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Neustart für den Infektionsschutz

Corona hält uns und unser Gemeinwesen nach wie vor in Schach.

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Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
Rat & Recht in und um Jülich Foto: ©Andrey Burmakin - stock.adobe.com / Bearbeitung: la mechky
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Kontaktbeschränkungen, Beherbungsverbote, Abstandsregeln, Maskenpflicht, Ausgangssperren – Bund und Länder greifen tief in unsere Freiheitsrechte ein, um sich der Pandemie entgegenzustemmen.

Aber auf welcher Rechtsgrundlage manövriert dieser ständige Balanceakt der Güterabwägung, unter verschiedenen Grundrechten zu gewichten?

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Welche Maßnahmen können staatliche Stellen zum Zwecke der Eindämmung des Virus gegenüber der Bevölkerung ergreifen und gegebenenfalls. mit Zwangsmitteln durchsetzen?

Wie macht man das Krisenmanagement von Bund und Ländern letztlich gerichtsfest?

Die Zauberformel für die Antworten auf diese Fragen liegt im Infektionsschutzgesetz (IfSG).

Am 1. Januar 2001 ist es bereits in Kraft getreten und hat mit seiner jetzigen Reform endlich seinen Neustart erfahren.

Denn die Gesetzesautoren haben 2001 mit vielem gerechnet, aber eben nicht mit Corona.

Das IfSG definiert die meldepflichtigen Krankheiten und Verdachtsmomente und enthält die rechtlichen Ermächtigungsgrundlagen zur Anordnung behördlicher Maßnahmen.

Ziel des IfSG ist es also, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern.

Bis zum Ausbruch von Corona fristete dieses Gesetz eher ein exotisches Dasein als rechtliches Mauerblümchen.

Die herrschende Pandemie jedoch hat das IfSG geradezu zur lex generalis unseres staatlichen Krisenmanagements aufblühen lassen.

Nach zwei eher unbemerkt gebliebenen Reformansätzen im März und Mai 2020 ist die entscheidende Reform des IfSG Mitte November 2020 im Gesetzgebungsschnelldurchgang von Bundestag und Bundesrat im Wege des sog. „Dritten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ verabschiedet worden.

Auf der Grundlage der Generalermächtigungen für Eingriffsmaßnahmen der zuständigen Behörden in § 16 IfSG, übertragbare Krankheiten zu verhüten, und in § 28 IfSG, deren Ausbreitung durch notwendige Schutzmaßnahmen zu verhindern, ist nunmehr die Regelung des § 28 a IfSG dazu getreten, die genau diese Schutzmaßnahmen enumerativ deklariert.

Hier tauchen sie alle auf, die uns während der Pandemie seit Anfang 2020 mittlerweile alltäglich in Fleisch und Blut übergegangenen Schutzregeln wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Untersagung oder Beschränkung des Kultur- und Sportbetriebs, Gewerbeuntersagungen oder -beschränkungen z.B. im Einzelhandel oder in der Gastronomie, Kontaktverfolgungen oder Reiseverbote bzw. -beschränkungen.

§ 6 IfSG enthält einen Katalog der meldepflichtigen Krankheiten. Das Coronavirus wird in § 6 Abs. 1 Nr. 1 t IfSG ausdrücklich genannt.

Meldepflichtige Personen sind gemäß § 8 IfSG im Wesentlichen behandelnde Ärzte.

Gemäß § 9 IfSG müssen in ordnungsgemäßen Meldungen die betroffene Person, Geburtsdatum, Geschlecht und Anschrift sowie weitere Kontaktdaten aufgeführt werden.

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG), aktuell angeführt von Minister Jens Spahn, erhält gemäß der Neuauflage des IfSG besondere Kompetenzen.

Es kann zusammen mit dem Robert-Koch-Institut (RKI) Empfehlungen für koordinierte Maßnahmen der Bundesländer abgeben, um einen entsprechenden Gleichlauf im Bundesgebiet zu gewährleisten § 5 Abs. 6 IfSG).

Das BMG kann zudem im Falle einer nationalen Notlage wie derjenigen in der jetzigen Pandemie im Einvernehmen mit anderen betroffenen Ministerien verbindliche Maßnahmen anordnen, z.B. bei der Beschaffung, Bevorratung und Verteilung von Arzneimitteln und Medizinprodukten im Bundesgebiet (§ 5 Abs. 2 Nr. 4-6 IfSG), bei der Aufstockung medizinischen Personals (§ 5 Abs. 2 Nr. 7-8, 5a IfSG) oder bei der Kontrolle und Beschränkung des Reiseverkehrs im Zusammenhang mit Risikogebieten (§ 36 Abs. 8-18 IfSG).

Test- und Quarantänepflichten für Einreisende aus Risikogebieten ergeben sich aus § 36 Abs. 7 IfSG und den daraus folgenden Verordnungen, wobei die jeweiligen Vorschriften zu Länge und Art der Quarantäne von den jeweiligen Bundesländern ausgestaltet werden.

Für Fälle eines Verstoßes gegen Meldepflichten sieht § 73 IfSG die Verhängung von Bußgeldern bis zu 25.000 Euro vor. In schweren Fällen können Zuwiderhandlungen gemäß §§ 74, 75 IfSG auch strafbar sein.

Übrigens bietet dieser Neustart des gesetzlich geregelten Infektionsschutzes entgegen aller kruden Quergedanken sogar ein Mehr an Demokratie.

Denn im Falle der Verhängung von Infektionsschutzmaßnahmen gilt stets eine Begründungspflicht gegenüber den Parlamenten und vor allem und zwingend eine zeitliche Befristung dieser Maßnahmen!

Grundrechtseingriffe haben Bundestag und/oder die Länderparlamente allemal mehrheitlich abzusegnen.

Dieser vorstehend kurz skizzierte Neustart des bundesdeutschen Infektionsschutzes ist ein wahres Lern- und Lehrstück aus der Corona-Pandemie 2020.

Aber über allen gesetzlichen Schutz hinaus kommt es auf uns und unser solidarisches Verhalten an, um der Pandemiekrise gesund zu entkommen.

AHA + AL – dies manifestiert die eigentliche Rezeptur für unser aller individuelles Krisenmanagement:

Abstand,

Hygiene,

Alltagsmaske

sowie CoronaApp und Lüften – das sind unsere eigentlichen Anti-Krisentrümpfe!

Das Impfen wird überdies natürlich der nächste entscheidende, ja lebensrettende Beitrag zur Krisenbewältigung sein!

Denn wir wollen mit Zuversicht und ungebrochenem Optimismus in/ab 2021 einen Neustart in unsere (neue?!) Normalität erleben!


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1 KOMMENTAR

  1. Vielen Dank für die rechtliche Einordnung bzw. Aufklärung.
    Entgegen vieler Befürchtungen, zeigt sich in dieser Pandemie, in der wir alle Neulinge sind, dass unsere Demokratie funktioniert!

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