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Competition der Rock-Talente

Neue Talente und innovative Künstler zu fördern: Dies hat sich das Programm „Isle of Talent“ auf die Fahne geschrieben, in dessem Rahmen vier Bands einen Wettbewerb im Jülicher Kulturbahnhof untereinander ausspielten. Damit schwappt das Aachener Kimiko-Festival bis in die Niederungen der Rur.

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Mit dem Isle of Talent-Festival will das Musik Netzwerk Aachen (MuNA) auf interessante Nachwuchsbands und Neuentdeckungen aufmerksam machen. Foto: Schenk
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30 Minuten hatte jede Formation bei „Isle of Talent“ Zeit, um sich und seine Kunst zu präsentieren. Genügend Raum für einen relativ repräsentativen Ausschnitt aus dem eigenen Repertoire im Gegensatz zum knappen Casting-Show-Format des TVs. Anreize gab es zudem, lockten immerhin Slots auf den Festivals Kimiko Isle of Campus und Kimiko Isle of Art in Aachen, dem Musik Marathon im belgischen Eupen sowie dem On Stage Festival im ebenfalls belgischen Genk für die Gewinner, darüber hinaus ein Coaching für die Drittplatzierten. Selbst der vierte Platz wurde noch mit einem Musik-Gutschein und einem Kasten Bier honoriert.

Die Farben der Herzogstadt vertraten dabei die Punkrocker von „Forger“, während „The Vult“, „Rednight“ und „Horizis“ für die musikalische Vielfalt der Kaisermetropole standen. „Es wird in fünf Kategorien bewertet“, erklärte im Vorfeld Rick Opgenoorth, der in einer Jury zusammen mit Creative Director Jens Michel, den Eventmanagern Julia Twickler und Ralf Kollek, Vocal-Coach Yen Anetzberger, Musik-Caterin Käthe Führer sowie KuBa-Geschäftsführer Cornel Cremer die Acts bewertete. Diese Aufgabe gestaltete sich zwangsläufig als nicht ganz einfach.

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Denn bereits das Duo „The Vult“ erzeugten eine enorme Power auf der Bühne, füllten die Lücken von nicht existierenden Instrumenten mit spannenden Arrangements, setzten Stopps und Pausen gewinnbringend für die Songs ein und sorgten mit Effekten für einen breiteren Basssound. Schließlich verzichteten Timo Schmidt (Schlagzeug / Gesang) und Tim Bender (Bass / Gesang) dabei in ihren Songs wie „Walking down the Line“ und „Thoughts made out of Glas“ keineswegs auf Melodien und Polyrhythmik – im Gegenteil: Gemeinsam entfachten sie in bester Royal-Blood-Manier einen schweren, zuweilen sogar swingenden Groove, wobei Tim Bender am Bass sogar noch Leadlines und Solomelodien einbrachte.

Mit ihren Sing-along-Hymns Marke 90er-Jahre-Grunge-Punk sorgten im Anschluss „Forger“ für schnörkellosen Party-Spaß. Über die Jahre haben sie ihrer Green-Day-Performance in Songs wie „Run out of Gas“ jede Menge zusätzliche Ideen zwischen Pop und Hardrock beigemischt, was sich insbesondere in den akzentuierten Arrangements und der pointierten Dynamik ausdrückte. Dabei strahlen Gitarrist Roman Schmitz, Bassist Niklas Schmitz und Drummer Tom Schmidt immer noch diese unwiderstehliche Nice-Guys-from-the-Neighborhood-Attitüde aus, die irgendwie permanent zum Mitfeiern einlädt, so dass man sich schon arg zwingen muss, nicht gleich auf die Bühne zu stürmen und mitzurocken. Und dann dieser unerhörte Konzertabschluss mit dem dreistimmigen „Punk Rock Scene“. Da kann mit einem Sieg kaum etwas schief laufen, oder?

