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Zurück in die Vergangenheit

Corps de la Place de Juliers

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Corps de Juliers in Jülich | Foto: Bernhard Dautzenberg
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Das Corps de la place de Juliers – oder auch kurz und knapp: Corps de Juliers – gründete sich im Umfeld der Landesgartenschau 1998 in Jülich. Diese hatte die Festungsanlage „Brückenkopf“ ins Zentrum gerückt und mit neuem Leben gefüllt. Das „Kronwerk“ an der Rur entstand ab 1799 unter französischer Herrschaft. Es war eine bewegte Zeit mit vielen Umbrüchen, die 1789 durch die Französische Revolution ausgelöst worden waren. Europa erlebte zwischen 1792 und 1815 einen nahezu durchgehenden Kriegszustand. Das bekam vor allem die Festungsstadt Jülich – französisch Juliers – zu spüren. Seit 1804 lenkte Napoleon Bonaparte als Kaiser die Geschicke Frankreichs, dessen Politik er als erster Konsul schon vorher bestimmt hatte. Lange Zeit dominierte seine Grande Armée das europäische Kriegsgeschehen.

Andreas Kupka, der im Vorfeld der Landesgartenschau die archäologischen Maßnahmen am Brückenkopf geleitet hatte und der für die didaktische Erschließung der Festungsanlage mitverantwortlich war, kam auf die Idee, das soldatische Leben in der Festung nachzuahmen. Vor allem ging es darum, dem Besucher den militärischen Charakter der Anlage mit Hilfe eines Geschütznachbaus deutlich vor Augen zu führen. Schnell fand sich ein Kreis von Männern und Frauen – inzwischen sind es über 15 Personen – zusammen, die die Idee eines solchen Reenactments der französischen Armee der napoleonischen Zeit begeistert aufgriffen. Die Vergangenheit ist unwiederbringlich verloren, aber dennoch können bestimmte Ausschnitte davon rekonstruiert und nachempfunden werden. Beim Reenactment ist von besonderer Wichtigkeit, dass die Uniformen, Kleidungen und Gegenstände möglichst genau historischen Vorgaben entsprechen. Die Ausrüstung soll nicht als Kostüm missverstanden werden, sondern als Rekonstruktion vergangener Lebenswirklichkeit.

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Die Bewaffnung des Brückenkopfs bestand aus Vorderladergeschützen, die in den Hohltraversen, das sind die quer zum Wall stehenden Aufbauten, beschusssicher geschützt, den Angreifer unter Beschuss nahmen. Den Originalen entsprechende Geschütze wurden seit 1998 vom Corps de Juliers angeschafft und im Brückenkopf stationiert. Alle drei Geschütze wurden und werden turnusmäßig staatlich beschossen und sind einsatzbereit. Die Mitglieder des Corps de Juliers unterzogen sich den behördlich vorgeschriebenen Lehrgängen für den Erwerb und Umgang mit Schwarzpulver. Die vorschriftsmäßige Bedienung der Geschütze wird regelmäßig geübt. Grundlage hierfür ist das französische Exerziermanual für die Artillerie aus dem Jahr 1786.

Im Jahr 1999 initiierte das Corps des Juliers ein großes Historienspektakel im Brückenkopf-Park, das den Besuch Jülichs durch Napoleon im Jahr 1804 darstellte und nur ein Jahr später kamen zahlreiche ähnliche Gruppen nach Jülich, um drei Tage lang das Geschehen und die Schlacht von Aldenhoven 1794 nachzuempfinden. Auch das Corps de Juliers beteiligte sich an vergleichbaren Aktionen außerhalb Jülichs, so z. B. in Austerlitz (CZ), in Waterloo (B), in der Zitadelle von Namur (B), in der Zitadelle von Spandau (D) und in Bologne sur Mer (F).

Großen Einsatz zeigte das Corps de Juliers bei der durch Hans Meyer vom Förderverein »Festung Zitadelle Jülich e.V.« angestoßenen Wiederherrichtung der nördlichen Wachstube mit anschließender Gewehrschützengalerie im Brückenkopf, die im Jahr 2008 erfolgreich abgeschlossen werden konnte. Zusammen mit anderen Helfern haben die Mitglieder des Corps de Juliers hierbei unzählige Stunden geschuftet – auch eine Form des Nachvollzugs von Geschichte, sah es doch für die Militärs beim Bau des Brückenkopfs nicht viel anders aus.

An verschiedenen Aktionstagen kann man das Corps de Juliers im Brückenkopf-Park oder in der Zitadelle Jülich erleben. Dann wird das Feuern mit Geschützen und Gewehren vorgeführt und erläutert, wobei auch die Schrecken des Krieges in den Blick genommen werden, die kein noch so gutes Reenactment nachstellen kann. Das Corps de Juliers präsentiert sich das nächste Mal beim Tag des offenen Denkmals am 8. September 2013 in der Zitadelle von 11.00-18.00 Uhr.

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Guido von Büren
Eine echte Muttkrat und mit unbändiger Leidenschaft für Geschichte und Geschichten, Kurator mit Heiligem Geist, manchmal auch Wilhelm V., Referent, Rezensent, Herausgeber und Schriftleiter von Publikationen, Mitarbeiter des Museums Zitadelle und weit über die Stadtgrenzen hinaus anerkannter Historiker, deswegen auch Vorsitzender der renommierten Wartburg-Gesellschaft

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