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Wenn man das Schlechte weglässt,…

… gibt es viel Gutes.

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Hofgeflüster
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Wenn man das Schlechte weglässt, gibt es viel Gutes. So formulierte es eine Freundin. Geist gewürzt mit einem Spritzer Ironie – ein Wort-Cocktail, der schmeckt. Passend dazu: „Wenn der letzte Strohhalm, an den wir uns klammern, in einem Cocktail steckt, dann geht es ja noch.“ Charakterisierte unsere Welt bis März ganz treffend. Man sprach von Freizeitstress – jetzt von „Bore-out“ als umkehrt proportionale Gemütserfahrung zum „Burnout“. Die stetige Analyse unserer eigenen Verfassung treibt die Erkenntnis auf Nebenschauplätze: „Uns geht es gut!“

Unsere Häuser sind intakt. Wir leben in Sicherheit. Unser Gesundheitssystem funktioniert, und wir können von der Gartenliege bis zum Nagel, vom Buch bis zum Fernseher alles kaufen, was wir möchten und unser Geldbeutel erlaubt. Es hungert niemand, weil es kein Angebot gibt, und nicht einmal, weil Lebensmittel nur in haushaltsüblichen Mengen ausgegeben werden. Die Auswahl ist noch so groß, dass wir uns darüber beklagen können, dass unsere Lieblingsmarke ausverkauft ist. Es gibt sie immer noch: die Wohlstandsgesellschaft.

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Nach vielen „fetten Jahren“ – in denen auch geklagt wurde, weil genug nie genug sein kann – ist der Mensch zurückgeworfen auf das Wesentliche: Wohnen, Essen, Arbeiten und vor allem: die Sorge um den Nächsten. Darauf wird der Fokus in den nächsten Jahren liegen und liegen müssen – beim Einzelnen, bei den Kommunen, bei der Regierung. Stadtentwicklung und Straßenbau, Sanierung von Grünanlagen werden künftig gegenüber der sozialen Verantwortung für Familien, von Kurzarbeit oder Arbeitslosigkeit Betroffene, der Wiederherstellung der Wirtschaft zurückstehen. Dann müssen wir halt das Schlagloch mal umfahren, um es sinnbildlich zu formulieren. Kerntugenden sind gefordert: Disziplin, Altruismus, Kreativität und die Leistungsbereitschaft jedes Einzelnen. Klingt altbacken, muss aber ausgesprochen „hipp“ werden, wenn es nicht um „Krisengewinnler“ gehen soll, sondern wir alle im Blick behalten wollen.

Großveranstaltungen sind abgesagt. Auch private Feste. Bedauern ist (außer für Veranstalter und Künstler im Hauptberuf, denen mein Mitgefühl gilt!) nicht angebracht Es geht um mehr als „Party“. Und: Ja, auch die Autorin ist von Absagen persönlich betroffen, und trotzdem: Es ist nicht „schade“, es heißt nicht „nie“, sondern „später“.

Wenn man all das Schlechte weglässt… Wie füllt sich das Vakuum, das Kontaktgebot und Veranstaltungsverbot hinterlassen haben? Mit Fantasie und zwischenmenschlichem Kontakt, wo immer er möglich ist: Menschen sprechen wieder miteinander. Auf dem „Dorfplatz“ in unserem Viertel sitzen täglich Menschen mit 1,50-Abstand und unterhalten sich. In der Warteschlange vor den Geschäften kommen viele ganz selbstverständlich ins Plaudern. Gelobt werden Rücksichtnahme und Behutsamkeit im Umgang miteinander, der Respekt. Wertschätzung und Zuneigung finden Worte. Die Planung zu einem runden Geburtstag bei Kontaktsperre ist eine Herausforderung – die angenommen wird, gelingt und als Ausdruck von Zuneigung gemeint und verstanden wird. Feiern „von der Stange“ sind out. Es gibt Autokorsos und Ständchen, Transparente und Videobotschaften gesungen, gedichtet… Präsentiert im Netz, vom Balkon, von der anderen Straßenseite.

Das Gute zu sehen, das ist die Kunst. Das Gute auch nach der Krise zu bewahren… Überraschen wir uns doch selbst einmal.


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1 KOMMENTAR

  1. Sehr schöner Beitrag. Jede Krise ist – wenn wir als Gesellschaft zusammenstehen und die massiven Probleme einzelner (gesundheitlich, wirtschaftlich, psychisch) ausgleichen – die Chance für Neues. Dazu gehören die privaten und gesellschaftlichen Nachdenk- und Reifeprozesse genauso, wie die Ansätze, das viele Geld, das jetzt zur Stützung der Wirtschaft eingesetzt wird, an wichtigen Stellen zum Umbau problematischer Entwicklung der letzten Jahrzehnte zu nutzen. Da Corona noch länger dauern wird (bis wir einen Impfstoff haben), wird sich die Pandemie mit anderen Herausforderungen überlagern. Klimawandel und dessen regionaler Auswirkung (es ist schon wieder sehr trocken),Biodiversität, produktive und einkömmliche Landwirtschaft und nachhaltige Entwicklung (wirtschaftlich, ökologisch und sozial) dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden – auch nicht in Zeiten von Corona. Auch wenn es schwerer fällt, als einzelne Themen getrennt voneinander anzugehen: wir müssen – in unserem eigenen Interesse – diese zusammenhängenden Krisen und Herausforderungen gemeinsam denken und handeln.
    Neben dem Leid, das der Virus weltweit angerichtet hat und das wir natürlich nicht vergessen dürfen: Wenn wir es richtig angehen, Lehren ziehen und dann konsequent handeln, dann wohnt der Corona-Krise auch die Chance inne, nachzudenken und neu zu starten.

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