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Die Tiefen des Alls

Mit einem ziemlich energischen Surren schwebt die leuchtend gelbe Mini-Version einer Drohne durch den Raum – fast ist man versucht, nach dem lästigen Insekt zu schlagen. Doch das Fluggerät im Miniaturformat hat offenbar einen Auftrag: Es soll auf dem Mars landen. Die Begeisterung der Anwesenden ist jedenfalls groß. „Toll, du hast es geschafft Noah!“ Witold Franke klatscht in die Hände und strahlt.

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Mondlandschaft im Sandkasten. Foto: Britta Sylvester
Mondlandschaft im Sandkasten. Foto: Britta Sylvester
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Noah, Sechstklässler am Gymnasium Haus Overbach, ist eines von rund 15 aktiven Mitgliedern des Astronomie Clubs, der sich einmal in der Woche im Science College (SCO) in Barmen trifft um gemeinsam in die Sterne zu gucken. Oder eben auch nicht. Hängen die Wolken tief und es regnet, finden die Astronomen auf dem Dach des modernen Baus, der sich ganz der Forschung und den Naturwissenschaften verschrieben hat, immer etwas zu tun. „Hier werden auch kosmologische oder philosophische Theorien diskutiert“, verrät Philipp Mühlheims und weist mit der Hand durch den eigens eingerichteten Astronomie-Raum in der obersten Etage des SCO. Mühlheims, einst ebenfalls Gymnasiast in Overbach, war ebenfalls bereits während der Schulzeit astronomisch interessiert. Aus dem Interesse wurde der Beruf, Mühlheims ist studierter Luft- und Raumfahrttechniker und betreut gemeinsam mit dem ehemaligen Physiklehrer Franke den AstronomieClub. So wie Philipp Mühlheims geht es vielen ehemaligen Mitgliedern, aus dem Interesse, dem Hobby werden Beruf und Berufung. So steht auch für Noah, einer der jüngsten im astronomischen Zirkel, zweifelsfrei fest: „Ich will Physiker werden!“. „Ich glaube drei unserer Ehemaligen haben Astrophysik studiert, einige auch Physik“, führt Franke weiter aus und freut sich ein wenig darüber: „Ist das nicht toll?“

Wenn hier von ehemaligen oder auch aktiven „Mitgliedern“ des Astronomie Clubs die Rede ist, sind keinesfalls nur Schüler und Lehrer des Barmener Gymnasiums gemeint. Mitglied werden kann vielmehr jeder, der auch einmal einen tieferen Blick in die Weiten des Alls werfen möchte. So kommt auch so manch stolzer Besitzer eines eigenen kleinen Teleskops mit eben diesem Gerät unter dem Arm im Science College vorbei und lässt sich im Umgang damit erläutern. „Wir sind wirklich offen für jeden“, betont Mühlheims – dabei ist es unerheblich wie alt jemand ist, welchen Beruf er ausübt, ob er oder sie schon Vorerfahrung in Sachen kosmische Phänomene hat oder einfach nur neugierig ist. Und auch „Mitglied“ werden ist nicht notwendig, und genau betrachtet auch gar nicht möglich. Denn die Astronomen haben sich nicht in einem Verein organisiert sondern bewusst die eher lose Form eines Clubs gewählt. So ist der Kreis der Sternengucker in der Tat ein bunt gemischter, die zwei wohl jüngsten Damen in der Runde besuchen die Grundschule im Nachbarort Koslar, eine junge Frau kommt einmal in der Woche eigens aus Aachen angereist, ein anderer arbeitet als Richter und fährt ebenfalls freitäglich diverse Kilometer nur um in Barmen durch ein dickes Teleskop gucken zu dürfen.

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Apropos Teleskop, die Armada an technischen Geräten, die im Astronomieraum des Science College aufgebaut ist, ist in der Tat eindrucksvoll. „Unsere Ausstattung ist schon sehr professionell“, freuen sich Ex-Lehrer Franke und sein Mitstreiter Philipp Mühlheims. „Damit kann man einen sehr tiefen Blick in die Galaxie werfen“, fügt Mühlheims hinzu. Unterstützt von modernster Software und ausgestattet mit hochempfindlichen Kameras können die Hobby-Astronomen hier bestens ausgerüstet ihrer Leidenschaft frönen, Aufnahmen galaktischer Phänomene machen, die Bahnen einzelner Himmelskörper verfolgen oder auch mal einen genaueren Blick auf die Sonne richten. Da ist allerdings im Moment eher wenig los, was Sonnenbeobachtungen aktuell eher etwas langweiliger macht. Mein zumindest Philipp Mühlheims. Denn auch Sonnenbeobachtungen gehören zum umfangreichen Angebot, dass der Astronomie Club neben den wöchentlichen Treffen seinen Mitgliedern, aber auch allen anderen Interessierten macht. So gibt es jeweils einmal im Jahr größere Veranstaltungen, den Astro-Sprint und den Astro-Marathon. Workshops für Grundschulklassen oder speziell für Mädchen im Rahmen der sogenannten Ferienakademie gehören ebenfalls zum Angebot, das der Astro Club macht. Auch wer als Tagungsgast im Haus Overbach weilt, kommt in den Genuss eines astronomischen Ausflugs. „Und das Interesse ist erstaunlich groß“, freut sich Franke. „Spätestens wenn die Leute einmal den Mond gesehen haben, ist es passiert“ ergänzt sein Kollege.

Auch zur jährlichen Overbacher Kirmes im September präsentieren die Sternengucker sich und ihre Unternehmungen. Eines der Highlights im Jahresablauf sind zweifellos die so genannten Sternschnuppen-Nächte im August. Wenn die Perseiden die Flugbahn der Erde kreuzen – laienhaft formuliert – und hunderte Staubteilchen in der Erdatmosphäre verglühen, packen die Astronomen ihre Schlafsäcke und steigen dem Science College aufs Dach. Erst gibt es eine Runde Pizza für alle und dann richten sich alle Blicke nur noch nach oben. „Dann wird es ganz schön eng hier“, berichten die zwei „Präsidenten“ des Clubs, weisen auf die hauseigene Dachterrasse, und ihre Vorfreude ist ihnen deutlich anzumerken. Einstweilen beschäftigen sich die Astronomen angesichts der dicken Wolkendecke eben mit der Landung von Miniaturdrohnen auf dem Mars – der selbstverständlich ebenfalls in den Räumen des Astronomie Clubs zu finden ist, als detailgetreue selbstgebaute Modell-Landschaft.

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Britta Sylvester
Klönschnacktee mit der Muttermilch aufgesogen und inzwischen beim rheinische Kölsch angekommen. Übt sich in der schreibenden Zunft seit Studententagen zwischen Tagespresse und Fachpublikationen und… wichtig: ließ das JüLicht mit leuchten.

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