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Leben und Sterben in Berlin

Wenn man schon nicht in die Welt hinausgehen kann, kommt die Welt im Idealfall nach Hause. Am besten geht das per Fantasiereise.

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„Kaum merklich, über Jahre, schleicht es sich ein. Man weiß nicht was. Mit spitzen Fingern zieht man die Folie ab, vorsichtig, als zöge man ein Häutchen vom Licht. Und plötzlich ist sie verschwunden, die sonst so helle Freude über das erste Birkengrün im Jahr, im Weiß des ersten Schnees…Doch dann nach Unzeiten, kommt sie wieder. Am Morgen nach der Heilung. Am Abend vor dem Tod.“

„Hitze“ ist ein etwas merkwürdiges Buch, wenn man das so sagen kann. Es beginnt langsam plätschernd und doch irgendwie mittendrin. Rothmann scheint ein Perfektionist, was das Erfassen von Stimmungen und Kleinigkeiten angeht. Fast scheint es, als würde er kein Buch schreiben, sondern ein Buch malen, so detailreich sind seine Tableauxs. So in die Tiefe gehen seine Szenebeschreibungen.

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„Hitze“ bleibt ein Ausschnitt aus dem Leben seines Protagonisten, einem ehemaligen Kameramann, der durch den Tod seiner Freundin so aus seinem Leben gerissen wurde, dass er seine Pläne und Ziele aus den Augen verloren hat. Orientierungslos, so scheint es, irrt er durch Berlin, arbeitet als Hilfskoch und hat keine Perspektiven. Solange, bis er Lucilla trifft, eine junge Stadtstreicherin aus Polen, in der er die Silhouette seiner toten Freundin zu erkennen glaubt. Sie zeigt ihm neue Gedanken und Wege für sein Leben.

DeLoo treibt durch Berlin, handelt, wo er es für nötig hält und kommt am Ende selbst unter die Räder der Großstadt, ernüchtert durch die Ironie des Schicksals, stirbt er am Ende, welch ebensolche Ironie, durch die durchdringende Kälte des Winters.

„Hitze“ denkt nach über zwischenmenschliche Beziehungen und das Leben. Traurig und ernüchternd ist es, ein Großstadtroman unserer Zeit, den es allein wegen seiner fantastischen, sprachlichen Größe zu lesen lohnt.

BUCHINFORMATON
Ralf Rothmann: Hitze | Taschenbuch |296 Seiten |  Suhrkamp Verlag | ISBN-13: 978-3518413968 | 11,- Euro

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Andrea Eßer
In Jülich geboren und dann nach der Schule ab in den Süden zum Studium der Wortjonglage. Nach einer abwechslungsreichen Lehrzeit mit den Prominenten dieser Welt, überwog das Heimweh nach dem schönen Rheinland und Jülich im Speziellen. Deckname Lottofee, liebt ihre Familie, Süßigkeiten, Kaffee, alles Geschriebene und Torsten Sträter. Anfällig für sämtliche Suchtmittel (nur die legalen natürlich). Hat schon mal eine Ehrenurkunde gewonnen und ihre erste Zeitung bereits mit zehn Jahren herausgegeben. Hauptberuflich strenger Händchenhalter eines Haufens vornehmlich junger Männer. Der Tag hat notorisch zu wenige Stunden für alle Pläne und kreativen Vorhaben, die meiste Zeit etwas verwirrt.

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