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Orden-tliche Reise durch die Geschichte(n)

1824 brachte die neue preußische Obrigkeit Ordnung in den Kölner Karneval und stellte, obgleich sie unbeliebt war, für den ersten Rosenmontagszug sowohl Pferde als auch die zurückgelassenen Uniformen der französischen Leibgardisten zur Verfügung. Die so militärisch und wahrscheinlich lächerlich anmutende Prozession machte sich fortan, durch die Verleihung von Orden, über die Steifheit und das Eigenlob des Militärs lustig. Eine kleine orden-tliche Reise durch die Historie von Jülich und dem Rest der Welt.

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Ein Orden kommt selten allein… Foto: Björn Honings
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Wer kennt sie nicht? Die meist metallenen Kleinode die jährlich zur fünften Jahreszeit verliehen mit Stolz zur Schau getragen werden. Der eine sammelt sie akribisch, der andere häuft sie nur an. Viele andere sehen sie vielleicht in scheinbarer Unerreichbarkeit oder nehmen sie im geordneten Chaos des Närrischen Treibens gar nicht wahr. Die Orden der Karnevalsgesellschaften sind so wenig weg zu denken, wie Kamelle und das Schunkeln, denn sie sind seit jeher Teil der Tradition – und immer auch ein Zeugnis der Zeitgeschichte.

Oder der Jülicher KG Ulk von 1999. Foto: Björn Honings

Die meisten, wenn nicht alle, Karnevalsorden sind sicherlich vor allem eine Art der Selbstdarstellung und –verewigung. So Aber es lassen sich nicht nur Dreigestirne und Jubiläen der vergangenen Jahre gut zurückverfolgen. Im Rückblick auf die vergangenen Sessionen sind aber auch immer wieder bedeutende Ereignisse zu finden. So wurde dem Jülicher Peter Grünberg im Jahr seiner Nobelpreisverleihung 2007 eine Ehrerbietung erwiesen. Ebenso braucht so mancher kein Geschichtsbuch zu öffnen um zu erfahren in welchem Jahr der Euro Einzug hielt, einzig ein Blick auf die gut geordnete Sammlung genügt.

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Wie bei anderen Karnevalsgesellschaften wird auch bei der „Grossen KG Rurblümchen“ seit 1926 jedes Jahr ein neues Motiv gewählt, doch bleibt man sich im Design treu. So wird jedes Jahr ein historischer oder anders bedeutsamer Teil der Stadt eingerahmt und mit einem eigens ausgewählten Spruch „op Platt“ versehen. So wird Stadtgeschichte am Leben und in Erinnerung gehalten denn, „Em ahle Jülich, dat es kenne Spass, wor an de Kirch de Köttelsjass“.

Orden der KG Rurblümchen 2002. Foto: Björn Honings

Anders aber nicht weniger historisch ist auch der der Ausruf der KG Ulk, „Hölp Jülich“ der 1993 seinen Weg auf den Orden fand. Das Südtor der Zitadelle war bis dahin von der Stadt aus über einen aufgeschütteten Erdwall zugänglich. Über den freizulegenden Überresten der alten Brückenpfeiler sollte eine moderne Brücke entstehen, was bei weitem nicht nur auf Zustimmung traf und hoch diskutiert wurde. Durch die Gestaltung in Schildform und einem entsetzt drein blickendem Narren unter der Brücke, wird deutlich wie hier, wenn nicht einem Unmut, dann doch zumindest einem Unwohlsein Luft gemacht. Nichtsdestotrotz steht heute die Pasqualini Brücke.

Der kreative Geist kann sich selbst allerdings auch Geniestreiche vorwegnehmen. So hatte der Orden (siehe Titelbild) zum Viertel-Jahrhunderts-Jubiläum des Präsidenten der CCKG, in Anlehnung an die amerikanische Präsidentschaft, das Motto „4 more Biers“. Aber damit, dass sich ein Amerikanischer Präsident und seine Horde „4 more years“ brüllender allerdings so sehr aufführen würden, hat wohl damals niemand kommen sehen.

Orden der CCKG neV von 2018. Foto: Björn Honings

Doch wie es das Schicksal will, wird genau die Session die eigentlich eine Art Neuauflage verlangen würde durch Corona verhindert. Aber ein politisches Sticheln kann auch gewollt sein, denn 2018 wäre die Frage, ob das noch nur ein Orden oder schon Kunst sei, definitiv angemessen gewesen.

