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150 Jahre Schulgeschichte

Das ehemalige Gebäude der katholischen Volksschule Düsseldorfer Straße steht in der Diskussion.

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Die Fassade des Westgebäudes des Gymnasiums Zitadelle: Die Maueranker belegen das Baujahr 1873. Der rechte Eingang, ursprünglich zur Knabenschule, wurde verschlossen. Ansonsten haben sich die historischen Fassadenelemente weitgehend erhalten Foto: Stadtarchiv
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Wie viele Füße sind wohl schon durch diese Flure gelaufen? Es müssen einige sein, seitdem das Gebäude der Katholischen Volksschule im Jahr 1873 erbaut wurde. Immer wieder wurde es erweitert, neue Aufgaben kamen dazu, es kam zu neuen Nutzungen, aber stets diente es als Schulgebäude. Nun scheinen die Jahre dieser Nutzung gezählt zu sein. Eine Anpassung an moderne Bedürfnisse des Unterrichts sind nur mit großem finanziellen Aufwand möglich.

Über dem heutigen Eingang in den Türsturz eingelassen die Inschrift „Mädchenschule“. Gut erkennbar auch die originalen Gliederungselemente der Fassade wie z.B. die auf einem Sockel stehenden Säulen, die die Fensteröffnungen unterteilen und das umlaufende Gesims mit darunterliegendem Band aus schräg aneinandergereihten Ziegelsteinen. Foto: Dorothée Schenk

Etwas verbraucht sieht es aus, das 1873 erbaute und Ostern 1874 offiziell eröffnete Gebäude. Schaut man genauer hin, sieht man typische Bauelemente der Wilhelminischen Zeit: Die Fensterrahmungen sind aus rotbraunem Sandstein. Die ehemals zwei Eingänge stehen etwas aus der Front heraus. Die Fensteröffnungen sind durch eine auf einem Sockel stehende Säule unterteilt, die Gewändekanten abgeschrägt. Zwischen Unter- und Mittelgeschoss läuft ein aus Hausteinblöcken bestehendes Gesims. Darunter liegt ein Band aus aneinandergereihten Ziegelsteinen. Die senkrechte Fassadengliederung wird durch geziegelte Pfeiler bestimmt. Ursprünglich war das Gebäude nicht verputzt.

Ein Teil des Gebäudes wurde zunächst als Schullehrerinnen-Seminar und Präparandenanstalt, in dem Volksschullehrerinnen und -lehrer ausgebildet wurden, genutzt, der andere Teil als katholische Volksschule. Postkarte aus dem Jahr 1914. Abbildung: Stadtarchiv Jülich, Nachlass Thiel
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Der Bauplatz für dieses Gebäude war erst nach der Schleifung der Festungsanlagen ab 1860 frei geworden. Auch wenn es nicht mehr zu erkennen ist, handelt es sich um zwei nacheinander errichtete Gebäude: Der ältere Nordteil wurde als Volksschule genutzt, der Südteil als „Präparandie“ und Lehrerinnenseminar (Abb. 4). Nach Auflösung der beiden Anstalten wurde auch dieser Bau von der Volksschule mitgenutzt. Der rechte Bauteil wurde „Knabenschule“, der linke „Mädchenschule“ – noch heute erkennbar an den Bezeichnungen über den Eingängen.

Über die Jahre wurde das Gebäude immer wieder an die Bedürfnisse der Nutzer angepasst. So wurde 1920 in den Kellerräumen eine Badeanstalt eingerichtet. Der Verwaltungsbericht des Jahres vermeldet, dass die „Badeinrichtung in der Schule […] während des letzten heißen Sommers regelmäßig benutzt [wurde]. An Erwachsene wurden ca. 3000 Wannenbäder und etwa 250 Brausebäder verabfolgt.“ Die Einrichtung des Eisenbahnausbesserungswerkes führte zu einem enormen Bevölkerungszuwachs. „Der gewaltige Bevölkerungszuwachs wird den Neubau einer Schule in den nächsten Jahren unumgänglich machen.“ Zu diesem Zweck entstand im Heckfeld die Promenadenschule, die 1925 fertiggestellt wurde.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war das Dach des Gebäudes völlig zerstört. Auch die Außenmauern und ein Teil der Inneneinrichtung hatten Schäden erlitten. Bis zum Frühjahr 1946 blieb das Dach ungedeckt. Die einzigen noch nutzbaren Räume waren die Kellerräume, die allerdings bis 1952 von drei heimgekehrten Familien belegt wurden. Trotzdem wurde die Volksschule am 23. August 1945 wiedereröffnet. Im Herbst 1945 besuchten schon wieder 160 Jungen und 140 Mädchen die Schule. Die wenigen notdürftig instandgesetzten Schulräume wurden in den Folgejahren abwechselnd von der Volksschule, vom Gymnasium, der Berufsschule und der Landwirtschaftsschule genutzt. In einem der Klassenräume wurde in der unmittelbaren Nachkriegszeit Gottesdienst gehalten, später dann in der Aula und zum Schluss ab Pfingsten 1946 in der „hergerichteten“ Turnhalle. Die Instandsetzungsarbeiten zogen sich bis 1958 hin.

: Luftansicht der Rückseite des Gebäudes mit Schulhof, Turnhalle und Pausengang, 1962. Foto: Stadtarchiv Jülich, 03-18-3

In den folgenden Jahrzehnten wurde das Gebäude von vielen Schulen genutzt: Neben der Volksschule war hier zeitweise die Berufsschule, Hauptschule, Realschule und Schirmerschule untergebracht. Außerdem nutzte die evangelische Volksschule zeitweise einzelne Räume. Seit 1988 wird das Gebäude als „Westgebäude“ vom Gymnasium Zitadelle für die Klassen 5 und 6 genutzt.

Es wäre schön, wenn sich für eines der ältesten Gebäude der Stadt eine neue sinnvolle Nutzung finden würde.


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