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„Rheinisch taktlos, aber treffend“

„Es ist schwer, bescheiden zu sein, wenn man so großartig ist, wie ich“, ertönt es im Chor, von hörbarem Gelächter begleitet, aus dem Zuschauerraum der großen Halle im Kuba. Doch von vorne.

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Publikumsnah: Anka Zink beim Autogrammschreiben im Kulturbahnhof. Foto: Britta Sylvester
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Anka Zink gastierte im Jülicher Kulturbahnhof und viele Menschen waren gekommen, um sich von der Kabarettistin mit spitzer Zunge erklären zu lassen, wie man denn nun so richtig wichtig wird. Oder zumindest erfolgreich so tut als ob. Mit Augenzwinkern und erstaunlicher Treffsicherheit sezierte Anka Zink knapp zwei Stunden lang das Gebaren ihrer Mitmenschen und machte dabei auch vor sich selbst nicht halt.

Vom merkwürdigen Verhalten befreundeter Erwachsener in Whatsapp-Gruppen über Mett-Igel in veganer Variation und Kellner mit Oberarmen wie Psychiatriepflegern, die den eigenen Namen in den handaufgeschäumten Sojamilchschaum auf dem Latte einritzen, hielt Anka Zink ihrem Publikum in rasanter Themenfolge den Spiegel vor. „Rheinisch taktlos, aber treffend“, stets mit einem hintergründigen Lächeln und ausgesprochen guter Beobachtungsgabe ausgestattet, machte Anka Zink auch vor den Mächtigen der Welt nicht Halt: Der Dieselskandal und die deutsche Politiklandschaft bekamen ebenso ihr Fett weg wie Donald Trump und Boris Johnson, „Wenn man sich die so ansieht, dann weiß man, dass Blondinenwitze eine Berechtigung haben!“

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Und auch ernste Töne kann Anka Zink. So verstummte bei der bewusst provokanten Frage: „Wer ist denn Schuld, dass minderwertiger in Plastik verschweißter Sondermüll in unseren Einkaufswagen landet? Wir!“, auch der letzte Lacher kurzzeitig. Doch bevor es dem Zuhörer so richtig unangenehm werden konnte, hatte sie auch die nächste Kurve schon wieder genommen und widmete sich mit Höchstgeschwindigkeit dem nächsten Thema. Unterbrochen nur von einer kurzen Pause, die die Kabarettistin dafür nutzte, das Buch „Querulantinnen“ an den Mann und die Frau zu bringen, vergingen die beinahe 120 Minuten wie im Fluge.

Die gebürtige Rheinländerin hat es verstanden, mit viel Wortwitz und einer guten Prise schwarzem Humor die unmöglichst erscheinenden Themen miteinander zu knüpfen und den Bogen vom „Ende der Bescheidenheit“ über internationale Politik, Umweltschutz, private Partys, Verwaltungsschelte und bedingungslosem Grundeinkommen hin zu Muhammad Alis berühmter Aussage zu schlagen. Und hat damit ihr Publikum schließlich überzeugt, bereitwillig mit ihr im Chor zu rezitieren: „Es ist schwer bescheiden zu sein, wenn man so großartig ist, wie ich!“. Einfach mal loben, und im Notfall auch sich selbst – mit dieser Empfehlung endete ein unterhaltsamer, durchaus auch nachdenklich machender, lohnenswerter Kabarettabend.

Zum Buch: „Querulantinnen“ ist im Reclam-Verlag erschienen, kostet 12,95 Euro und beinhaltet Texte von 27 deutschsprachigen Kabarett-Künstlerinnen. ISBN 978-3-15-020513-6


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