Start Magazin Geschichte/n Und wenn sie nicht gestorben sind…

Und wenn sie nicht gestorben sind…

Der Streit um das Erbe Herzog Wilhelms V.

289
0
TEILEN
Abbildung: Stammbaum der Familie Jülich-Kleve-Berg, 1610, Kupferstich auf Papier (Original und Foto: Museum Zitadelle Jülich)
- Anzeige -

Der Nachruhm Herzog Wilhelms V. von Jülich-Kleve-Berg bewegt sich in engen Bahnen, wenngleich man ihm in späterer Zeit den Beinamen „Der Reiche“ gab. Das kann aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Herrschaft des jülich-klevischen Herzoghauses bereits mit seinem Sohn Johann Wilhelm I. 1609 beendet war. Nun kam es zu komplizierten erbrechtlichen Auseinandersetzungen, die als jülich-klevischer Erbfolgestreit in die Geschichte eingingen. Auslöser war das kaiserliche Privileg, dass auch die älteste Schwester Johann Wilhelms I. erbberechtigt war. Diese war Maria Eleonore, die 1573 Herzog Albrecht von Preußen geheiratet hatte. Da sie aber bereits ein Jahr vor ihrem Bruder verstorben war, war ihr Erbrecht auf ihre älteste Tochter Anna übergegangen. Diese wiederum war seit 1594 mit Markgraf bzw. Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg verheiratet, der nun Erbansprüche auf die Vereinigten Herzogtümer erhob.
Das ließ nun die zweitälteste Tochter Wilhelms V., Anna, nicht auf sich sitzen, die 1574 den Herzog von Pfalz-Neuburg geheiratet hatte. Da sie im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester Maria Eleonore noch lebte, sah sie bei sich und ihrer Familie den höheren, zumindest aber gleichberechtigten Erbanspruch. Im Namen Annas bzw. ihres Mannes
Philipp Ludwig von Pfalz-Neuburg erschien kurz nach dem Tod Johann Wilhelms I. ihr Sohn Wolfgang Wilhelm am Niederrhein. Zusammen mit den kurbrandenburgischen Abgesandten nahm er die Territorien Jülich, Kleve und Berg in Besitz. Zuvor hatte man sich im Dortmunder Rezess auf Vermittlung des Landgrafen von Hessen-Kassel auf ein vorläufiges gemeinsames Regiment geeinigt. Nun nannten sich der Kurfürst von Brandenburg und der Herzog von Pfalz-Neuburg die possidierenden (besitzenden) Fürsten. Die Landstände waren sich uneinig, wie sie dem Herrschaftsanspruch der neuen Herren begegnen sollten. Beide waren nämlich Lutheraner, während große Bereiche der Territorien katholisch geprägt waren und die evangelischen Gläubigen überwiegend dem Calvinismus anhingen. Erst als die Possidierenden Glaubensfreiheit garantierten, huldigten ihnen die Stände. Gefestigt war ihre Position dadurch aber nicht, da es noch andere Erbanwärter gab und zudem der Kaiser selbst in den Konflikt eingriff. Er vertrat die Position, dass die Herrschaftsgebiete als Reichslehen an ihn zurückfallen und er sie neu vergeben konnte. Zu Kampfhandlungen kam es, da der Jülicher Amtmann Johann von Reuschenberg im Namen des Kaisers die Landesfestung Jülich besetzte, die dann im Spätsommer 1610 von den Possidierenden, unterstützt von englischen, französischen und niederländischen Truppen, in einer spektakulären Belagerung eingenommen wurde.
Erst 1614 einigten sich die Possidierenden darauf, die Herrschaft über die Vereinigten Herzogtümer zu teilen: Die Territorien Jülich-Berg fielen an den Herzog von Pfalz-Neuburg, der seine Residenz nun nach Düsseldorf verlegte, während die Territorien Kleve-Mark-Ravensberg an den Kurfürsten von Brandenburg kamen. Der Konflikt war damit aber noch lange nicht ausgestanden. Was zumindest blieb, war die Traditionsbildung von Düsseldorf als Haupt- und Residenzstadt, die im 19. Jahrhundert von den Preußen wieder aufgegriffen wurde und schließlich dazu führte, dass bei der Gründung des Landes Nordrhein-Westfalen vor 70 Jahren Düsseldorf Landeshauptstadt wurde.

- Anzeige -
TEILEN
Vorheriger ArtikelJülich hat Watt zum Lachen
Nächster ArtikelAm Niklasabend muss es sein
Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here