Start Stadtteile Jülich 30 Jahre Schuldenberatung

30 Jahre Schuldenberatung

Seit 30 Jahren gibt es für Menschen in Jülich und Düren die Soziale Schuldenberatung der evangelischen Kirche.

14
0
TEILEN
Foto: xeno_mas / pixabay
Foto: xeno_mas / pixabay
- Anzeige -

Seit Sommer 1994, also seit drei Jahrzehnten, steht die Soziale Schuldenberatung im Kreis Düren Menschen in finanziellen Notlagen zur Seite. Was 1994 mit kleinen Anlaufstellen für überschuldete Haushalte begann, hat sich über die Jahre zu einer unverzichtbaren Institution entwickelt. Doch was hat sich in diesen 30 Jahren verändert, kann man von einem Erfolg sprechen?

Die Schuldenberatung im Kreis Düren startete in einer Zeit, in der Überschuldung zwar ein Thema war, aber längst nicht die gesellschaftliche Tragweite hatte wie heute, hält die Beratungsstelle in einer Mitteilung fest. Wirtschaftliche
Krisen, steigende Lebenshaltungskosten und eine wachsende Bedeutung des Konsums hätten dazu geführt, dass immer mehr Menschen in finanzielle Schieflage geraten.
Zahlen belegen diesen Trend deutlich: Laut dem „SchuldnerAtlas Deutschland 2024“ waren rund 5,56 Millionen Menschen in Deutschland überschuldet. Das entspricht etwa 8,09 Prozent der erwachsenen Bevölkerung und rund 2,79 Millionen Haushalte mit betroffenen Familien und Kindern. Im Kreis Düren gelten sogar mehr Personen als überschuldet, nämlich 9,29 Prozent.

- Anzeige -

Überschuldung liegt immer dann vor, wenn der nach Abzug der notwendigen Lebenshaltungskosten verbleibende Einkommensrest nicht mehr ausreicht, die eingegangenen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen.
Heute wie damals betreuen die Beraterinnen und Berater nicht nur Fälle von Überschuldung, die durch Konsum entstanden sind, sondern überwiegend Menschen, die durch plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheit, Trennung oder unvorhergesehene Lebensereignisse in Not geraten sind.

Eine große Veränderung der Beratung ergab sich zum 1. Januar 1999. Die Möglichkeit des privaten Insolvenzverfahrens trat in Kraft und damit für weitere überschuldete Personengruppen neue Chancen, eine Entschuldung zu erreichen.
Im Juli 2010 wurde vom Gesetzgeber das Pfändungsschutzkonto, kurz „P-Konto“, eingeführt, womit den von Überschuldung Betroffenen ein besserer Schutz ihres Kontoguthabens ermöglicht wurde. Sowohl das Insolvenzrecht als auch das Kontopfändungsrecht wurden mehrfach reformiert. Mit jeder Reform standen die Beraterinnen und Berater vor
neuen Herausforderungen, mit mehr Zuständigkeiten, Kompetenzen und Aufgabenbereichen, die es galt, zum Wohle der Ratsuchenden umzusetzen.

In den vergangenen 30 Jahren konnten tausende Menschen im Kreis Düren von der Sozialen Schuldenberatung profitieren, so das Resümee. Der Erfolg zeigt sich dabei nicht nur in Zahlen, sondern vor allem in den persönlichen Geschichten: Familien und Einzelpersonen, die ihre Existenz sichern konnten, Alleinerziehende, die neuen Mut
gefasst haben oder junge Erwachsene, die frühzeitig vor der Schuldenfalle bewahrt wurden.
Trotz der steigenden Zahl an Hilfesuchenden zeigen Statistiken, dass die meisten der beratenen Personen ihre finanzielle und psychosoziale Situation durch professionelle, sozialarbeiterische Unterstützung nachhaltig verbessern
konnten. Die Kombination aus individueller ganzheitlicher Beratung, präventiver Aufklärungsarbeit und rechtlicher Unterstützung macht dabei den Unterschied zu gewerblichen Anbietern von Schuldenberatung aus.

Während früher vor allem Bankverbindlichkeiten im Fokus standen, sind die Gründe für Überschuldung heute vielschichtiger. Arbeitslosigkeit, krankheitsbedingte Einkommensausfälle, Einkommensarmut, Scheidung und Trennung,
Konsumverhalten und gescheiterte Selbständigkeit bleiben die häufigsten Auslöser für Überschuldung. Die Problemlagen der Klienten werden immer komplexer und erfordern zeitaufwendige sozialarbeiterische Begleitung, halten die Mitarbeitenden der Beratungsstelle fest.
Energiekrisen, Mietpreissteigerungen, steigende Gläubigeranzahlen und die Folgen globaler wirtschaftlicher Unsicherheiten stellen die Beratung vor immer neue Herausforderungen. Hinzu kommt die Digitalisierung: Schnell abgeschlossene Online-Kredite oder der „Klick-Kauf“ im Internet erhöhen das Risiko, den Überblick über
die eigenen Finanzen zu verlieren. Dies betrifft nicht nur junge Erwachsene (18–29 Jahre), die hiervon besonders betroffen sind, sondern zieht sich durch alle Altersgruppen. Diese besorgniserregende Entwicklung hängt häufig mit mangelnder finanzieller Bildung zusammen.

