Start Stadtteile Jülich Bisher rätselhafter Prozess integriert

Bisher rätselhafter Prozess integriert

Seit der Entdeckung des Ozonlochs 1985 ist bekannt, dass Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) etwa aus Sprühdosen, Klimaanlagen und Kühlschränken die Ozonschicht angreifen. Nun gibt es neue Erkenntnisse, wie das Forschungszentrum Jülich mitteilt.

0
0
TEILEN
Foto: Adobe Stock
- Anzeige -

Seit Jahrzehnten gilt die Zerstörung der schützenden Ozonschicht der Erde als gut verstanden und mit Modellen berechenbar: Übeltäter sind chlorhaltige Verbindungen, die in verschiedenen Reaktionen das Ozon abbauen. Mit daran beteiligt ist Chlorwasserstoff (HCl). Genau zu dieser Verbindung gab es aber eine rätselhafte Beobachtung: Messungen im Winter im Kern des Polarwirbels zeigen jedes Jahr einen deutlichen Rückgang von Chlorwasserstoff (HCl), den die gängigen Modelle bislang nicht abbilden konnten – bisher ein offenes Rätsel in der Ozonforschung.

Ein Team vom Forschungszentrum Jülich und vom Mainzer Max-Planck-Institut für Chemie hat nun entdeckt, wie sich das Modell verbessern lässt. Sie haben es um eine bislang wenig beachtete Reaktion zwischen Dichlordioxid (Cl₂O₂) und HCl ergänzt. So erklärt das Modell den HCl-Rückgang und liefert zudem bessere Vorhersagen zum Ozonabbau. Die Ergebnisse sind im Fachjournal Communications Earth & Environment erschienen.

- Anzeige -

Ein Jülicher und Mainzer Forscherteam haben aufbauend auf alten, fast vergessenen Arbeiten norwegischer Forschender um David DeHaan aus dem Jahr 1997 eine weitere Reaktion in das Jülicher Atmosphärenmodell CLaMS (Chemical Lagrangian Model of the Stratosphere) integriert: die Reaktion von Dichlordioxid (Cl₂O₂) mit Chlorwasserstoff (HCl), bei der ebenfalls reaktive, ozonzerstörende Chlorverbindungen entstehen. Die Erweiterung beschreibt nicht nur die Abnahme von HCl im Polarwirbel realistischer, sie verbessert auch die Berechnungen für andere Chlorverbindungen – darunter Chlormonoxid (ClO), Chlornitrat (ClONO₂) und Hypochlorige Säure (HOCl). Die Berechnungen stimmen nun deutlich besser mit den Beobachtungsdaten überein. Darüber hinaus zeigt die neue Simulation eine zeitliche Verschiebung des Ozonabbaus. So werden zwischen Juli und September etwa 15 Prozent mehr Ozon abgebaut, als bisherige Berechnungen ergeben – der Abbau beginnt also etwas früher, als in bisherigen Modellen ohne diese zusätzliche Reaktion.

„Unsere Studie zeigt, dass selbst nach Jahrzehnten intensiver Ozonforschung noch wichtige Prozesse übersehen werden können. Die Reaktion von Cl₂O₂ mit HCl ist ein gutes Beispiel dafür, wie gezielte Modellierung helfen kann, Beobachtungen besser zu verstehen – und wie eng Theorie, Messung und Laborarbeit zusammenhängen“, sagt Dr. Jens-Uwe Grooß vom Institute of Climate and Energy Systems – Stratosphäre am Forschungszentrum Jülich, Erstautor der Studie.

Gerade die Daten zum zeitlichen Verlauf des Ozonabbaus sind für das Verständnis der langfristigen Entwicklung des Ozonlochs von besonderer Bedeutung. Die aktualisierte Modellierung liefert daher nicht nur neue Erkenntnisse zur Chlorchemie, sondern hat auch unmittelbare Relevanz für die Bewertung von Trends im stratosphärischen Ozon.

Nächster Schritt: Reaktionskinetik experimentell prüfen
Die angenommenen Reaktionsgeschwindigkeiten im Atmosphärenmodell CLaMS basieren bislang auf plausiblen theoretischen Abschätzungen. Ob die verbesserte Übereinstimmung zwischen Modell und Messdaten beim Ozonabbau tatsächlich auf die Berücksichtigung der Reaktion mit Dichlordioxid zurückzuführen ist, muss nun in gezielten, möglicherweise schwierigen Laboruntersuchungen geprüft werden. Die Studie liefert damit einen wichtigen Impuls, um diese Reaktion experimentell zu verifizieren – und könnte im Erfolgsfall ein zentrales Puzzlestück zum besseren Verständnis der polaren Stratosphärenchemie darstellen.


§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here