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Filme gegen „braunen Dreck“

Peers Kino Kolumne mit einem Aufruf für ein Kino gegen Rechts

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Peer Kling. Foto: Volker Goebels
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Wie komme ich 78,5 Jahre nach dem Ende des Nazi-Regimes auf dieses Thema? Weil braunes Gedankengut sogar innerhalb staatstragender Institutionen wie der Polizei und der Bundeswehr immer wieder als Problem auftritt. Weil ich gerade in den Nachrichten erfahre, dass Polizeianwärter in Gruppenchats Nazi-Symbole ausgetauscht haben. Weil Bahar Aslan gefeuert wurde. Weil Hubert Aiwanger nicht gefeuert wurde.

Bahar Aslan hatte in einem Tweet gepostet: „Ich bekomme … Herzrasen, wenn ich … in eine Polizeikontrolle gerate, weil der ganze braune Dreck innerhalb der Sicherheitsbehörden mir Angst macht. … “ Das hat der Dozentin an der Polizei-Hochschule NRW den Lehrauftrag gekostet. Sie sei aufgrund ihrer Äußerungen ungeeignet, eine vorurteilsfreie, fundierte Sichtweise im Hinblick auf Demokratie, Toleranz und Neutralität zu vermitteln.

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Der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger blieb trotz der antisemitischen Hetzschrift schadlos im Amt. Der Wortlaut des mehr als anstößigen Flugblattes ist unter nachzulesen.

Rund 1000 Rechtsextreme in Deutschland dürfen legal eine Waffe besitzen. Sie sind eine latente Gefahr für die Gesellschaft. Es gibt eine Karte, in welchen Landkreisen sie leben.

In der Nazizeit ist es dem damaligen Unrechtsstaat gelungen durch Propagandafilme das Volk zu verdummen, gleichzuschalten und „einzunorden“ auf einen Menschen und Völkerrecht feindlichen Kurs. Kritische Filme hatten erst gar keine Chance zu entstehen oder gezeigt zu werden. Die Feuerzangenbowle, eigentlich ja ein harmloser, aber eben auch ein verharmlosender Film hatte das Ziel, die leidende Bevölkerung in Deutschland vom Bombenhagel abzulenken. Das sollte uns bei jedem „wänzigen Schlock“ bewusst sein. Musik, Kunst und Kino können in verschiedene Richtungen wirksam sein. Die Problematik des Rechtsextremismus ist nicht neu und das Bemühen, Deutschland als einen freiheitlichen Rechtsstaat zu erhalten auch nicht. Das erste Rock-gegen-Rechts-Festival fand 1979 in Frankfurt am Main statt. Vielleicht magst Du Dir den Filmbeitrag von der Uraufführung der „AG Arsch Huh – Arsch huh, Zäng ussenander“ vom Chlodwigplatz unter der Leitung von Wolfgang Nideggen 1992 in Köln ansehen. Es gab den Versuch Rock-gegen-Rechts-Veranstaltungen als „antideutsche Kommerzhetze“ zu verbieten, aber das Verwaltungsgericht Chemnitz bestätigte, dass als politische Kundgebungen konzipierte Konzerte den Schutz des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit im Sinne des Art. 8 GG genießen, wenn sie einen „nicht-kommerziellen“ Charakter haben. (Beschluss des Verwaltungsgerichts Chemnitz. 3. September 2018. Aktenzeichen 2 L 517/18)

Konzerte ziehen weit mehr Publikum als Filme, aber dennoch macht „Kino gegen Rechts“ Sinn.

Welche Filme gibt es denn heute, die sich der Gefahr von rechts entgegenstellen? Es fallen mir viele Antikriegsfilme ein, aber Filme gegen «Rechtsextremismus» muss ich recherchieren. Das «Netzwerk für Film- und Medienkompetenz Vision Kino» hat anlässlich des Jahrestages des rechtsextremen Anschlags in Hanau eine Liste mit leider nur vier Filmempfehlungen zusammengestellt, aber immerhin. Ich fürchte, es gibt einfach nicht so viele Filme zu diesem Thema. Der durchschnittliche Kinogänger will unterhalten werden, nicht Probleme hören oder gar lösen. Die vier Filme sind: „Spuren – Die Opfer des NSU“, „Die Arier“, „Wir sind jung. Wir sind stark“ und „Kriegerin“. Die ersten beiden Filme sind verfügbar in der Mediathek der Bundeszentrale für politische Bildung. Dort gibt es auch weitere Empfehlungen. 6)

2006 rief das Netzwerk „Neubrandenburg bleibt bunt“ zu einem „Drehbuchwettbewerb für Toleranz und gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit“ auf. Einzelne Jugendliche, Schüler sowie Teilnehmer der Ausbildungsgemeinschaft Industrie, Handel und Handwerk Neubrandenburg e.V. sendeten daraufhin unterschiedliche Drehbücher zum Thema ein, von denen drei im Januar 2007 ausgezeichnet wurden. Im Rahmen der Medienwerkstatt des Kinos „Latücht“ folgte anschließend die Umsetzung der prämierten Drehbücher. Zu diesem Zweck wurden den beteiligten Jugendlichen unter Mithilfe einer Mitarbeiterin des mobilen Beratungsteams zunächst medientechnische Kompetenzen vermittelt, um im Anschluss die schriftlichen Vorlagen filmisch zu verarbeiten. Das Ergebnis sind die Filme „Deine Jugend“, „Du hast Dein Leben in der Hand“ sowie „Allein unterwegs“, welche die Themen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit thematisieren.
Mehr zum Projekt

Franziskus Meuthrat, der neue Jugendleiter im Bonhoeffer Haus möchte zukünftig im Rahmen der offenen Kinder- und Jugendarbeit Filme zeigen und hat mich gebeten, ihm dabei behilflich zu sein. Ich werde Filme zu diesem Themenkreis vorschlagen.

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Peer Kling
Peer Kling, typisches "KFA-Kind", nicht aus der Retorte, aber in der zweiten Volksschulklasse nach Jülich zugezogen, weil der Vater die Stelle als der erste Öffentlichkeitsarbeiter "auf dem Atom" bekam. Peer interessiert sich für fast alles, insbesondere für Kunst, Kino, Katzen, Küche, Komik, Chemie, Chor und Theater. Jährlich eine kleine Urlaubsreise mit M & M, mit Motorrad und Martin.

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