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Einsatz für ein Gesetz

Die herzzerreißenden Diskussionen um das sog. Heizungsgesetz (eigentlich Gebäudeenergiegesetz) bis hin zum Machtwort des Bundesverfassungsgerichts haben es uns mehr als verdeutlicht: Sich für Gesetze einerseits planerisch einsetzen und diese Gesetze andererseits sodann realisieren sind wahrlich zwei paar verschiedene paar Schuhe.

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Nun können jedenfalls die Abgeordneten des Deutschen Bundestags noch länger ihre Gedanken über dem Heizungsgesetz dampfen lassen, da das oberste Gericht aufgrund des Eilantrages eines Bundestagsabgeordneten den Gesetzgebungszeitplan für zeitlich allzu eng bemessen erachtet hat. Und an diesen besonders spektakulären Ereignissen rund um das geplante Heizungsgesetz konnte geradezu unter dem Brennglas deutscher Gesetzgebung erneut die Erkenntnis gewonnen werden: Gesetze fallen nicht vom parlamentarischen Himmel, sondern bedürfen in ihrer Entstehung und Wirksamkeitsentfaltung der genauen Einhaltung demokratischer Spielregeln und formaler Verfahrensabläufe.

Das macht neugierig! Wie verläuft denn ein solches Gesetzgebungsverfahren überhaupt, bevor die Rechtswirkung eines Gesetzes zum Einsatz kommt?

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Gesetze verkörpern allgemeine Regeln in unserem gesellschaftlichen Zusammenleben, die für uns alle verbindlich verbrieft sind. Daher werden diese Gesetze auch von den gewählten Volksvertretern im Deutschen Bundestag als höchstem Gesetzgebungsorgan debattiert und verabschiedet (Artikel 76, 77 des Grundgesetzes). Gesetzesentwürfe können aus dem Bundestag selbst, also aus den Fraktionen oder von mindestens 5 % der Bundestagsabgeordneten oder durch die Bundesregierung oder den Bundesrat eingebracht werden. Hingegen werden die meisten Gesetzesinitiativen durch die amtierende Bundesregierung als zentrale Steuerungsebene, mithin vor allem seitens der ihr zugeordneten Ministerien über Referentenentwürfe gestartet.

Ein solcher Gesetzesentwurf wird zunächst dem Bundestagspräsidenten zugeleitet und nach Registrierung als Bundestagsdrucksache an alle Mitglieder des Bundestags, des Bundesrats und der Bundesregierung weitergeleitet.

Der Bundestagspräsident setzt den Gesetzesentwurf sodann auf die Tagesordnung zur Beratung in einer nächsten Bundestagssitzung.

Vor allem bei umstrittenen Gesetzesvorhaben wie auch dem Heizungsgesetz findet eine erste Aussprache im Bundestag statt, die sogenannte erste Lesung.

Auf Basis deren Ergebnisse sollen sich dann unter Einbeziehung des Ältestenrats des Bundestags Fachausschüsse mit dem Gesetzesentwurf befassen, um ihn für die zweite Lesung inhaltlich aufzubereiten.

In den Fachausschüssen finden eingehende Beratungen der jeweiligen Mitglieder aller Fraktionen statt, können auch Experten gehört werden und werden im Zuge des Einsatzes weiterer Arbeitsgruppen möglichst auch fraktionsübergreifend akzeptable Formulierungsvorschläge erarbeitet.

Die daraus resultierenden Beschlussempfehlungen sind Gegenstand der zweiten Lesung im Deutschen Bundestag.

Vor dieser zweiten Lesung müssen alle Bundestagsabgeordneten diese Beschlussempfehlungen rechtszeitig in gedruckter Form erhalten, um sich auf diese Aussprache gut vorbereiten zu können.

Und genau an dieser Stelle hat es beim Verfahren zum Heizungsgesetz gehapert. Denn hier hat der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann das Bundesverfassungsgericht per Eilantrag angerufen, da ihm diese Einarbeitungszeit kurz vor der Sommerpause als unangemessen knapp bemessen erschien.

Und siehe da: Das Bundesverfassungsgericht sah dies genauso und hat im laufenden Gesetzgebungsverfahren einen Stopper eingesetzt. Eile mit Weile – dieser Grundsatz soll auch und gerade für das umstrittene Heizungsgesetz gelten.
Also heißt es für die Abgeordneten im Bundestag: Das Heizungsgesetz in der Sommerpause mit Muße und Hingabe studieren, um es danach in der zweiten Lesung im Bundestag zu beraten und ggfls. auch final zu verabschieden.

Sollten in dieser zweiten Lesung Änderungsanträge gestellt und mehrheitlich angenommen werden, müssten diese grundsätzlich in eine neue Drucksache gegossen werden, um eine dritte Lesung vorzubereiten. Mit den Stimmen von zwei Drittel der anwesenden Mitglieder des Deutschen Bundestags kann dieses Verfahren hingegen abgekürzt werden und die dritte Lesung sich der zweiten unmittelbar anschließen.

Spätestens in der dritten Lesung stimmt der Bundestag über das Gesetzesvorhaben abschließend ab, indem der Bundestagspräsident nach Zustimmung, Gegenstimmen und Enthaltungen fragt, woraufhin sich die jeweiligen Abgeordneten zur Auszählung erheben.

Das vom Bundestag verabschiedete Gesetz wird sodann dem Bundesrat weitergeleitet (Artikel 77 Grundgesetz).

Ist das Gesetz zustimmungspflichtig (z.B. Artikel 79 Grundgesetz), muss der Bundesrat mehrheitlich für dieses votieren. Inhaltlich darf der Bundesrat am Gesetz nichts ändern, kann aber bei Ablehnung des Gesetzes den Vermittlungsausschuss zwecks Schlichtungseingriff anrufen. Der Vermittlungsausschuss setzt sich zur gleichen Zahl aus Mitgliedern des Bundestags und Bundesrats zusammen.

Hat das Gesetz in der Folge den Bundestag und den Bundesrat im Zweifel über den Vermittlungsausschuss passiert, muss es gedruckt und dem Bundeskanzler sowie dem zuständigen Fachminister – beim künftigen Heizungsgesetz werden dies Bundeskanzler Scholz und Wirtschaftsminister Habeck sein – zur Gegenzeichnung vorgelegt werden.

Schließlich wird dieses Gesetz sodann dem Bundespräsidenten vornehmlich zur Prüfung seiner Verfassungsmäßigkeit und Unterzeichnung zugeleitet.
Nach seiner Unterzeichnung lässt der Bundespräsident das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlichen.

Jetzt gilt das Gesetz als verkündet und wird mit einem genauen Datum des Inkrafttretens versehen.
Sollte ein solches Datum fehlen, tritt das verabschiedete und verkündete Gesetz automatisch ab dem 14. Tag nach der Ausgabe des Bundesgesetzblattes in Kraft.

Und dann hat sich der ganze Einsatz für ein bundesdeutsches Gesetz wieder einmal nach allen demokratischen und freiheitlich-pluralistischen Spielregeln bestens gelohnt!


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