Die steigende Altersarmut führt dazu, dass die Nachfrage nach Schuldenberatung in der Altersgruppe der über Sechzigjährigen kontinuierlich zunimmt. Um diese Altersgruppe besser erreichen zu können, wären spezialisierte Beratungskonzepte und -angebote notwendig, lautet eine Erkenntnis des Jahresberichts.

Trotz aller Erfolge bleibt die Arbeit der Sozialen Schuldenberatung im Kreis Düren wichtiger denn je. Laut aktuellen Prognosen der „Bundesarbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung“ wird die Nachfrage nach Schuldenberatung in den
nächsten Jahren weiter ansteigen. Eine starke politische Unterstützung ist unerlässlich, um den Schuldnerschutz für die Klienten zu verbessern und die Beratungsstellen personell und finanziell ausreichend auszustatten.
Präventive Bildungsarbeit, nicht nur für junge Menschen, wird immer relevanter. Studien zeigen, dass vielen Bevölkerungsgruppen grundlegende Kenntnisse zu Themen wie Budgetplanung, Vertragsrecht und Kreditwesen fehlen.

Bleibt am Ende ein gemischtes Fazit: 30 Jahre Soziale Schuldenberatung im Kreis Düren seien zweifellos ein Erfolg. Nicht, weil das Problem der Überschuldung gelöst wäre, sondern weil es zwei Beratungsstellen gibt, die unermüdlich daran arbeiten, Betroffenen eine neue Perspektive zu geben. Die Soziale Schuldenberatung ist ein Symbol dafür, dass niemand mit finanziellen Sorgen allein gelassen werden muss – und das ist ein Erfolg, der weit über Zahlen und Statistiken hinausgeht.

Ein Blick in die Statistik des letzten Jahres: Im Berichtsjahr 2024 wurden von den beiden
Beratungsstellen 1.797 Ratsuchende persönlich beraten. Hiervon waren 1.075 Fälle Erstberatungen. Von den neuaufgenommenen Fällen wurden 391 Personen im Bürgergeldbezug von der job-com zugewiesen oder meldeten sich
selbst zur Schuldenberatung an. Im Vorjahr lagen die Zahlen bei 1.740 Beratungen mit 1.056 Erstberatungen.
Zusätzlich nahmen mehrere hundert Ratsuchende ausschließlich telefonisch Kontakt zu den Schuldenberatungsstellen auf. 789 Klienten wurden zum Privatinsolvenzverfahren beraten.

Unter den Gläubigern sind mit rund 16 Prozent vor allem öffentliche Gläubiger wie etwa Krankenkassen, Finanzämter, Unterhaltsvorschusskassen oder die Jobcenter. Hier steht als Entschuldungsmöglichkeit meist nur der Weg über ein Insolvenzverfahren offen. Energieversorger sind in Düren mit 1,37% und in Jülich mit 5,3%, also einem wesentlich geringeren Anteil aller Gläubiger vertreten. Bei Mietschulden liegt der prozentuale Anteil bei unter 2%.

Damit der Weg gar nicht erst in die Schuldenfalle führt, setzen die Beratungsstellen auf Prävention und fangen damit schon bei den Jüngsten an. So ist mit Vorschulkindern das Thema Kreislauf des Geldes erarbeitet worden. In Rollenspielen zeigten die Kinder reges Interesse an der Entwicklung vom Tauschhandel bis zu den heutigen Zahlungsmitteln. Ebenfalls standen die Präventionsfachkräfte Lehrerinnen, pädagogischen Mitarbeitenden von Kindertagesstätten und auch dem Personal anderer Beratungsstellen in Einzelfragen zur Verfügung. Dies führte zu einer kritischen Auseinandersetzung mit dem eigenen Konsumverhalten und dazu, die Problemlagen von armutsbetroffenen Haushalten besser einzuschätzen und die Bedürfnisse von Kindern und Jugendlichen genauer beurteilen zu können.
Das bereits im Vorjahr etablierte dreiteilige Finanzkompetenztraining „Fit in Finanzen“ fand im Berichtsjahr erneut in mehreren Durchläufen an verschiedenen Gymnasien und Gesamtschulen mit insgesamt 200 Teilnehmenden statt.
Evangelische Gemeinde zu Düren
Die Adressen der beiden Beratungsstellen:

Evangelische Gemeinde zu Düren, Wilhelm-Wester-Weg 1 B, 52349 Düren
Telefon: 02421 / 188-130
www.schuldenberatung-dueren.ekir.de

Diakonisches Werk des Kirchenkreises Jülich, Am Evangelischen Friedhof 1, 52428 Jülich
Telefon: 02461 / 9756-0
www.diakonie-juelich.de


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here