Es ist ein ständiges Kommen und Gehen an diesem Dienstagnachmittag: Auf dem Fußballfeld am Ende der Steinstraßer Allee sind parallel mehrere Mannschaften unterschiedlichen Alters mit Lauf- und Spieltraining beschäftigt. Zaungäste beobachten den Betrieb – sichtbar sind nicht alle Eltern, die den Nachwuchs begleiten. Im Vereinsheim sitzen entspannt drei ältere Herren an der Theke und „klafen“. Auf den ersten Blick ist klar: Hier ist Leben.
Das soll die Zukunft sein, wenn man Ulrich Kalisch, 1. Vorsitzender der FC Germania Lich-Steinstraß, zuhört: Was mal als reiner Verein für Freunde des Rasensportes vor 100 Jahren begonnen hat, entwickelt sich immer mehr zur Begegnungsstätte für die Lich-Steinstraßer. Etwas flapsig abgekürzt könnte man sagen: „Bierchen trinken – gesellig sein.“ Der Hintergrund ist ein einfacher, wie Kalisch erläutert: Die Bürgerhalle in Lich-Steinstraß wird nur geöffnet, wenn sie für Festivitäten vermietet ist. Das Stammlokal „Maiblömche“ ist geschlossen. Die letzte Lokalität des Ortes hat inzwischen zwei Ruhetage, und damit fehlt ein Raum, an dem Dorfgemeinschaft gelebt werden kann.
In dieser Erkenntnis hat „die Germania“ bereits aufgerüstet: Dreimal in der Woche ist das Vereinsheim geöffnet, wenn trainiert wird oder Heimspiele sind. Außerdem wird geöffnet, wenn freitags die Bundesliga spielt. Auf zwei Beamern können Fans mitfiebern. Die Bildschirme kommen aber auch bei Heimspielen zum Einsatz: Der Verein hat eine Kamera eigens für den Fußball angeschafft, die in der Platzmitte montiert wird, per Stativ auf bis zu fünf Meter hochgefahren werden kann und durch zwei auf den Platz ausgerichtete Linsen das Spielfeld „im Blick“ hat – Ballverfolgung inklusive. Fast wie bei den Profi-Stadien. Der Charme: Zuschauer können das Spiel fast hautnah verfolgen. Ein Service, den vor allem die älteren Fans gerne nutzen – Thekenservice eingeschlossen.
Und jetzt geht es noch einen Schritt weiter: „Unser Projektvorschlag ist genehmigt“, sagt Ulrich Kalisch durchaus mit sichtbarer Freude und Stolz. Das Gremium der Leaderregion Rheinisches Revier an Inde und Rur e.V. hat den Plänen zugestimmt, die in den Bereich „regionaler Zusammenhalt“ fallen. Konkret geht es um den verwaisten Bolzplatz, auf dem sich derzeit noch die Maulwürfe tummeln . Er soll „aufgewertet“ werden. So lautet das im Fachjargon. Das Areal ist rund 4000 Quadratmeter groß; groß genug für Mannschaftstraining der Germania – und mehr. Vorgesehen ist, den Platz zu ebnen – hier kommen dem Umsiedlungsort Lich-Steinstraß die Kontakte zu RWE zugute – und einen Kunstrasenplatz anzulegen. Dieser soll künftig neben dem Fußball auch anderen Sport- und Spielarten dienen. Geplant ist, ein mobiles Volleyballfeld einzurichten, Anbringungen für eine Slackline und einen Basketballkorb aufzubauen. In unmittelbarer Nähe ist eine Boule-Bahn im Gespräch. Wenn diese kommt, könnte das Vereinsheim sogar zur Kaffee-und-Kuchen-Zeit geöffnet sein. Perfekt für die ältere Dorfgemeinschaft. Gedacht wurde aber auch an die Jüngsten: Die Kindergärten Rappelkiste und Rurpiraten, die nach zehnminütigem Fußmarsch das Gelände erreichen können, sind eingebunden. „Sie können einen Ausflug hierhin machen und sich austoben.“ Der Platz ist sicher, weil umzäunt, aber mit Zugang für alle, die ihn nutzen wollen. „Es soll also etwas werden, das dem Ort insgesamt zugute kommt“, zieht Kalisch ein erstes Fazit.
Nach einem Jahr Vorbereitungszeit steht der Anstoß kurz bevor, um im Fußballbild zu bleiben. Der Antrag, den die Stadt Jülich für „die Germania“ stellen wird, ist kurz vor der Versendung in Richtung Köln. Dort wird eine letzte Prüfung erfolgen. Wie lange die Bewilligung dann dauert, ist noch unklar. Vorher darf nicht mit den Arbeiten begonnen werden – ehernes Gesetz bei Förderung. Und ein Eigentor will sich die Germania natürlich nicht schießen. Erst wenn die Bewilligung vorliegt, kann die Maßnahme ausgeschrieben werden. Fünf Wochen später sollte die Vergabe erfolgen, so dass Ulrich Kalisch damit rechnet, dass in den Sommerferien der Bolzplatz in Angriff genommen werden kann. Das Projekt hat ein Kostenvolumen von rund 300.000 Euro. 30 Prozent der Summe muss der Verein aufbringen. „Das ist sportlich“, räumt Kalisch ein. Aber mit Fantasie machbar. So soll beispielsweise der Bolzplatz pro Quadratmeter gegen Spende „vermarktet“ werden.
Zum 100-Jährigen wäre der FC in Lich-Steinstraß dann um eine Attraktion reicher und bürgernäher. Was ansonsten für das Jubiläum geplant ist, da hält sich der Vorsitzende noch bedeckt. Ein „Einlage-Spiel“ mit einem Bundesligisten schwebt Ulrich Kalisch vor. Aber das sind Planungen, die „ab dem Sommer“ angegangen werden.