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Das Geschäft vor der Tafel

Der Comedian Martin Schopps ist nicht nur Lehrer, Vater sondern auch wortgewaltiger Künstler großer und kleiner Bühnen im Karneval. Jetzt hält er mit seinem Programm Schule „Inside“ einer Schüler- und Elterngeneration den Spiegel vor, was für große Heiterkeit im KuBa sorgte.

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Martin Schopps auf der Bühne des Kulturbahnhofs. Foto: Sonja Neukirchen
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Das wäre ihm sicher niemals in einem Klassenzimmer passiert: Klatschmarsch, Zugaberufe und begeisterte Pfiffe, die gar nicht aufhören wollten, nach seinem Auftritt im dicht bestuhlten KuBa in Jülich: Wenn Martin Schopps als Comedian die Bühne betritt, dann hat die Generation der Babyboomer jede Menge zu lachen – so auch an diesem Abend. Der studierte Lehrer für Deutsch und Sport versteht es wie kein anderer, das Verhalten der heutigen Generation von Schülern, überwiegend aus der Generation Alpha, zu charakterisieren und stellenweise wohl auch zu karikieren.

Aber auch die Eltern bekommen ihr Fett weg, und das Lehrer-Zimmer wird in seiner Show zur Fundgrube für charakterliche Sonderlingen – in diesem Fall auch Sonderpädagogen genannt. In seinem Programm Schule „Inside“ zeigt Schopps, wie das Geschäft frontal vor der Tafel heute so abläuft.

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Er betritt die Bühne und jeder weiß sofort: Er ist der Lehrer-Typ, wie er da so selbstsicher und kumpelhaft am Mikro steht und wahlweise auch in die Seiten seiner Gitarre greift. „Wie isset?“ fragt er salopp zur Eröffnung und erklärt in kölscher Manier, dass man so eine Bühne wie im KuBa ja nur über Klüngel bekäme.

Dass der aus dem Karneval und von großen Bühnen verwöhnte Comedian damit vielleicht etwas Understatement betreibt, scheint ihm egal. Hauptsache er hat eine gelungene Überleitung zum Thema „Kölsche Klüngel“ parat, den man ja sicher auch in Jülich kenne, und den er in drei Phasen beschreibt. Dass ihm sein Germanistikstudium hier offenbar zu höchsten Weihen in der Kenntnis Kölschen Liedguts verholfen hat, wird schnell jedem klar: Er kennt sie alle die Lieder der Bläck Fööss, Höhner, BAP und Klüngelköpp und strickt die Textpassagen gekonnt zu einer lustigen Geschichte über die kleinen Dreckigkeiten des politischen und wirtschaftlichen Tagesgeschäfts in Kölle und dem rheinischen Umland zusammen. Auf den Punkt gebracht laufe das dort so: „Der kennt eener, der eener kennt und der sitzt im Bauausschuss“.

Und in Richtung Lokalpolitik hätte Schopps gleich selbst eine Anregung: Statt der Diskussion um die politisch korrekte Bezeichnung der „Mohrenstraße“ in Köln gäbe es doch wirklich Wichtigeres: Die Entfernung des Namens der Düsseldorfer Straße zum Beispiel, frotzelt er.

Sein Hauptthema aber ist der Schulalltag: Subjekt, Prädikat, Objekt – das würden die Schüler heute kaum noch kennen. Das „Komma“ schon gar nicht, „Koma“ dann schon eher. Und dass die von ihren Eltern für hochbegabt gehaltene Melody-Saphira „Homo Faber“ für einen schwulen Bleistift hält, gehört wohl heute auch zum Lehrer-Alltag. Das sei alles nicht ganz so schlimm, denn heute gehörten Türsteher, Dschungel-König oder Germanys Next Top Model zu den Traumberufen der Schüler.

Die wahre Katastrophe seien allerdings die Elternsprechtage, weiß Schopps. Besonders in der Kölner Südstadt, wo unter den Helikopter-Eltern auch Kampfhubschrauber lauerten. In Köln-Ostheim dagegen sei das Milieu sehr gemischt. Wenn da die Mutter der Jaqueline Schmitz fragt, warum die Tochter eine „sechs“ bekommen habe, müsse er manchmal antworten: „Weil es keine sieben gibt“.

Und die Mutter von Finn-Lasse, ihres Zeichens Klangschalen-Therapeutin, sei da oft anderer Meinung als der Vater von Joel Noel, der Metzgermeister von Beruf ist und sich beschwert, dass die Schüler die Cola nicht mit auf die Klassenfahrt nehmen dürfen, um sie in den Whiskey zu mischen. Den könnten sie doch nicht pur trinken.

Überhaupt weiß der humorvolle Lehrer, dass Namen für Kinder Türen öffnen, aber auch schließen können. Sein Spott macht auch vor Promis nicht halt: Da sei zum Beispiel die Tochter von Ed Sheeran mit ihrem Namen Lyra Antarctica Seaborn, die wohl dort auf hoher See geboren wurde. Und er fragt sich allen Ernstes, wie das nun Vorbild für seinen Bekannten sein könnte. Der hätte sein Kind nach dieser Logik „Saufen Nippes Zangengeburt“ nennen müssen.

Als Vater von zwei Kindern kann Schopps natürlich auch aus dem Nähkästchen plaudern: Nämlich, dass die FFP2 Maske eigentlich dazu erfunden worden sei, um das Zimmer eines jugendlichen Pubertier zu betreten, das man außerdem nie ohne eine ganze Sammlung an benutzten Tellern, Tassen und sonstigem Geschirr verlassen könne.

Wie nah so manche Lehrer-Anekdote der Wirklichkeit entspricht, werden wohl nur die Lehrer im Publikum beurteilen können. Und hier „outete“ sich auf Schopps aktive Nachfrage nur eine Grundschullehrerin. Er jedenfalls ist sicher: „Wir waren die goldene Generation und konnten noch Abenteuer erleben“. Damit drückt er den Schülern indirekt sein Beileid aus, die heute mehr von Influencern lernen, beeinflusst würden. Und deren Gehirn seien ja leider oft nur eine Sicherheitskopie vom Arsch, gibt Schopps saftig zu bedenken.


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