Auch die Stadt Jülich begann selbst Karnevalsorden zu erdenken und so sieht der fleißige Sammler, wenn er es denn nicht sowieso im Kopf hat, dass „wir“ 2013 das JÜL Kennzeichen zurückbekommen haben. Nicht nur auf einem der vielen Orden der Jülicher Jecken verewigt ist ebenso das Jahr der umstrittenen Muschel, die nun den Blick auf Teile des Brückenkopfes nimmt.

Gerne richtet sich das zwinkernde Auge der KGs aber auch auf sich selbst, wie etwa wenn der Versuch ein Vereinslokal auf die Beine zu stellen, sich so sehr in die Länge zieht, dass man selbst auch nur noch darüber lachen kann.

Orden der Historischen Gesellschaft Lazarus Strohmanus. Foto: Björn Honings

Etwas gänzlich Besonderes ist die, Achtung, „Historische Gesellschaft Lazarus Strohmanus“. Obwohl keine Karnevalsgesellschaft, wird auch von ihnen jedes Jahr ein Orden erdacht. Der jedes Jahr aufs Neue geborene und getaufte Lazarus Strohmanus wird zu Veilchendienstag durch die Stadt geführt wird und „gepreckt“. Wie jedem Jülicher Jecken bekannt, wird er mittels eines Sprungtuchs in die Luft geworfen und aufgefangen.

Weniger bekannt ist vielleicht der Hintergrund: Der Strohmann wird symbolisch mit den Sünden der Städter beladen und muss auf diese Weise für uns büßen bevor er am Abend vor Aschermittwoch von der Bürgermeisterbrücke in die Rur geworfen wird, nur um im nächsten Jahr wieder aufzuerstehen. Gefolgt vom Feuerwerk beendet sein Tod die Jülicher Session. Im Jahre 1700 gegründet feierten sie vor mittlerweile 21 Jahren ihr 300 Jähriges bestehen. 2019 gab es den 29 x 11 jährigen Jubiläumsorden.

Orden der KG Schnapskännchen von 1993. Foto: privat

Viel Lokalkolorit verschreibt sich auch die KG Schnappskännchen Güsten: Der Orden von 1993 etwa, als der Vorsitzende Hans Breuer mit zwei Kollegen aus dem Elferrat im Sommer 1992 eine Flugreise nach Mallorca gebucht hatten. Das genaue Datum ist natürlich nicht mehr bekannt. Jedenfalls hat Hans sich mit dem Datum vertan und so kam die Truppe zwar zur richtigen Uhrzeit, aber einen Tag zu spät am Düsseldorfer Flughafen an. Das Flugzeug hatten sie also um 24 Stunden. Die Drei mussten daraufhin natürlich viel Schadenfreude über sich ergehen lassen, der dann im Motiv des Ordens gipfelte.

Wer mehr über die Orden und ihre Hintergründe wissen möchte, muss die Bilder einzelnd anklicken


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1 KOMMENTAR

  1. Sehr geehrter Herr Honings. Zuerst einmal darf ich sagen, dass der von Ihnen verfasste Artikel sehr gut und amüsant geschrieben ist! Ich darf sie aber höflich darauf Aufmerksam machen das auch wir, die KG Rursternchen Jülich 1948 e.V. in ihrem Bericht gerne Erwähnung gefunden hätte! Selbstverständlich verleiht unsere KG jährlich an alle Mitgliederinnen und Mitglieder den aktuellen Sessionsorden. Bis zum Jahre 2009 waren im übrigen auch bei uns Motive aus dem alten Jülich üblich. Und auch das über Jahre hinweg. Erst ab 2010 haben wir uns entschieden die Ordensmotive moderner zu gestalten. Es wäre sehr schön gewesen das im Zuge ihrer Recherchen auch wir, als Stadtjülicher Gesellschaft Berücksichtigung gefunden hätten. Aber was nicht ist kann ja noch werden. Vielleicht in irgendeiner anderen Art und Weise! In diesem Sinne, mit karnevalistischem Gruß, Peter Lontzen, Präsident KG Rursternchen Jülich.

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