Keine Frage: Hier steht ein Profi. 10 Jahre alt, 1,33 Meter groß,aber wenn sie einem mit den Armen vor der Brust verschränkt, Kinn selbstbewusst gereckt, nach hinten geflochtenen Zöpfen, die fast bis auf die Hosennaht reichen, Jeans und TShirt gegenüber steht glaubt man ihr sofort, wenn sie sagt: „Ich wollte schon immer berühmt sein. Also ich bin jetzt so 5 Prozent berühmt von 100, aber so langsam geht das schon.“ Annika Verhees, in ihrer Szene besser bekannt als B-Girl Annika, ist in ihrer Altersklasse Deutsche Meisterin im „Breaking“. Nur Laien, so erfährt das Gegenüber, sagen Breakdance.
Bis zur Meisterschaft war es bereits harte Arbeit und wenn die Ziellinie „berühmt“ erreicht werden soll, weiß Anni, wie ihre Eltern sie nennen, dass es in den kommenden Jahren so bleibt. Wie lange das dauern wird? Sehr visionär antwortet die Zehnjährige: „Das ist, als ob man fragt, wie groß der Apfel wird oder wie lange ein Haar wächst. Das kann man einfach nicht so richtig sagen. Ich muss ja auch noch meinen eigenen Style entwickeln“. Freizeit, oder das, was gemeinhin darunter verstanden wird, gibt es eher weniger. „Also das ist dann halt eine andere Lebensweise“, meint die Anni schulterzuckend und erzählt von den zwei Stunden Training täglich, dem wöchtentlichen Unterricht in Düsseldorf in der Tanzschule Endless Dance beim international bekannten B-Boy Airdit, und das Coaching per Videostream durch das Berliner B-Girl Jilou, ihre Mentorin. Da Jilou Familie im Rheinland hat, kommt sie sogar zuweilen auch nach Jülich zum persönlichen Training. „Jilou ist ein super Vorbild für mich. Ich will auch so werden wie sie. Ihr Unterricht gibt mir so unendlich wertvolle Informationen.“ Und durch gemeinsame Videos gibt sie Annika auch viel Sichtbarkeit, denn Jilou – die Anni inzwischen schon zweimal in der Jülicher Tanzschule Baulig besucht hat – zählt alleine auf Instagram 114.000 Follower. Dabei ist Annika selbst auch schon ein „Klickstar“: Die Lokalzeit des WDR drehte nach dem Meistertitel ein Reel über Annika, das mit über 2 Millionen Aufrufen bei Facebook und aktuell 3,7Millionen Aufrufen bei Instagram viral ging.
Wach, aufmerksam und diszipliniert. Das sind Adjektive, die einem sofort einfallen, wenn man Annika sieht. Auch wenn die Gesichtszüge des B-Girls noch kindlich und pausbäckig sind und das Glitzern der braunen Augen verrät, wie gerne sie lacht, nötigt sie einem Respekt ab: In ihrem Auftreten, ihrer Wortwahl und Klarheit. Seit ihrer lebensverändernden Begegnung mit dem Jülicher B-Boy Idida, der in ihren Kindergarten gekommen war, war ihr klar: „Das möchte ich auch machen“. Dankbar ist sie ihren Eltern, dass sie ihren Wunsch ernst genommen und sie immer gefördert haben. „Ich habe mich in das Breaking verliebt und dadurch habe ich auch sehr viel Erfahrung gesammelt. Tanz ist mein Leben“, sagt Annika, holt kurz Luft und ergänzt: „zum größten Teil. Klar Schule! Schule geht immer vor.“ Neben den zu vermutenden Fächern Musik und Sport ist das derzeitige Lieblingsfach Englisch. Auch das mit Bedacht, „weil beim Breaking ja alles total international ist. Bei der Weltmeisterschaft kommen sie ja aus allen Ländern und allen Städten, da ist die Hauptsprache Englisch, wie die ganzen Begriffe ja auch.“ Und dann erzählt sie von Airflares und Freezes von Headspin und Powermoves. Ja, stimmt sie zu, Breaking ist eigentlich männlich dominiert. Für sie selbst hat das keine Bedeutung. „In meiner neuen Klasse sind jetzt 19 Jungs und sieben oder acht Mädchen“, meint sie lakonisch. Aber die Unterschiede in der Umsetzung bei Wettbewerben kennt sie genau: Das Breaking bei Jungen und Männern ist eher mit Kraft verbunden, während Mädchen beweglicher sind, „noch eine coole Biegung“ oder „Freeze“ einsetzen.