Doch dann legen „Rednight“ los. Eben noch äußerst diszipliniert beim Soundcheck lassen sie es nach dem Startschuss mit geballter Wucht von Stand weg krachen. Sänger Maurice Klinge erwies sich als Mann großer weitgreifender Gesten, hatte etliche Posing-Positionen drauf und wirbelte über die Bühne, derweil Gitarrist Kilian Böttcher und Drummer Jannik Hackenbroich mit ausgefeilter Technik bestens unterstützt vom soliden Basser Lars Steffens versiert eine Perle aus der Hardrock-Pop-Sektion mit Metal-Anklängen nach der anderen dem Publikum feilbot. Mit „Lost“, „World of Pain“ oder „Rising Sun“ versprühten sie ebenfalls viel königliches Blut, zuweilen aber auch einen Hauch Metallica bis hin zum bassigem Phil Lynott-Timbre.

Danach versuchten „Horizies“, noch eine Schippe drauf zu legen. Bei ihnen passierte einiges – optisch wie auch musikalisch. Mit sphärischen Klängen führte Ramón Pfeiffer an den Keyboards den epischen Teppich für die harte Brett(er)-Arbeit der Gitarristen Alexandros Stylianides und Chris Fileti und den Punk-Metal-Drums von Daniel Pals. Bassistin Martha Wingens ging entweder achtelnotig den Groove mit oder setzte Nadelstich-Impulse mit sparsamen Akzenten bis zum Reggae-Gegenrhythmus. Gesangstechnisch erweiterte Marthas Screamo-Growlin‘ Bastian Seidensticker mit einem fast schon in das Opernhafte gehende Sopran. Als ausgesprochenes Bühnentier bewegte sich zudem Bastian, bemühte sich ständig, Kontakt zum Publikum aufzunehmen, verbal wie physisch. Daneben sprang Gitarrist Alex das ein oder andere Mal ins Publikum, das ruhig etwas zahlreicher hätte sein dürfen. Hoffentlich führen Aktionen wie das „Isle of Talent“ dazu, dass sich irgendwann wieder eine Rock-Szene in Jülich etabliert wie in den 90ern.

In Aachen scheint es momentan besser zu laufen, wie die gut funktionierende Gruppe an diesem Abend demonstrierte. Das Musiknetzwerk Aachen (MuNA) war nicht nur mit großem Banner präsent, sondern zeigte ganz praktisch, wie eine Zusammenarbeit funktionieren kann. Hier packte jeder Musiker mit an, um für die anderen Bands die Sachen zur Stage und wieder fort zu schleppen. MuNA, ein Kollektiv aus jungen Ehrenamtlern, sorgte von Konzeptentwicklung über Musikervermittlung bis zur Organisation dafür, dass „Isle of Talent“ über die Bühne gehen konnte. Als Moderator verlieh Till Görgen zudem MuNA in Jülich ein Gesicht.

Neben der Juryentscheidung gab es hier auch ein Publikums-Voting. Nach dem Konzert konnte die Anwesenden per Handy ihre Favoriten auswählen. Dabei ergab das Ranking Platz 4 für „Horizis“, 3 für „Forger“, Platz 2 ergatterten „The Vult“, und die Spitzenposition holte sich „Rednight“. Das Gesamtergebnis war ähnlich. Letztlich schaffen es „The Vult“ jedoch sogar noch vor „Rednight“ auf Platz 1. Offensichtlich hat der Jury die 2-Mann-Energie-Maschine derart gut gefallen, dass sie bei allen gut gepunktet hat und somit ein bisschen „Everybody‘s Darling“-Flair versprühen.

Genau dies ist wohl auch die Voraussetzung, um auf den Festivals zu bestehen. Der Musiker, Produzent und Manager Opgenoorth bemüht sich, das Ergebnis transparent zu halten. Ein Blick in die Unterlagen beweist insbesondere eins: Die Wahl war keineswegs abgesprochen. Vielmehr zeigte sich die Jury als ausgesprochen heterogen, wobei jeder Einzelne seine speziellen Vorlieben offenbarte. Unterschiedlicher konnte die Wertung kaum sein. Kunst und Musik zu beurteilen, ist halt äußerst schwierig. Selbst Kategorien wie Handwerk und Umsetzung lassen sich kaum in objektive Maßstäbe pressen. Dennoch: Im Mittelpunkt von „Isle of Talent“ stand ja die Förderung von Talenten der Region. Und dies ist ohne Wenn und Aber auch gelungen.


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