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Mai-Brauchtum als Zeugnis alter und neuer Liebe

Mit oder ohne Corona: Der Mai ist gekommen! Im Rheinland ist der Monat fest verwurzelt im Brauchtum: Versteigerung, Maikönigspaare, Maibaum-Aufstellen, Umzüge und vor allem das gemeinsame Feiern innerhalb der Dorfgemeinschaft. Doch in diesem Jahr ist alles etwas anders. Nichtsdestotrotz lassen sich einige Gesellschaften nicht unterkriegen und leben ihre Bräuche unter Einhaltung der Schutzmaßnahmen auf neue Arten und Weisen aus.

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Mai-Bild-Stil der 1990er Jahre. Foto (Ausschnitt): Mira Otto
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„Normalerweise stellt man sich am Morgen des ersten Mais bei den Eltern der Maifrau vor. Dann frühstückt man zusammen und meistens geht es dann zum Frühshoppen“, sagte Robin Hecht, der Vorsitzende der Maigesellschaft Stetternich. Die Maifrau, das ist die Dorfbewohnerin, der man das Maibild oder den Maibaum widmet. Maibilder wird es trotzdem geben. Oft bleibt nach der Fertigstellung eines Maibildes etwas Krepppapier übrig. So wurde überall im Dorf das alte Papier eingesammelt und Bilder gefertigt.

Die Maigesellschaft Broich macht etwas Neues: Sie macht Broich zu einer Maibildgalerie. Viele Familien unterstützten die Aktion des Maibildmuseums in Broich und möchten auch alte Maibilder aufhängen. Ab heute hängen mindestens für eine Woche die Bilder in dem Dorf. Darunter Maibilder von den 20 aktuellen Junggesellen, die der Maigesellschaft zugehörig sind. Auch ehemalige Mitglieder hängen ihre Bilder nochmal auf. Teilweise sind die Maibilder mehrere Jahrzehnte alt. „Die Maibilder haben sich entwickelt“, sagte Mark Leipertz. Auf dem Tisch liegt ein Foto von einem Maibild seines Großvaters. Eingerahmt von Grünzeug ist ein dreidimensional gearbeitetes Haus zu sehen. „Geh mach dein Fensterl auf“ ist über dem Maibild zu lesen.

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Auch Mark Leipertz Vater, Heinz Leipertz, war in der Maigesellschaft. Er stellt ein Maibild aus, welches er seiner heutigen Frau vor 30 Jahren aufgehängt hat. Damit sind in dem Dorf nicht wie sonst am ersten Mai Zeugnisse frischer Liebe zu sehen. Im Dorf hängen Maibilder, die Geschichten von Paaren erzählen, die zusammen Kinder bekommen, Häuser gebaut und einen Großteil des Lebens gemeinsam verbracht haben.

Außerdem wird durch die erneute Ausstellung der Maibilder auch Erinnerungen wachgerufen. 2 000 bis 2500 selbstgedrehte Rosen sind in einem regulär großen Maibild verarbeitet. Da helfe die ganze Familie eine Woche lang mit. Auch wenn die Maigesellen eigentlich mit ihren eigenen Bildern beschäftigt sind, hilft man guten Freunden auch mal aus, wenn die Zeit knapp wird. „Wir haben einmal zu fünft oder zu sechst von Nachmittag an bis vier Uhr morgens an einem Bild gearbeitet“, sagte Mark Leipertz. So konnte eine Maifrau doch noch glücklich gemacht werden.

Mark Leipertz ist der amtierende Präsident der Maigesellschaft Broich. Kaum im Amt, musste er eine für die Gesellschaft historische Entscheidung treffen. Sie war so wichtig, dass auch ehemalige Mitglieder der Gesellschaft, die sogenannten Altmaigesellen, an der Runde teilnahmen. Wegen des Coronavirus musste wegen des Veranstaltungsverbots in Corona-Zeiten die Maigesellschaft ihr Fest absagen. Die Entscheidung sei nicht leicht gefallen. „Das Maibrauchtum hat es zuerst getroffen“, sagte Heinz Leipertz, der Vater des Präsidenten. „Es war enttäuschend. Eigentlich will man einfach ein schönes Fest feiern“, sagte Mark Leipertz. Bei der Krisensitzung, bei der die Absage entschieden wurde, seien Tränen geflossen.

Aber das Brauchtum lebt, weniger gesellig, vielleicht etwas wehmütig, aber erinnernd an tolle vergangene Feste und mit Vorfreude auf die kommenden Jahre weiter. Und das Fest findet anders statt. Die Maigesellschaft Selgersdorf hat um Mitternacht von der Haustüre und von Balkonen aus lauthals ihr Mailied gesungen. Auch einen Maibaum soll es geben. Eben etwas anders. Eine Birke die auf einem Privatgrundstück, die man von der Straße aus sehen kann, wird geschmückt und ist so sichtbares Symbol dafür, dass es weiter geht.

Viele Maigesellschaften hatten schon ihre Majestäten für dieses Jahr schon im Hintergrund auserkoren. Sie werden auch die Majestäten des nächsten Jahres sein. So kann das aktuelle Paar doch noch einen Festumzug und zahlreiche Feiern als König und Königin erleben.

Ein weiterer Wermutstropfen: Die Kleider der Maifrauen. Oft suchen die Frauen lange Zeit nach einem guten Kleid. Auch hier konnten Lösungen gefunden werden: „Die Verleiher der Kleider haben die Verträge um ein Jahr verschoben. Frauen, die die Kleider gekauft haben, können dieses im nächsten Jahr anziehen“, sagte Mark Leipertz.

„Immer wenn wir unser Maifest haben, scheint die Sonne. Jedes Jahr“, sagt Mark Leipertz. Heute soll Regen fallen. Und nach Regen folgt Sonnenschein.

 


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