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Lazarus Strohmanus

„Dä Mann“ ist ein Typ mit Tradition.

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Lazarus Strohmanus. Foto: LA MECHKY PLUS GmbH
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Die Anfrage für ein Interview vom Herzog kam gerade richtig für ihn! Obwohl der Strohmann eher ein schweigsamer Geselle ist. Doch dieses Mal steht er dem Herzog Rede und Antwort.

„In erster Linie fühle ich mich dankbar! Denn ich bin glücklich, dass mich meine Brüder und die Jülicher Bürger auch in solch schweren Zeiten nicht vergessen.“ So beginnt unser Mensch in dieser Ausgabe das Gespräch mit Frank Lafos. „Es ist für mich wunderbar, auch in diesen Zeiten, wo das öffentliche Leben und das Familienleben Kopf stehen, da sein zu dürfen.“ Er meint aber auch, die Jülicher haben schon Schlimmeres mit der nötigen Zuversicht, Arbeit und etwas Geduld überwunden. Er appelliert nachdrücklich und mehrfach, weiter gut zusammenzuhalten und besonders im (nicht stattfindenden) Karneval (der doch bestimmt irgendwie stattfindet) aufeinander Acht zu geben. Zugegeben paradox.

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Bei seiner Geburt war er leicht irritiert. Seine treuen Kameraden – viel weniger als sonst – hatten wie er gelernt habe „Mund-Nasen-Bedeckungen“ aufgesetzt. Ein erster Gedanke – die aktuelle Mode. Um die Jahrhundertwende 1900 hätten ja plötzlich alle Schnäuzer getragen. So groß wie die jetzigen Masken!  Und in den 70ern waren es Kotletten und Mähnen, die auch das halbe Gesicht verdeckten.

Ihm wurde erklärt, dass es sich um reine Vorsichtsmaßnahmen im Zusammenhang mit der Covid19 Pandemie handelt. Die Kameraden setzten die Masken noch nicht einmal für ein Bierchen ab. Er verstand, die Lage ist ernst und seine historische Gesellschaft muss versuchen, das Beste daraus zu machen. Sie haben gemeinsam überlegt, wie er, der Lazarus, unter den herrschenden Einschränkungen die Jülicher Bürger und Bürgerinnen erreichen kann.

Die Taufe war anders als sonst. Im kleinsten Kreis, ohne großes Tamtam, dafür sehr persönlich, fast intim. Außergewöhnlich und eine große Ehre ist es, dass David Ningelgen die Aufgabe des Padühm übernommen hat. Als erfahrener Mannträger wird er mit Sicherheit für des Lazarus Wohlergehen sorgen. Auf die Verleihung des Hexenturm Ordens an eine verdiente Jülicher Persönlichkeit wurde verzichtet. Unter den aktuellen Umständen wäre kein gebührender Rahmen möglich gewesen. Der Festumzug am Veilchen-Dienstag, ein Hauptakt des Brauchtums und ein weiterer Höhepunkt, wird in der gewohnten Form und Größe leider nicht stattfinden. Der Lazarus Strohmanus wird in dieser besonderen Session trotzdem Freude, Hoffnung und Zuversicht spenden. Auch wenn in diesem Jahr nicht an vielen Ecken aufgeworfen wird. Darüber ist „der Mann“ traurig, fast beleidigt. Wir reden hier von ca. 80 bis 100 Flügen mit jeweils rund 15 m Flugstrecke. Die entgangenen „Meilen“ werden ihm für 2022 gutgeschrieben. Das ist schon geklärt. Da wird einfach doppelt so hoch gepreckt!

Darauf angesprochen die Überlieferung besagt, dass der Lazarus Strohmanus eine Stellvertreterrolle für die Sünden der Menschen aus Fleisch und Blut einnimmt verrät er, eine statistische Auswertung der ihm anvertrauten “Kleinst-Sünden“ mache er eigentlich erst Veilchendienstag. Der Frage welche Verfehlungen dieses Jahr im Vordergrund stehen, weicht er gekonnt aus. Er deutet kopfschüttelnd an, für „realitätsferne Meinungsmache“ würde er wohl einiges ertragen müssen. Aufgrund des Virus und der nahezu komplett ausgefallenen Session wurde die Standardverfehlung „fremb jebützt“ wohl ausfallen – mit Maske auch eher eine langweilige Übung. Wird er über seiner Maske eine Maske tragen? Vielleicht für ein Foto, um der Vorbildfunktion gerecht zu werden und auch um den letzten Unbelehrbaren die korrekte Trageweise, über Mund und Nase, nahezubringen. Denn die Intelligenz der Maskenträger erkennt er mittlerweile an der Nase, kommentiert er maskenaugenzwinkernd.

Plötzlich ist Melancholie zu spüren, weil dieses Jahr wirklich vieles anders ist. Er wird nur verhalten zu hören sein, der Satz, den jeder Muttkrat seit seiner Kindheit hunderte Male gehört hat. „Was hat Lazarus mit zur Welt gebracht?“. Beziehen sich die Verse nicht ohne Grund jedes Jahr auf aktuelle positive oder negative Geschehnisse im Heimatstädtchen. Sie beinhalten auch ernst gemeinte Ratschläge für das gemeinschaftliche Leben oder Dienen der Ehrung einzelner Personen. Ein ihm aktuell sehr wichtiger Ratschlag steckt in einem Reimchen des letzten Umzuges aus 2020. Dieser lautet:

Wie in jedem Johr, don mir ons he präsentiere,
Öm met de Seniore, Fastelovend ze fiere,
Immer widder jär, jonn mir he noh die Adresse,
Öm üch ze zeije, Ihr set net verjesse,
Ihr stoht middedrin, un net donevve,
Ihr jehürt dozo,-,zo unserem Levve.

Gefragt wie es sich anfühlt zu wissen, wann sein Ende naht? Es macht vieles planbarer. Es ist schön zu wissen, dass er wieder zurückkommen wird. Die Lazarus Brüder stehen „In Treue fest!“ zu ihm. Der Abschied an der Rur ist immer mit Wehmut verbunden, da er nie genau weiß, wen er im nächsten Jahr wiedersehen werde. Oft schon war er verblüfft, was innerhalb seiner Abwesenheit alles geschieht. Für die Rückkehr im Jahr 2022 hofft er darauf, wieder wie altbekannt jepreckt zu werden. Denn darauf freut sich „Jung und Alt un och so mancher Jeck“.

Zum Ende des Gesprächs ist es unserem Strohmann wichtig, den Jülichern noch einige Empfehlungen mit auf den Weg zu geben:
„Bleibt optimistisch!
Genießt die Dinge, die ihr habt!
Helft euren älteren Nachbarn, macht Einkäufe für sie oder pflegt deren Gärten!
Unterstützt die ortsansässigen Händler und Gastronomen.
Euch Jülichern fällt schon was ein!“


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