Start Magazin Geschichte/n Zum Tod eines Heimatbotschafters

Zum Tod eines Heimatbotschafters

Er kannte viele Wege und ihm war auch im übertragenen Sinne kein Weg zu weit: Alwin Reiche hat seinen letzten Weg angetreten. Er ist jetzt im Alter von 88 Jahren gestorben.

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Alwin Reiche (1932-2020). Foto: tee
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Aus Schlesien kam Alwin Reiche 1945 nach Jülich – blieb und entwickelte eine große Heimatliebe zu Jülich. Ein vielseitiger Botschafter war er: Autor, Landschafts- und Wegewart, Festungsführer und politisch Engagierter. Dabei war der Mann von eher kleiner Statur ein Großer in Sachen Vermittlung, weil er mit Herz, meist einem verschmitzten Schmunzeln in den Mundwinkeln und den Menschen zugewandt seine Anliegen anbrachte.

Nachdem er sein Arbeitsleben als Polizist abgeschlossen hatte, widmete sich Alwin Reiche den historischen Grundlagen seines Berufsstandes und veröffentlichte beim Jülicher Geschichtsverein 1997 das Buch „Vom bewaffneten Hausmann zum Polizisten“. Hierin beleuchtete er die Hintergründe der Jülicher Landdragoner und bergische Landjäger 1779 – 1806, die in den Herzogtümern Jülich und Berg erstmals im Bereich des heutigen Landes NRW als selbständige Einheiten, losgelöst vom Militär und den örtlichen Verpflichtungen, ins Leben gerufen wurden. Es sollte nicht seine letzte Veröffentlichung bleiben. Zuletzt 2018 wurden im Kreisjahrbuch die Aufsätze „Betrachtungen zum Wetter auf und in der Umgebung der Sophienhöhe“ und „Orchideen auf der Sophienhöhe und im Jülicher Land“ veröffentlicht. Letzteren hatte er mit Robert Mohl verfasst. Die Autoren hatten 2014 begonnen das natürliche Vorkommen dieser Pflanzen zu erfassen und dokumentieren – „möglichst vollständig“ war die Zielsetzung.

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Als „Mr. Sophienhöhe“ verfolgte Alwin Reiche eine Mission: Generationenübergreifend brachte er den Menschen von Kindbeinen bis „55+“ im Jülicher Land die Natur nahe. Generationen von Kindergarten- und Schulkindern durchstreiften mit ihm Wald und Feld. Schusters Rappen war sein bevorzugtes Fortbewegungsmittel: Als Wegewart und Naturführer war er für den Jülicher Eifelverein unterwegs. Für diesen Einsatz wurde ihm 2007 der Ehrenpreis für Soziales Engagement verliehen. Zusätzlich initiierte Alwin Reiche Mitte der 1990er Jahre für den Verein Stadtmarketing die „7 Jülicher Rundwanderwege“, arbeitete die Streckenführung aus, erwirkte die Genehmigung und sorgte für die Beschilderung und fast zwanzig Jahre lang für die „Wegepflege“. Auch für Kartierung und Werbung hat Alwin Reiche in Zusammenarbeit mit dem Stadtmarketing Jülich e.V. gesorgt. 2017 zeichnete der Verein ihn mit dem Stadtmarketing-Preis für seine Lebensleistung aus.

Als er zuletzt auf eine Gehhilfe angewiesen war, blieb Alwin Reiche Botschafter, wechselte aber „ins Netz“: Zuletzt lud er zu „virtuellen Führungen“ in die Schönheiten von Flora und Fauna. Viel Übung hatte der Pensionär, schließlich war er Mann der ersten Stunde im Projekt „Senioren ans Netz“, in dem er senioren- und anfängergerechte Einweisung in den Umgang mit dem Computer vermittelte. Ein „Vermittler“ mit Auszeichnung: 2005 wurde ein Beitrag von Alwin Reiche als Gewinnerprojekt von „NRW – Neues Lernen“ ausgezeichnet.

Seine Kompetenzen brachte er schließlich 2014 als Mitglied im Seniorenbeirat ein.

In einer Seniorenwohnanlage in Linnich war Alwin Reiche zuletzt zu Hause. Er starb, wie erst jetzt bekannt wurde, bereits in der ersten Dezemberwoche.


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