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„Die anderen müssen aufpassen, wenn ich komme“

Aurelia Hoeps startet mit einem schweren Los in die Gewichtsklasse bis 52 Kg in Stuttgart bei den Deutschen Judo-Meisterschaften. Die Stetternicherin holte die Bronze-Medaille. Günter Vogel traf sie für den HERZOG zum Interview.

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Aurelia Hoeps mit ihrem Trainer Lars Entgens. Foto: Andrea Hoeps
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Sie ist 19 Jahre jung, sie ist ein Leichtgewicht, und sie möchte weiter nach oben, obwohl sie auf der Matte bleibt. Natürlich nicht mit ihrem Gewicht nach oben, sondern in ihrer Sportart, in der sie westdeutsche Meisterin in ihrer Alters- und Gewichtsklasse ist und Drittplatzierte bei den Frauen auf bundesdeutscher Ebene. Die Rede ist von Aurelia Hoeps aus Jülich-Stetternich, Judo ist ihr Sport, ja mehr: Leistungssport und Leidenschaft.

Wie kommt eine junge Frau dazu, wo andere in ihrem Alter eher ganz anderen Interessen nachgehen? „Judo war erst mal so, ein Zufall“, berichtet ihre Mutter Andrea. „Aurelia war immer schon sehr bewegungsintensiv, und so suchten wir für sie in Jülich einen Verein, in dem sie dies ausleben konnte.“ Der Jülicher Judo-Club war dann dieser besagte Zufall, der sich aber gleichzeitig als Glücksfall erwies, denn Aurelia Hoeps fing da mit 6 Jahren an. „Es machte nicht nur Spaß“, sagte sie selbst zurückblickend, „sondern Riesenspaß! Von den Anfängerkursen an war ich mit Feuereifer dabei und konnte gut mithalten.“ Da ist schon ein gewisses Understatement zu spüren, denn „gut mithalten“ reichte Aurelia Hoeps schnell nicht aus. Neugierig motiviert, Neues zu lernen und mit dem Ziel, weiterzukommen, wechselte sie zur TSV Hertha Aachen-Walheim. Dort trainiert sie seit 2019, unter anderem auch mit ihrer Schwester Cosima als Trainingspartnerin. Die Intensität, die sie dabei an den Tag legt, macht fast sprachlos: Vier bis fünf Trainingseinheiten zu je 90 bis 180 Minuten an drei Tagen absolviert sie in Walheim, hier besonders gefördert von ihrem Trainer Lars Entgens, dem sie deshalb viel verdankt und zusätzlich noch vier Trainings am Olympiastützpunkt für Judo in Köln.

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Olympia? Das lässt aufhorchen, ist Olympia doch der Traum aller Athleten. „Soweit ist es noch lange nicht“, schränkt die Trägerin des Schwarzen Gürtels, 1. Dan (Meistergrad) bescheiden ein. Erst mal sei sie glücklich und stolz auf das bisher Erreichte, vor allem in der Kürze der Zeit, die sie dafür brauchte. Als westdeutsche Meisterin der U21 (18-21 Jahre) war sie qualifiziert, um an den entsprechenden Meisterschaften in der Bundesrepublik teilzunehmen und über weiter gewonnene Kämpfe in Turnieren für die Meisterschaften der Frauen ohne Altersbegrenzung. „Den 3. Platz, also quasi die Bronzemedaille, den ich Ende Juni in Stuttgart geschafft habe, das war bislang das Sahnehäubchen in meiner Karriere, der größte Erfolg. Es war der Start in ein höheres Niveau“, beschreibt Aurelia Hoeps ihre Emotionen.

