Im Frühling des Lebens ist eine gesteigerte Aktivität nicht nur im Brustkorb zwar zunächst irritierend, aber durchaus erwünscht, da sie von Hormonausschüttungen herrührt, die mangels gegenteiliger Erfahrungen als beglückend gefühlt werden. Da liest man begeistert die eigenen Wünsche von den Augen des / der anderen ab – in dem oft unbegründeten Glauben, dass diese/r sie zu teilen willig ist.
Ein wunderbar verwirrter Zustand, der im Gegensatz zu späteren Krankheiten eher nicht von Dauer ist. Irgendwann und irgendwie relativieren und normalisieren sich Blut- und anderer Druck, die Herzen puckern so vor sich hin, man liebt das Leben und sich, vielleicht sogar einander… Und eines nicht vorhersagbaren Tages setzt erneut heftiges Herzklopfen ein – diesmal aus gegenteiligen Gründen: Man ent- und scheidet sich. Ja, so ein Herz macht schon was mit – mit seinen Inhabern. Wer das nicht kennt, der klopfe auf Holz und nicht noch Sprüche: „Geht doch mal zur Beziehungsberatung. Bei uns hat‘s geholfen, wir sind immer noch zusammen!“ Zusammen… Oder nur nicht auseinander…
Das nächste Herzklopfen löst dann nämlich meist die folgende Zahlungsaufforderung für dieses offensichtlich leider nicht unbedingt zielführende „Coaching“ aus, wie der Streit über die Begleichung nicht nur dieser Rechnung beweist. Folge deinem Herzen: zur Kardiologie…
Wie gesagt: am besten, dieses Organ tut einfach seine Arbeit so wie wir die unsere, und das möglichst stressfrei.
Gelegentliche Auf- und Erregungen sind keineswegs seiner Funktion abträglich, bisweilen sogar hilfreich, doch auch hier: Viel hilft nicht viel. Selbst wenn der Handgelenksdoktor in Form einer Multifunktionsuhr plus Handy-App anzeigt, man täte sich gerade etwas Gutes. Diese Dinger (Devices) werden gerne genauso überschätzt wie man sich selbst. „Die Datenauswertung hat ergeben, dass die Leiche erst in 8,3 Jahren hier liegen sollte“, sagt der Pathologe. Digitale Kontrolle ist selten besser als analoge Vernunft. Aber wem sage ich das… Dem Bestatter jedenfalls nicht mehr.
So weit, so lala. Schließlich sind wir keine Zweierbeziehungswesen, sondern mehr oder weniger auch soziale und müssen uns mittlerweile diesen Erdball mit über 8 Milliarden Menschen teilen. Eine Milliarde ist eine 1 mit 8 Nullen. Und manchmal befürchte ich, dass die Vernunft ähnlich auftritt:
Ein(e) Vernünftige(r) gegen mindestens 8 Nullen… Besonders übel wird es, wenn diese Nullen zwar nicht vernünftig, aber doch auch nicht gänzlich unintelligent sind. Muss ich jetzt noch die unsere derzeitige Weltpolitik bestimmenden Namen anführen?
Schön, naja, zumindest besser fände ich es, wenn mit deren Aussetzen der Vernunft auch das des Klopfens ihres nur organisch vorhandenen Herzens einherginge / -gegangen wäre. Ganz abgesehen davon, dass sich bei diesem Zusammenhang sicherlich auch die Weltbevölkerung ordentlich reduzieren würde. Nicht alle Probleme wären gelöst, doch immerhin viele erst gar nicht aufgetreten. Womit leider bewiesen ist, dass auch die Evolution nicht vernünftig ist, sondern nur sinnlos „optimiert“. Ihr derzeitiges Endprodukt, das dafür sorgt, ihre Hervorbringungen zügig und unwiederbringlich auszurotten, umgibt uns (s.o.) milliardenfach. Beeindruckend, wie dieses Wesen es immer wieder schafft, seine intelligentesten Erfindungen (s. Buchdruck, Radio, Internet) der Dummheit zur Verfügung zu stellen. Was der Förderung der Intelligenz durch Information dienen könnte, wird zur Verbreitung sinnloser Nachrichten und immer gezielterer Desinformation benutzt.
Wenn Sie diesen Artikel bis hierhin gelesen und verstanden haben, mag sich Ihnen der Eindruck aufdrängen, ich wäre nicht nur ein Kulturkritiker, sondern auch ein Misanthrop. Durchaus zutreffend.
Aber kein völlig hoffnungsloser. Ich habe immer noch ein Herzklopfen für Menschen – nicht nur die mir nahestehenden. Nur leider läuft da in der Welt etwas ab, was mir eher Herzrasen verursacht – sehr schlecht für Menschen in meinem Alter. Und auch für die noch jungen, hoffnungsvollen – und für den riesigen Rest der Menschheit.
Der Weg ist das Ziel, sagen sie – und lassen laufen.
Herzen klopfen, der Fortschritt rast – und so weiter. Wie gehabt.