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Interview mit Andreas Berndt: Weitermachen & die Unsicherheit Unsicherheit sein lassen

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Der Weltenbummler Andreas Brendt | Foto: Andreas Brendt
Surfen ohne Sicherheit | Foto: Andreas Brendt
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In seinem Erstlingsroman „Boarderlines“ nimmt der Surfer und Weltenbummler Andreas Brendt seine Leser mit auf eine spannende Reise in die entlegensten Orte der Welt. Geschichten, die so hautnah erscheinen, als sei der Leser bei allen Abenteuern selbst dabei gewesen, erzählt Brendt, der selbst in Jülich aufwuchs. Die „Amazon“-Kommentare überschlagen sich, und die Bücherforen lieben sein Werk. Auch die Presse ist begeistert. Am 20. November liest Andreas Brendt im KuBa aus seinem Buch und freut sich riesig auf seine Heimat. Während unseres Interviews befand er sich gerade in Sumatra, doch weder die große Entfernung, noch zahlreiche Stromausfälle auf der indonesischen Insel, konnte uns davon abhalten, dieses Interview zu führen…

 

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Herzog: Welches Gefühl hast Du bei dem Gedanken, bald nach Jülich zu kommen?

Brendt: Ich freue mich auf Jülich, denn das ist der Ort, in dem ich aufgewachsen bin und da gibt es natürlich viele schöne Erinnerungen. Von dort bin ich dann mehr und mehr in die Welt aufgebrochen und immer wenn ich dann wieder durch Jülich fahre, ist das wie eine Zeitreise in die Kindheit. Es ist also schön zurück zu kommen und Lesungen machen mir immer eine Menge Spaß, weil die Leute so viel lachen oder gespannt zuhören (hoffentlich) und das ist schön.

Herzog: Welchen Berufswunsch hattest Du als Kind, oder wolltest Du immer schon Weltenbummler werden?

Brendt: Ne, überhaupt nicht. Als Kind wollte ich Fußballprofi werden, weil ich Sport liebe. Das mit dem Reisen ist einfach so passiert. Eine verrückte Idee (von einem Kumpel), kein Widerstand und auf einmal war das Ganze nicht mehr aufzuhalten. Vielleicht sind so die besten Sachen im Leben möglich. Wenn man das Leben einfach machen lässt.

Herzog: Gab es ein spezielles Erlebnis, das den Ausschlag für Deinen außergewöhnlichen Lebensweg gab, oder hat sich das „Fernweh“ bei Dir nach und nach entwickelt?

Brendt: Die Faszination für das Wellenreiten hat natürlich eine große Bedeutung. Das „Gute“ ist, dass man mit diesem Hobby zum Reisen gezwungen wird. Aber vielleicht hat das Surfen gar nicht so viel Gewicht. Das ist genau wie in dem Buch. Wellenreiten ist der Motor der Geschichte, aber eigentlich spielt es gar keine große Rolle. Es ist das Reisen, was eine offene Herangehensweise an alles, was passiert, ermöglicht. Viele Eindrücke, verrückte Momente, Kulturen und Lebenskonzepte. Gut für die persönliche Entwicklung. Weniger Wertung, weniger Zwang, weniger Frust. Alles ist gut und die blöden Geschichten eben Teil des Abenteuers. Herzog: Was erwartet den Leser bei der Lektüre Deines Buches?

Brendt: Es gibt einen Haufen abgefahrener Geschichten von allen Ecken und Enden des Planeten. Diese sind so geschrieben, dass man hautnah dabei ist. Das war mein Hauptziel. Man hört die Wellen rauschen und schaut den Gangstern direkt ins vernarbte Gesicht. Darüber hinaus gibt es eine Rahmenhandlung, in der man sowohl eine Entwicklung verfolgen kann, als auch einige Dilemmas mitbekommt. Dinge, die uns alle beschäftigen und es ist schön zu lesen, wenn man nicht der einzige ist, der sich mit solchen Sachen (Was soll ich nur aus meinem Leben machen) rumschlägt. Hier wird es auch ein wenig tiefsinniger. Aber nicht mit erhobenem Zeigefinger, denn das Leben darf einfach nicht zu ernst werden. Egal wie es einem gerade mitspielt.

Herzog: Wie kamst Du auf den Titel „Boarderlines“?

