Start Stadtteile Jülich Unverzichtbar und prägend

Unverzichtbar und prägend

Was genau ist eigentlich eine „Klippe“? Dass nicht der steil ins Meer abfallende Fels gemeint ist, wenn von der Jülicher Klippe die Rede ist, dürfte im Vorfeld klar sein. Seit 2015 verleiht die Jülicher SPD jährlich – zuvor in größeren Abständen – die auf den ersten Blick unscheinbar wirkende Klippe für besonderes ehrenamtliches, soziales Engagement.

0
0
TEILEN
Die "Kleinen Hände" durften sich feiern lassen. Foto: Arne Schenk
- Anzeige -

In Kriegs- und Krisenzeiten aus dem „Tafelsilber“ „abgeklippt“ und mit dem Wappen Jülichs versehen, diente die Klippe als Notwährung. Damit symbolisiere das kleine graue Stück Metall „kreative, unbürokratische“ Lösungswege schlug Dr. Jennifer Lopez Barrilao die verbale Brücke ins Heute. Gemeinsam mit der Parteivorsitzenden Katja Böcking verlieh sie dem Jülicher Verein „Kleine Hände e.V.“ die Auszeichnung für „nachhaltiges, soziales und ehrenamtliches Engagement.“

Die „Kleinen Hände“, gegründet vor 37 Jahren, stehen genau dafür: für schnelle, unbürokratische Hilfe in prekären Situationen. Wenn am Ende des Geldes zu viel Monat übrig ist, wenn die Schuhe zu klein sind und gleichzeitig die Klassenfahrt ansteht, wenn die Waschmaschine den Geist aufgibt oder oder oder. Allen Gratulanten fielen Beispiele für Situationen ein, in denen die „Kleinen Hände“ anderen hilfreich unter die Arme greifen. Die wohl wichtigste Aufgabe des Vereins sei jedoch, so Böcking, „Kindern eine Perspektive zu geben“. Eine Aufgabe, die weit mehr sei, als Familien mit Kleidern und Schuhen zu versorgen.

- Anzeige -

„Es ist doch häufig so: Wir ehren soziales, ehrenamtliches Engagement, hoffen aber gleichzeitig, dass wir diese Hilfe bald nicht mehr brauchen“, brachte es Jennifer Lopez Barrilao auf den Punkt. Dass das Engagement, die Unterstützung und der Rat der „Kleinen Hände“ bald nicht mehr gebraucht werden könnten, sei unwahrscheinlich, befand Mo Khomassi, der dem Verein bescheinigte, „unverzichtbarer, prägender Teil des städtischen Lebens“ zu sein. „Ihr seid ein verlässlicher Partner, der immer da ist“, lobte Khomassi den Verein, mit dem er schon oft zusammengearbeitet habe.

Auf die Wichtigkeit und Unverzichtbarkeit ehrenamtlichen Engagements im Allgemeinen und der „Kleinen Hände“ im Besonderen verwies Bürgermeister Axel Fuchs, der seinen Glückwünschen mahnende Worte hinzufügte. „Demokratie funktioniert nur mit Ehrenamt. Es gehört aber auch zur Wahrheit, dass Ehrenamt nur in einer Demokratie ausgeübt werden kann“, betonte Fuchs und schlussfolgerte: „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass die Demokratie erhalten bleibt!“.

Diskussionen seien ebenfalls integraler Bestandteil demokratischen Lebens, so sei es auch durchaus in Ordnung „über die Finanzierung des Sozialstaates zu diskutieren“, befand der Bürgermeister, warnte jedoch davor, den Sozialstaat an sich infrage zu stellen.

Sozialstaat – ein Stichwort, das Laudatorin Doris Vogel als langjährige Wegbegleiterin und Unterstützerin des Vereins, nicht nur von Amtes als ehemalige Sozialdezernentin wegen, ebenfalls nannte. Vogel merkte kritisch an, dass der Hinweis auf die „soziale Hängematte“, in der sich die Bezieher von Sozialleistungen angeblich räkeln würden, immer wieder dafür genutzt würde, mehr oder weniger unverblümt Einsparungen und Kürzungen zu fordern. Wie schnell die vermeintliche Hängematte zum „steinharten Brett“ würde, könne nur nachfühlen, wer einmal versucht hätte, mit den sogenannten Transferleistungen auszukommen.

Unbürokratische Hilfe, wo Ämtern oftmals die Hände gebunden seien, die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen und Vereinen, um Notlagen zu lindern und Unterstützung dabei, sich im Dschungel komplizierter, komplexer Vorschriften zurechtzufinden, so fasste die Laudatorin die Stärken der „Kleinen Hände“ zusammen. „Ohne Euch wäre die Welt ein Stückchen ärmer“, lautete das schlichte Fazit der Laudatio.

Angesichts von so viel Lob und Anerkennung blieb dem Führungsduo der „Kleinen Hände“, der Vorsitzenden Verena Heinen und ihrer Stellvertreterin Dorothée Schenk, nur noch Danke zu sagen. „Den Familien, die uns ihr Vertrauen schenken“, galt das Dankeschön der Vorsitzenden, die unterstrich, „diese Auszeichnung sei kein Schlusspunkt, sondern vielmehr Ansporn, weiterzumachen.“
Mit nur einer Hand könne man keinen Knoten knüpfen, zitierte die langjährige erste Vorsitzende, Dorothée Schenk, ein handlungsleitendes Motto des Vereins. Folgerichtig galt ein großer Dank, den „vielen Händen, die uns unterstützt haben“.

Im September 1988 einer Idee von Professor Rita Süßmuth, der späteren Bundestagspräsidenten, folgend, gründete eine Gruppe Frauen um die heutige Ehrenvorsitzende Renate Hövelmann die „Kleinen Hände“ in Jülich. Ursprünglicher Gedanke war es, ungewollt schwangeren Frauen zu ermöglichen, trotz prekärer finanzieller und sozialer Umstände ihre Kinder zu bekommen und aufzuziehen. Vieles habe sich geändert in den fast 40 Jahren seit Vereinsgründung, so Doris Vogel. Heute stünden eher diejenigen Familien und ihre Kinder „die mit dem Stigma der Bedürftigkeit behaftet sind“, im Fokus der Vereinsarbeit. Diese Arbeit könne man „nicht hoch genug einschätzen“ und damit haben der Verein und seine Mitglieder die Auszeichnung mit der Jülicher Klippe „mehr als verdient“.

Fotos: Arne Schenk, Britta Sylvester

TEILEN
Vorheriger ArtikelDas Flüssige muss in das Eckige
Britta Sylvester
Klönschnacktee mit der Muttermilch aufgesogen und inzwischen beim rheinische Kölsch angekommen. Übt sich in der schreibenden Zunft seit Studententagen zwischen Tagespresse und Fachpublikationen und… wichtig: ließ das JüLicht mit leuchten.

§ 1 Der Kommentar entspricht im Printprodukt dem Leserbrief. Erwartet wird, dass die Schreiber von Kommentaren diese mit ihren Klarnamen unterzeichnen.
§ 2 Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.
§ 3 Eine Veröffentlichung wird verweigert, wenn der Schreiber nicht zu identifizieren ist und sich aus der Veröffentlichung des Kommentares aus den §§< 824 BGB (Kreditgefährdung) und 186 StGB (üble Nachrede) ergibt.

HINTERLASSEN SIE EINE ANTWORT

Please enter your comment!
Please enter your name here