Die Zeit, eine Jury zu überzeugen ist überschaubar kurz: Zwischen 30 und 60 Sekunden dauert ein Wettbewerbseinsatz ungefähr. „Das muss auch erstmal aushalten“, erklärt Annika, denn die Choreografien sind anstrengend. Ist die „Pre-Selection“, also die Vorauswahl geschafft, kann es bis zum Finale noch locker sechs weitere Einsätze geben. Damit istdas Repertoire von Annika bislang ausgeschöpft und dann kann sie nur noch mit „Freestyle“ punkten. „Die Schwierigkeit ist“, erklärt die Deutsche Meisterin, „dass man keinen Move doppelt machen sollte.“ Bewertet werden außerdem Kreativität, Musikalität, tatsächlich die körperliche Fitness und die artistischen Elemente.
Und Entspanung gibt es doch! Annika verrät, dass sie gerne malt, vor allem Häuser. Dann trifft sie sich gerne mit ihren Freundinnen Teresa und Noura und geht auf den Spielplatz. Außerdem hat sie eine Mini-Musikkapelle, diesie aus Überraschungseiern zusammengesammelt hat. Mit denen dreht sie improvisierte Videos – am liebsten derzeit zu Songs von ACDC. Und wenn dann noch Zeit übrig ist, dann lernt sie mal eben den „Dicken Dachdecker“ von Bodo Wartke auswendig und kann ihn auch gleich beeindruckend vortragen. Sollte es mit dem Breaking irgendwann nicht mehr klappen, kann sie auf Wortakrobatin umschulen.
Erfolge und Preise
2024 im Oktober wurde B-Girl Annika in Duisburg Deutsche SDF Meisterin im Breaking bei den Kids 1 vs 1.
2025 im März gewann Annika mit der amtierenden Deutschen DTV Meisterin der Juniorinnen, B-Girl Lakisha, beim großen Break the Rulez-Battle in Hannover das 2 vs 2.
2025 im Juli trat sie beim gemischten Style Kids Battle bis einschließlich 14 Jahre in Kaarst an und machte dann den 2. Platz.
2025 am 2. August durfte Annika hautnah bei B-Girl Jilou auf der Bühne sein. Bei den Deutschen Meisterschaften der Profis in Dresden, dessen Finale von ARD und das ZDF übertragen wurde, sicherte sich die Trainerin von Annika zum dritten Mal den Deutschen Meistertitel. Bei ihrer ersten Teilnahme an den German Championship Finals Junior 2025 im August in Dresden kam Annika als jüngste Starterin im Feld unter die besten 8 B-Girls Deutschlands bis einschließlich 15 Jahre.
2025 Ende August nahm Annika mit Lakisha die Einlaudng zum Fest der Vielfalt auf Einladung der Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen an, der auf dem Aachener Katschhof stattfand.
Unter anderem trat Annika auf Einladung der Stadt Düren beim Jugendtag „Vision 4U“ im Haus der Stadt und beim breakfast4kids, dem „Größten Frühstück der Euregio“ auf dem Aachener CHIO Gelände, im Frühjahr auf. Annika war in diesem Jahr schon in der gesamten Bundesrepublik (als B-Girl) unterwegs wie zum Beispiel in Hamburg, Berlin, Thüringen und Baden-Württemberg.
Außerdem folgten weitere Fernsehproduktionen für Annika.