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Radeln gegen den Hunger

Gibt es ein Leben nach der Arbeitswelt? Es kommt darauf an, was man vorhat. Josef Herkenrath entschied sich, die persönliche sportliche Herausforderung mit sozialem Engagement zu verbinden, und stellte eine Gruppe für eine Fahrradtour zum Nordkap zusammen, die sich nebenbei noch für ein Projekt der Welthungerhilfe einsetzt. Bei einer ihrer Trainingsrunden machte das Team vom Niederrhein Station in Jülich und traf dabei den "Herzog".

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Trainingsrunde vom Niederrhein an die Rur. Foto: Arne Schenk
Trainingsrunde vom Niederrhein an die Rur. Foto: Arne Schenk
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Vor zwei Jahren trat Herkenrath in den Vorruhestand. Doch wie das entstandene Loch sinnvoll auffüllen? „Ich bin erst mal über die Alpen gewandert“, erklärt der mittlerweile 65-Jährige. Der Umstieg auf das Fahrrad war von da aus nur allzu logisch, zumal er als Sozialpädagoge immer viele Fahrradtouren gemacht hat, auch mit Jugendlichen. „Da habe ich es immer erlebt, dass man Land und Leute kennenlernt.“

16 Jahre lang hat er beim Landschaftsverband Rheinland Erlebnispädagogik betrieben. Dann hat er sich weitergebildet und landete im Bethanien-Kinderdorf, bis er das Arbeitsleben hinter sich ließ. Nun verwirklicht er mit der Nordkap-Tour quasi einen Jugendtraum. „Ich bin ein Naturfreund und liebe den Norden.“ Die Gegend oberhalb des Polarkreises möchte er näher kennenlernen, „und zwar nicht schnell mit dem Auto, sondern langsam mit dem Fahrrad. Ich denke, der Erlebniswert ist ein anderer.“

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Also versuchte er, eine Gruppe zusammenzustellen. Nachdem er im Freundes- und Bekanntenkreis auf wenig Gegenliebe dazu stieß, griff Josef Herkenrath zu, als sich die Gelegenheit zu einem Zeitungsartikel ergab. Bereits in der ersten Woche meldeten sich zehn oder elf Interessenten. „Da haben wir uns getroffen und direkt sehr intensiv trainiert.“ So konnten die Bewerber gleich physisch erfahren, ob sie in die Gruppe passen. Das Training übernimmt der 77-jährige Hartmut Ploenes, der mit seinem Navigationssystem Touren ausarbeitet.

Der größte Aspekt dabei war die körperliche Belastung. „Wir haben das Training sehr schnell gesteigert und eine Eifeltour gemacht“, unterstreicht Herkenrath. „Das ist schon sehr erfahrungsorientiert, was wir hier machen, nicht ins Blaue hinein, sondern üben.“ Neben dem Training sitzen die Radler oft zusammen und planen gleichsam intensiv das Projekt. Allmählich entstanden daraus Freundschaften. „Wir haben so den Eindruck, dass wir uns aufeinander verlassen können und gemeinsam durch dick und dünn gehen.“

„Genau das ist die Leidenschaft, die uns verbindet“, erzählt Roswitha Schilden. „Ab 60 Kilometern plus wird für mich eine Fahrradtour interessant.“ Bei diesem Projekt war die 69-Jährige damit genau richtig. Immerhin sind in 80 Tagen 7160 Kilometer zurückzulegen, also zwischen 80 und 120 Kilometer am Tag. Hinzu kommen Elisabeth Kleban mit Wohnmobil und Dietmar Schleef mit Wohnanhänger. Die beiden Begleitfahrzeuge verleihen dem Unternehmen eine gewisse Sicherheit als Koch-, Toilettengang- und Schlafmöglichkeit für die Frauen, aber auch für den Transport des Gepäcks der Radfahrer. „Das ist für uns als Gruppe natürlich eine Erleichterung.“ Zudem kann die Gruppe erhalten, falls es beispielsweise zu einem Sturz kommt.

Als weiteren Aspekt möchte die Radler andere animieren, es ihnen nachzumachen, betont Gregor Ingenhaag, schließlich suchten viele Menschen nach etwas Sinngebendem. „Hier haben wir eine persönliche Herausforderung, das Abenteuer und den sozialen Aspekt kombiniert.“ Denn neben dem Erlebnisaspekt sollte die Tour an ein soziales Projekt gebunden sein. Unterstützung fanden die Teilnehmer in der Welthungerhilfe mit Sitz in Bad Godesberg. „Da sind wir dann mal hingeradelt und haben Fabian Jauss kennengelernt, der hat das Projekt unterstützt.“ Aus einer Reihe von Vorschlägen entschied sich die Gruppe für das Skill-up!-Projekt, ein Bildungs-Programm für Jugendliche in ländlichen Gebieten Afrikas als Hilfe zur Selbsthilfe inklusive zertifizierter Ausbildung, „weil wir gedacht haben, das ist vielleicht die nachhaltigste Form, die Menschen dort zu unterstützen, dass sie in ihrem Heimatland eine Perspektive finden.“

Das soziale Engagement kommt nicht von ungefähr, immerhin beteiligt sich Josef Herkenrath am Ehrenamt „offene Kirche“ in Lobberich, Roswitha Schilden war jahrelang im Pfarrgemeinderat tätig, so im Ausschuss Caritas / Soziales / Jugendarbeit sowie im Betreuungsdienst im Altenheim von Breyell. Derzeit wirkt sie als Katechetin in Viersen-Dornbusch. Damit auch während der Tour keine Stunde ausfällt, springt ihre Tochter für sie ein. Trainer Hartmut Ploenes, war über zehn Jahre im Kirchenvorstand und ist beim Krippenaufbau von St. Sebastian Lobberich aktiv. Sozialer Umgang und Gemeinschaft wird bei der Nordkap-Gruppe also groß geschrieben.

Daher kann sie sich auch vorstellen, für vergleichbare neue Unternehmungen beratend tätig zu werden, bekräftigt Gregor Ingenhaag, zumal es einige Anfragen gab und die Gruppe niemand mehr aufnehmen kann. Viele Menschen hätten zu viel Zeit und wüssten nichts Vernünftiges im späten Lebensabschnitt anzufangen, bräuchten vielleicht eine kleine Anleitung. „Die Welthungerhilfe hat uns auch zugesagt, dass sie uns bei der Koordination von neuen Gruppe helfen wird.“

Info über www.nordkap-team.de im Internet


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