Aurelia Hoeps bei der Siegerehrung in Stuttgart. Foto: Andrea Hoeps

Und setzt ganz selbstbewusst hinzu: „Das war ein Ausrufezeichen! Ich bin kein Niemand mehr, man kennt mich jetzt, und die anderen müssen aufpassen, wenn ich komme.“ Von daher ist Olympia schon ein Gedanke von ihr, aber einer, der noch in weiter Ferne liegt. Denn auch bei guten oder auch sehr guten Erfolgen ist es an anderen, sie zu nominieren. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Es sei zwar möglich, bleibt Aurelia optimistisch, aber ob es was wird: „Mal sehen, schließlich ist der Leistungssport erst seit etwas mehr als zwei Jahren ein großer Teil meines Lebens.“

Auch da untertreibt sie wieder „leicht“. Denn eigentlich dominiert Judo ihr bisheriges Leben schon immer. Das hatte auch Auswirkungen auf ihre schulische Laufbahn, denn das Abitur 2021 schloss sie „nur“ mit der Durchschnittsnote 1,9 ab. So ändern sich die Zeiten: Vor vielen Jahren wäre mancher Abiturient vor Freude niedergekniet, heutzutage reicht das nicht, um den Numerus Clausus für Medizin zu knacken. Genau das will Aurelia Hoeps studieren und Ärztin werden. Um dem Ziel näher zu kommen, hat sie eine Ausbildung zur medizinischen Fachangestellten begonnen, auch Arzthelferin genannt. „Das ist für mich ein Schritt in die Richtung, den ich beruflich gehen möchte.“ Entscheidend sei aber, dass eine abgeschlossene Berufsausbildung den Notendurchschnitt anhebt und so der NC erreicht werden kann.

Ein anderer Vorteil: Die Ausbildung lässt sich auch noch mit ihrem zeitintensiven Training in Einklang bringen, was wahrscheinlich mit einem Medizinstudium zum jetzigen Zeitpunkt schwieriger werden würde. „Auch, wenn momentan kaum Zeit für anderes bleibt, den Judo-Leistungssport möchte ich keinesfalls missen“, ist sie sich absolut sicher. „Es ist schon eine große Herausforderung, da weiter an mich und meinen Leistungen zu arbeiten, aber es ist ein Glücksgefühl, in Köln im Olympia-Zentrum mit den ganz Großen zu trainieren.“ Als Beispiel nennt sie Anna Maria Wagner, die im vergangenen Jahr Weltmeisterin wurde und wie sie die ersten Erfolge im Juniorenbereich sammelte. Mit so einem Vorbild vor Augen sollte der Name Aurelia Hoeps also auf der Merkliste stehen für alle, die von Judo fasziniert sind. Zum Abschluss des Treffens mit ihr lag eine Frage natürlich auf der Zunge: „Was wäre, wenn Ihnen zum Beispiel auf dem Heimweg vom Training jemand etwas Böses wollte?“ Die Antwort kam trocken und mehr als spontan: „Dann läge der da!“ Woran nicht der mindeste Zweifel bestehen kann.

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Günter Vogel
Seit 1964 in Jülich, 1. Abi-Jahrgang 1972/73 des Gymnasiums Zitadelle. Danach Wehrdienst und Studium der Erwachsenenbildung, Psychologie, Soziologie und Politik in Aachen, ab 1981 wieder in Jülich und dort an der Volkshochschule tätig, die damals zunächst "JuLiA" hieß (VHS Jülich-Linnich-Aldenhoven), dann "nur" VHS Jülich und ab 2012 dann VHS Jülicher Land (ein Zusammenschluss im Nordkreis mit Aldenhoven, Jülich, Linnich und Titz). Von 1993 bis 2018 deren Leiter, daneben noch viele Jahre als Dezernent in der Stadtverwaltung aktiv. Leidenschaften? Ja, Skatspielen und Kochen, Geschichten ausdenken und schreiben mit den Enkeln und für sie, sportlich noch mit Tennis unterwegs. Und sonst? Der Süden Europas: Wenn die Grillen zirpen, der Himmel blau, das Wasser warm und das Bier kühl ist, dann ist die Welt in Ordnung.

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