten derzeit aktuell in den Kinos zu sehen. Es ist nicht der erste Film über die Ausnahmekünstlerin, die es übrigens auch zu einem Porträt auf einer Serienbriefmarke gebracht hat. „Die Frühen Jahre“ von Felix Moeller schilderte bereits ihre Stationen als blutjunge Nachwuchsschauspielerin im Dritten Reich, ihre ersten Rollen in der Ufa-Zeit, ihre Verwicklung in den Endkampf um Berlin 1945, das Überleben im Nachkriegsdeutschland, den kometenhaften Aufstieg als erster deutscher Filmstar nach dem Krieg und schließlich die Übersiedlung nach Hollywood.
„Die Sünderin“ wurde in den biederen 50er Jahren zum Skandal. Die bildschöne Frau mit den blendend schönen Scheinwerferaugen und den langen Wimpern sagt dazu: „Der Skandal machte den Produzenten reich und mich lächerlich. Pfarrer litten unter Herzinfarkten und Kinos brannten.“ Es gab Beschimpfungen und anonyme Morddrohungen. Den Ausdruck: „Von nun an ging´s Berg ab“, habe ich von ihr gelernt. Sie habe mit guten Regisseuren schlechte Filme gemacht, sagt sie. Ihr Film mit Carol Reed sei nun mal nicht so gut gewesen wie „Der dritte Mann“. Sie hat extreme Höhen und Tiefen durchlebt. „Irgendwie gab es keine Mitte. Es gab nur ganz oben oder ganz unten“, meint sie.
„Hildegard“. „Tante Google“ meint, das sei ein alter deutscher Mädchenname, der sich aus den althochdeutschen Wörtern „hiltja“ für „Kampf“ und „gard“ für „Schutz“ zusammensetzt. Der Name bedeutet „Schutz im Kampf“ und kann sowohl „Beschützerin“ als auch „Kämpferin“ bedeuten.
Ja, Hildegard Knef war eine Kämpferin. Sie hat sich durchgebissen. Sie bekennt sich zu ihrem Ehrgeiz. Er sei wie eine Liebe in guten und in schlechten Zeiten.
Die Tochter meines Freundes macht gerade Abitur und hat den Namen Hildegard Knef in ihrem Leben noch nie gehört. So schnelllebig ist die Zeit. Meine Mutter und ihre Schwester dagegen haben sie, wie so viele aus dieser Generation, geliebt, verehrt und bewundert, die Lieder wie „Für mich soll´s rote Rosen regnen“ gehört, „den geschenkten Gaul“ fasziniert in einigen Nächten gelesen und die Nachkriegsfilme wie „Die Mörder sind unter uns“ verinnerlicht und niemals vergessen. Eines meiner Lieblingslieder ist „Der alte Wolf wird langsam grau“. Ich werde ihre leicht rauchige Stimme und die zum Sprechgesang tendierenden Lieder so lange in Erinnerung bewahren, wie mein Hirn es zulässt.
Rote Rosen? Na, ja, ihr 77 Jahre währendes Leben war voller Dornen. Drei Ehen, mal die deutsche, mal die amerikanische Staatsbürgerschaft, dann doch wieder die deutsche. In den USA war sie nicht glücklich, hat sich gelangweilt, bekam keine Engagements. „Ich lächle herum“, bekennt sie im Film. Dann später schwer krank, 56 Operationen. Dennoch habe sie als Teenager mehr an den Tod gedacht, denn als 63Jährige. Das Face-Lifting hätte sie sich meiner Meinung nach sparen können. Ich erinnere mich an einen ihrer Fernsehauftritte nach dieser OP. Sie hat die Zugluft nicht vertragen und es zum Thema gemacht. Ich möchte gerne eine Empfehlung aussprechen. Dieses Porträt einer sprachgewaltigen, rhetorisch hoch begabten, intelligenten Frau, die mit ihrem Dasein so viel Lebensweisheit gesammelt und vermittelt hat, ist sehenswert. Einen ihrer Sätze nehme ich gerne mit ins Grab: „Das Leben schuldet uns nichts als das Leben. Für alles andere sind wir selbst verantwortlich.“
Im Kulturbahnhof wird der Film zweimal am Donnerstag, 15. Mai, und am 21. Mai in der Abendvorstellung gezeigt.