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Gegen die Sprachlosigkeit

Es gehört Zivilcourage dazu, Kritik zu üben an einer Preisverleihung, die Zivilcourage auszeichnet und sich gegen das Vergessen der Greueltaten der Nazis positioniert. Mit diesem Satz beginnt das zweite Jahr in Folge der Kommentar zur institutionalisierten Gedenkveranstaltung mit Ehrung durch die Jülicher Gesellschaft gegen das Vergessen und für die Toleranz.

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Foto: Dorothée Schenk
Foto: Dorothée Schenk
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Toleranz, den die Gesellschaft im Namen führt, erfordert es, um auszuhalten, wenn ein Preisträger sich wenig würdig und hemdsärmlig gibt. Wenn er breitbeinig, mit den Beinen baumelnd auf einem Tisch Platz nimmt, Ehrengäste unaufgefordert duzt und wenn das noch nicht ausreicht für ein Befremden, den Eindruck erweckt, als sei eine Seite eines kriegsführenden Volkes b das Opfer, das nur den Gegenschlag führt auf die Attacke eines Aggressors.

Der Parteinahme, die der Preisträger den Medien vorwirft, macht er sich selbst schuldig. Auch wenn er auf eine persönliche Nachfrage im Vieraugengespräch betont, so habe er es nicht gemeint. Beide Völker seien Opfer! Öffentlich gesagt hat er es so jedenfalls nicht, sich vielmehr polemisch und agitativ geäußert. Und es folgte auch anschließend die Bemerkung, „die Palästinenser-Propaganda“ würde soweit gehen, dass sie den Juden unterstellten… Über alles weitere sei Schweigen gebreitet. Sprachlos ließ er auch eine Vielzahl von Anwesenden zurück.

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Vorab hätte klar sein müssen, dass die Jülicher Gesellschaft sich keinen unumstrittenen Kandidaten gewählt hat. Der deutsche Presserat rügte, dass Ulrich Sahm den Schutz der Ehre verletzt hat, der im Pressekodex unter Ziffer 9 festgeschrieben ist.

War es Unkenntnis? Vor zwei Jahren zum 9. November hielt im Dietrich-Bonhoeffer-Haus Vereinsvorsitzende Gabriele Spelthahn eine Ansprache, in der einiges bereits ähnlich anklang. Dort wie gestern wurde der Satz zitiert, dass die Palästinenser die Juden ins Meer werfen wollen. Diese Aussage oder eine Verteidigung Israels steht aber in der Jülicher Gesellschaft nicht zur Debatte.

Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, Zivilcourage und Toleranz zu fördern und sich dafür einzusetzen, dass gute Beispiele zur Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit gewürdigt und zur Nachahmung empfohlen werden. Diese Ziele sind bei der jüngsten Preisverleihung nur bei den Auszeichnungen für die Jugendlichen zum Tragen gekommen. Über 30mal wurde der Preis vergeben.

Hier stellt sich – wie im vergangenen Jahr – die Frage, ob der Wert eines Preises nicht mit der Zahl der Ausgezeichneten sinkt. Ob der Preis für Zivilcourage nicht etwas Beliebiges und Inflationäres bekommt. Es sollte durchaus ein Unterschied gemacht werden zwischen einer Beteiligung an einer Gedenkveranstaltung zum 9. November im Zuge einer Konfirmationsvorbereitung und einem freiwilligen oder vertiefenden Projekt, das eine tiefere Berührung mit der Geschichte und den Menschen erlaubt und wirklich beispielhaft ist.

Wie es Festredner Dr. Clement 2016 wortgewaltig in den aktuellen Zusammenhang brachte – sollte tatsächlich eine wichtige, sicht- und spürbare Zivilcourage ausgezeichnet werden. Ein Zeichen, das nicht nur im Hinblick auf das Gedenken an die jüdischen Opfer des Dritten Reiches einen Wert hat, sondern in die Zukunft weist und wirklichen Vorbildcharakter hat.

Ansonsten ist die Preisvergabe Makulatur.

Lesen Sie hierzu:
‎Zum Artikel Neutralität fraglich

Jülicher Gesellschaft ehrt Ulrich Sahm

Emotional und fundiert. Die Jülicher Gesellschaft vergab vier Projektpreise und zwei Sonderpreise an Jugendliche.


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