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Spielsucht: Suchtexperten sind hinsichtlich Neuregulierung für private Anbieter von Sportwetten und Online-Casinos alarmiert. Der Fachbeirat Glücksspiel kritisiert die Übergangslösung der Länder. Die Sucht- und Drogenberatungsstelle der Caritas in Düren und Jülich nimmt Stellung.

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Foto: www.kohle-weg.de
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Zunächst weitestgehend im Verborgenen, meistens von Partnern oder Familienangehörigen, Kollegen oder Freunden nicht erkannt, vollzieht sich die Entwicklung der Spielsucht. Erst in einer späteren Phase wird sie vom Umfeld wahrgenommen und schließlich zerstört sie Beziehungen, Familien, häufig droht sogar der Verlust des Arbeitsplatzes. Die Ausweglosigkeit kann Spieler in den Suizid treiben.

„Zugegeben, dies ist eine drastische Schilderung der Entwicklung einer Spielerkarriere“ so Rudolf Stellmach, Leiter der Sucht- und Drogenberatungsstelle der Caritas in Düren und Jülich. „Unsere Fachberater arbeiten intensiv mit den Menschen, die aussteigen wollen oder bereits erfolgreich eine Suchttherapie durchlaufen haben und Stabilität im Alltag benötigen.“

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Der „Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens“ soll die Regeln für private Anbieter von Sportwetten und Online-Casinos ab Juli 2021 grundlegend reformieren, wie die Tagesschau berichtete. Doch bereits jetzt sollen Übergangsregelungen geschaffen werden, die das bisher geltende Werbeverbot für Onlineglücksspiel aufweichen. Die illegal agierenden Anbieter sollen bis zum Inkrafttreten des neuen Vertrages geduldet werden. Damit ist zu erwarten, dass der Markt weiterwächst und Anbieter die Übergangsphase nutzen werden, um sich zu etablieren.

„Schon heute stellt es, bei den allerorts anzutreffenden Glücksspielgelegenheiten wie Spielhallen, Automaten, Wettbüros und Ähnlichem, eine große Herausforderung für unsere Klienten dar, nicht rückfällig zu werden. Die ganze Situation wird noch durch die Tatsache verschärft, dass Prominente aus Sport und Unterhaltung sich für Werbezwecke zur Verfügung stellen und damit nicht nur sehr gut verdienen, sondern auch suggeriert wird, dass Glücksspiel und beruflicher Erfolg, Karriere und so weiter miteinander in Verbindung stehen könnten. Dies ist immer wieder Thema in den Begleitgruppen, die sich regelmäßig zur Stabilisierung nach einer Therapie treffen“, so Sabine Karutz, Suchttherapeutin der Beratungsstelle in Düren.

Der Fachbeirat Glücksspiel, ein Gremium, das die Bundesländer berät, kritisiert die vorgeschlagene Übergangslösung. In einem Brief an die Landesparlamente spricht sich der Fachverband dafür aus, illegale Anbieter nicht zu dulden, klare Schutzmaßnahmen zu ergreifen und den Staatsvertrag neu zu verhandeln.

„Online-Spielsucht ist im Straßenbild unserer Städte und Gemeinden nicht erkennbar, die Folgen allerdings schon. Mit zunehmenden Gelegenheiten, ohne Schutzmaßnahmen und Begrenzungen, werden die Zahlen weiter steigen und Menschen in den Ruin getrieben; das gilt es zu verhindern“, so Silvia Zaunbrecher, stellvertretende Leitung der Sucht- und Drogenberatung. Sie appelliert an die Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft auch lokal die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen, um auf die Einhaltung bestehender Rechts- und Schutzvorschriften besonders zu achten, bei der politischen Willensbildung auf Landesebene hinsichtlich der geplanten Übergangsregelung aktiv Stellung zu beziehen und die Entscheidungsverantwortlichen mit den negativen Folgen zu konfrontieren.

„Pathologische Glücksspielsucht ist schon länger – und seit 2018 auch die Online- Spielsucht nach ICD 11 der Weltgesundheitsorganisation – als Krankheit eingestuft. Aus unserer Sicht werden hier Gewinninteressen weniger Vorrang vor der Gesundheit Vieler, insbesondere schutzbedürftiger Menschen, eingeräumt. Wir meinen, dass das so nicht zu akzeptieren ist und fordern die Politik auf, dem Spielerschutz oberste Priorität einzuräumen“, so Rudolf Stellmach.


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