Brendt: Ich hatte ein paar Freunde eingeladen und wir haben eine Menge Rotwein bei mir in der Küche getrunken. Irgendwann kam eine Freundin darauf: „Das muss alles viel mehr knallen, so wie Borderline.“ Alle waren still. In jedem Kopf gingen andere Assoziationen ab. Grenzen, Grenzlinien, Grenz-erfahrung, Hin- und Hergerissen-sein aber für mich waren es vor allem die geschriebenen Zeilen (Lines) eines Brettsportlers (Boarders). Passt also gut und erschreckt natürlich auch. Ich habe Ewigkeiten mit mir gerungen und auch ganz viele Leute ganz furchtbar mit Abstimmungen genervt. Aber eigentlich war es in dem Moment in der Küche klar, als alle plötzlich still waren.

Herzog: Ist Heimweh ein Thema für Dich?

Brendt: Eine neue Entwicklung. Ja. Früher gab es das einfach nicht. Ich wollte immer weiter. Aber mittlerweile vermisse ich ein Zuhause und meine Freunde schneller als mir lieb ist. Ich reise gar nicht mehr gerne länger als so drei Monate. Liegt vielleicht auch daran, dass ich so viel gereist bin und meistens alleine unterwegs bin.

Herzog: Gibt es in der Welt einen Lieblingsort für Dich?

Brendt: Im Moment habe ich einen Ort in Mexico, an dem ich mich sehr wohl fühle und zu dem ich mindestens einmal im Jahr fahre.

Herzog: Ursprünglich hast Du auch Volkswirtschaft studiert. Warum?

Brendt: Ich hatte zunächst vor, nur Sport zu studieren, aber meine Eltern meinten, das sei zu wenig und ich sollte noch ein zweites Fach dazu nehmen (Großes Dankeschön dafür). Mindestens auf Lehramt. Aber dann hat mich die Volkswirtschaftslehre echt fasziniert und ich aber sogar recht leidenschaftlich noch das Diplom gemacht.

Herzog: Gab‘s Momente, an denen Du an Deinem Lebensweg gezweifelt hast und in die „Normalo-Welt“ zurück wolltest?

Brendt: Na klar und diese Entwicklung ist im letzten Drittel des Buchs beschrieben. Einsamkeit und ein paar persönliche Niederlagen öffnen den Blick für eine andere, eine zarte Seite. Und die darf auch sein. Dies ebnet letztendlich den Weg zurück in die Heimat. Und auch wenn ich jetzt wieder ein Jahr viel unterwegs bin, finde ich mein Leben mittlerweile ziemlich normal.

Herzog: Seit wann bist Du Dir sicher, dass Dein Weg für Dich genau der richtige Weg ist?

Brendt: Ich bin eigentlich nie besonders sicher. Auch wenn das nach außen hin manchmal so zu wirken scheint. Und diese Unsicherheit macht das Leben aus, wenn man es denn schafft sie zuzulassen. Es gibt keine Sicherheit und eigentlich ist Unsicherheit das Leben. Wenn ich jetzt noch schaffen würde das jeden Moment mit jeder Zelle zu akzeptieren, dann wäre ich richtig weise. Leider Konjunktiv.

Herzog: Hattest oder hast Du Vorbilder?

Brendt: Keine direkten Vorbilder, in deren Fußstapfen ich treten wollte. Aber ich lerne immer noch jeden Tag von den Menschen, die mir im Alltag begegnen. Sehr viele Menschen faszinieren mich. Sowohl Freaks, wie auch Normalos und ich nehme immer eine Menge von Begegnungen mit. Im philosophischen Sinne bin ich von den fernöstlichen Ansätzen zwischen Buddha und Osho sehr angetan.

Herzog: Welche Projekte stehen als nächstes  an?

Brendt: Ich arbeite gerade an meinem zweiten Buch. Ich dachte, das würde mir nach dem ersten relativ gut von der Hand gehen. Aber falsch gedacht. Ich bin gerade sehr unsicher, ob es gelingt, was besonders deshalb ein Problem ist, weil sich so viele Leute den zweiten Teil wünschen. Das macht mir eine Menge Druck, auch wenn ich mich natürlich über die Anerkennung und den Support freue. Ich habe so 80 Seiten geschrieben, muss davon aber wohl eine Menge in die Tonne kloppen. Gerade habe ich noch große Zweifel (nicht schön), dass ich den zweiten Teil so hinbekomme, dass er genug Spaß macht. Das ist dann aber irgendwie wie immer im Leben. Da muss man einfach weitergehen. Weitermachen und die Unsicherheit Unsicherheit sein lassen.

Lesung | DO 20|11

Andreas Brendt liest und erzählt | Boarderlines, der Reise-Abenteuer Roman | KuBa Jülich | 20:00 Uhr | Einlass: 19:00 Uhr | Eintritt frei

probelesen: www.boarderlines-buch.de


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