Start Magazin Vorhang auf für die Open Air Kino Saison!

Vorhang auf für die Open Air Kino Saison!

Peers Kinokolumne verbreitet diesmal Freiluftgefühl für Cineasten.

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Peer Kling. Foto: Volker Goebels
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„Vorhang auf!“ Das ist das aktuelle HERZOG-Thema. Tja, das waren noch Zeiten, als man im Lichtspiel-Theater zunächst von einer freundlichen Dame an seinen Platz geleitet wurde, dann nach dem Vorfilm, es gab als Einstieg in die Traumwelt einen echten Vorfilm und nicht nur Werbung oder Programm-Vorschauen, der „Lange-Nasen-Mann“ mit dem Eiskonfekt kam und schließlich der sonore Gong mit einem Dreiklang ertönte. Das Licht wurde langsam gedimmt und magische Kräfte zogen den Vorhang auf. In einigen Lichtspielhäusern wird dieses Zeremoniell ja noch aufrecht erhalten, wohingegen bei so vielen Kinos schon längst der „last curtain“ gefallen ist, so wie beim Jülicher Capitol nach meinem Abschiedsfilm unter dem Motto: „Bitte Tasse mitbringen“ … Das war am 23. Dezember 1998. Damals wurden die Karten noch in DM bezahlt. Zur Erinnerung: Die Ausgabe des Euro als Bargeld begann am 1.1.2002. Der Name Capitol erinnert an das Kapitol in Rom und wurde im Laufe der Zeit auf verschiedene Kinos übertragen. Das Aachener Capitol ist für mich das schönste Kino in Aachen, allein schon wegen der unter Denkmalschutz stehenden Fassade und wegen der eigens im Stil der 50er Jahre neu entworfenen Einzel-Sessel mit einem kleinen Tischlein davor, auf dem wie im „Orientexpress“ ein kleines Lämpchen eine cosy Atmosphäre verbreitet. Hinter einer Riesentheke wird ein reichhaltiges und kultiviertes Angebot an Speisen und Getränken hervorgezaubert.

Am Anfang der „Feuerzangenbowle“ haben die alten Herren ja von den früheren Zeiten geschwärmt. Das mach‘ ich jetzt auch und werde dabei zugleich auch noch nachträglich dem Titel des letzten HERZOGs gerecht. Das Open Air Kino im allgemeinen und im speziellen ist das Thema und ich erzähle jetzt wie das damals „Hinter den Kulissen“ war, als ich 1996 nicht nur „Einen Sommer lang“ als erster Open Air Kino in Jülich veranstaltete.

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Los geht’s, Vorhang auf! Freie Sicht auf die Buchstaben! Es gab ein großzügiges Sponsoring der Institution, die damals noch unter dem Namen Kreissparkasse Düren firmierte. So konnte ich mir 30 Bierzeltgarnituren, eine fünf Meter hohe und zwölf Meter breite Leinwand und einen alten 35 mm Kino-Projektor der Firma Bauer leisten. Meiner Meinung nach war das der Mercedes unter den Kinoprojektoren. Als ich ihn im „Schwobeland“ von einem älteren ehemaligen Kinobetreiber – O-Ton: „I hätt da ah no änn Ponnoh“ – kaufte, gab es die Firma schon gar nicht mehr. Bauer stellte bereits Anfang der 1980er Jahre, lange vor der Digitalisierung des Kinos, die Produktion von Filmprojektoren ein. Mein Freund Ralf, der ihn mit einem Lampenhaus mit stärkerem Licht ausgestattet hatte, meinte dazu: „Die sind einfach zu gut, gehen niemals kaputt.“ Der final curtain zog sich mit wachsender Verbreitung des Fernsehens in den Haushalten ab den 1960er Jahren für viele Kinos zu. Das Kinosterben hat früh begonnen.

Allerdings kam es 20 Jahre nach dem Beginn des Kinosterbens dann Ende der 1970er Jahre zu einem Höhepunkt der Autokinos in Deutschland, das ich als einen engen Verwandten des Open Air Kinos ansehe. In der DDR gab es nur ein einziges davon, in Westdeutschland gut 20 im Maximum. Die Privatsphäre des Wohnzimmers auf vier Rädern, verbunden mit einem Filmerlebnis, war für viele junge Paare attraktiv. Sie parkten bevorzugt in der letzten Wagenreihe, der „Love Lane“. Das Autokino genoss einen gewissen Kultstatus, hatte aber zwei Nachteile: 1980 führten beide deutsche Staaten die Sommerzeit ein. Der Filmbeginn musste um eine Stunde nach hinten verschoben werden. So erklärt sich auch, dass Freitage und Samstage beim Open Air Kino bevorzugt werden, egal ob mit oder ohne Auto. Zudem erhielten die Autokino-Betreiber meist nur die Rechte zur Zweitverwertung von Filmen, so dass neue Produktionen erst sechs bis acht Wochen nach dem eigentlichen Kinostart gezeigt werden konnten.

Auto- und Open Air Kino sind saisonal begrenzt, damit etwas Besonderes mit Event-Charakter. Die Filmauswahl ist bei beiden ähnlich und reicht von aktuellen Blockbustern bis hin zu Kultfilmen, die auch gerne ein zweites oder drittes mal gesehen werden. Es gibt Freaks, die haben die „Rocky Horror Picture Show“ zig mal gesehen. Das ist dann schon fast eine Lebenseinstellung. Eine Ausnahme sind Horrorfilme, die sich bei Jungverliebten in den Autokinos besonderer Beliebtheit erfreuten, da sie zahllose Momente boten, in denen die Freundin bei ihrem Begleiter Schutz suchen konnte. Ich kann das bestätigen. Es war vor über drei Jahrzehnten bei der Hackebeil-Szene, in der Jack Nicholson unbedingt in ein Badezimmer eindringen will, in dem eine Frau vor Angst sieben Tode stirbt. Den Filmtitel brauche ich wohl gar nicht erst nennen. Meine damalige Freundin Brigitte ging wie eine Rakete nach oben ab in die Luft und landete gefühlte Sekunden später bei mir auf dem Schoß. Es gibt Zeugen. Zugegeben, es war in einem Saal.

Man geht gerne zu zweit oder in einer Gruppe ins Freiluftkino und genießt die Gemeinschaft. Es wird gerne gegessen und getrunken bei Wohlfühlfilmen. Die ernsten Problematiken dürfen meist nicht an die frische Luft. Beliebt sind Komödien. Ich zeigte die „Bluesbrothers“, und „Harold & Maud“. Da trifft Komödie auf Kult. „The Full Monty“ = „Ganz oder gar nicht“ war zwar auch sehr lustig, hat auch eine gewisse Tendenz zum Kult, hatte aber die Arbeitslosigkeit zum Thema und spielte damit vor einem ernsten Hintergrund. An diesem Film war die Musik die halbe Miete.

Das Programm der diesjährigen Open Air Saison in Jülich sich hier im Veranstaltungskalender Im Brückenkopf-Park werden die Filme gezeigt und zwar w Veranstalter Cornel Cremer hält darin 500 Plätze bereit. Ich bin das Zelt abgeschritten, während über mir laut klappernd die Störche patrouillierten. Ich kam auf etwa 27 m Länge und 16 m Breite. Die Leinwand misst 6 m x 3,45 m und steht auf einem Podest, so dass man über die Köpfe davor, trotz der in einer Ebene befindlichen Sitzreihen, hinwegsehen kann. Die „Kubaner“ haben 2010 mit dem Open Air Kino begonnen, im alten Laga-Zelt, in dem auch die Vorführungen in meinem letzten Veranstaltungsjahr, 1998 stattfanden, einmal bei einem totalen Gewitter. Es war zum Fürchten. In den Aluminium-Traversen haben sich Meter lange Blitze entladen. Es wollte aber niemand flüchten. Da war ja der Starkregen. Mein schönstes Open Air Kinoerlebnis als Veranstalter war 1997 die Vorführung von „Cinema Paradiso“, der emotional dichten Liebeserklärung an das Kino in einer lauen Sommernacht. Zu Beginn fuhr ich wie immer mit meinem Pferdeanhänger, passend für ein Pferd, das nun Projektor hieß, in die „Arena“ des Zitadelleninnenhofes ein. Vorhang auf! Film ab! Es war wunderbar.
An dieser Stelle möchte ich noch einmal, Jahrzehnte sind vergangen, meinen damaligen ehrenamtlichen Mitstreitern danken, namentlich Karl-Heinz Kück, meinem Vorführer. Ich habe Euch nicht vergessen.

PS: Also gut, ich sag´s: „Shining“


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