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Schnell unterwegs mit Daumenspitzengefühl

Sie gehören schon jetzt zum Stadtbild: Die grünen E-Scooter, die Freitag offiziell an den Start gegangen sind und an vielen Stationen positioniert wurden, werden schon jetzt rege genutzt. Auch der HERZOG ist zur Testfahrt aufgebrochen.

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Im Nordviertel sind die Scooter vor der Saleskirche platziert. Foto: Dorothée Schenk
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Mal eben nach dem Konzert vom Kulturbahnhof kostengünstig nach Hause fahren oder Bekannte auf dem Dorf besuchen: Mit den E-Rollern der Firma „Lime“, die versuchsweise in Jülich als erstem „Mittelzentrum“ von 34.000 Einwohnern aufgestellt wurden, soll für diese Fahrten das Auto obsolet werden. Ein Fahrspaß ab 18 Jahren. Und wie einfach ist die Handhabung der Roller wirklich?

Vorweg sei gesagt, dass die entsprechende App im Vorhinein heruntergeladen und ein Konto angelegt werden muss. Die Roller selbst sind aber, mit etwas Eingewöhnung, einfach und spaßig zu bedienen. Natürlich ist hier etwas Gleichgewichtssinn wichtig, das Maximalgewicht des fahrenden Menschen um alle Funktionen garantiert in vollem Umfang verwenden zu können liegt laut Operations Managerin Anika Reinshagen bei 100 Kilogramm – bei Überschreitung der Grenze um beispielsweise zwei Kilogramm bricht das Gefährt aber natürlich nicht sofort zusammen. Das Abstoßen um einen in Gang zu setzen darf nicht mit zu wenig Kraft passieren, aber weder Anlauf noch besondere Muskelstärke sind vonnöten.

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Der Gashebel verlangt etwas Daumenspitzengefühl. Mit bis zu 20 Kilometern pro Stunde kann die Fahrt ganz schön fix sein. Hier drängen sich die Anweisungen auf, sowohl mit Helm zu fahren, als auch die Fahrt „nüchtern zu genießen“, wie es Bürgermeister Axel Fuchs formulierte, zumal wo möglich der Fahrradweg zu benutzen ist. Das Fahren unter Einfluss – sagen wir mal von bewusstsbeeinträchtigenden Substanzen – kann übrigens auch einen Führerscheinentzug mit sich führen. Ansonsten kommt man sehr schnell von Punkt A zu Punkt B – mit demselben Effekt wie auf dem Motor- oder Fahrrad: Die Umgebung kann sehr viel genauer wahrgenommen werden als im Auto. Das Display des Rollers zeigt Geschwindigkeit und Ladestatus an und fragt nach, wenn über längere Zeit nicht gefahren wurde, ob die Fahrt beendet werden soll.

Auch der Preis für eine Fahrt hält sich im Rahmen: Abgebucht über Lastschrift, Kreditkarte, PayPal oder (zumindest beim im Versuch verwendeten iPhone) Apple Pay kostet jede Fahrt einen Euro bei Beginn, von da an 19 Cent pro Minute. Bis zum 25. Juli gilt außerdem ein Start-Rabatt, der an jedem Roller aushängt: Die ersten fünf Fahrten kosten mit dem Code „HALLOJUELICH“ nur die Hälfte. Ein Tages- oder Wochenpass ist vorgesehen, ist aber aktuell noch nicht buchbar. Die über Mitteilung angekündigte vorübergehende Zahlung von sieben Euro zur Überprüfung der Zahlungsinformationen scheint so stattgefunden zu haben, denn es ist keine Abbuchung im Nachhinein nachzuvollziehen. Steht der Roller 20 Minuten lang ohne sich zu bewegen oder wird die Unterbrechung-Schaltfläche über die Zeit angewählt, so beendet sich die Fahrt, um keine Geldfalle zu werden.

Die App zeigt auf einer Karte an, wo die Roller geparkt sind, welche Gebiete nicht befahren werden dürfen, und lässt auch Gruppenfahrten von bis zu fünf Rollern auf einem Konto buchen. Der nächstgelegene Roller wird direkt bei App-Start empfohlen und kann zehn Minuten lang reserviert werden. Angezeigt wird etwa auch die Reichweite, also der Ladestatus – im Auswahlfeld oder anhand des grünen Kreises um das jeweilige Roller-Symbol. Sobald man einen Scooter ausgewählt hat und vor ihm steht wird der Code am Lenker gescannt. Stellt man ihn wieder ab, fordert die App zum Foto auf: Etwa ein Abstellen an nicht dafür vorgesehenen Orten kann sanktioniert werden. Mithilfe des Fotos kann nachgewiesen werden, ob die letzte Person das Gefährt korrekt abgestellt hat. Sollte man das Gefährt versehentlich falsch abgestellt haben, macht sich die App auch bemerkbar. Die Software ist für jeden, der sich einigermaßen mit Apps auf dem Smartphone auskennt, einfach zu bedienen. Die Kontoeinrichtung entspricht den gängigen Standards und als erstes werden illustrierte und einfach formulierte Anleitungen und Sicherheitsinformationen sowie das Regelwerk gezeigt, welche jederzeit im Hauptmenü wieder aufgerufen werden können.

Sollte festgestellt werden, dass bestimmte Bereiche öfter zum „Wildparken“ verwendet werden oder andere vorgesehene Stellen nur sehr wenig, so können die etwa 40 Parkplätze auch umgeplant werden, so Operations Director Hector Sevilla. Probleme und Vorschläge können über einen Aufkleber an der Lenkerstange nahe des Trittbretts oder direkt der Stadt gemeldet werden. Mobilitätsmanagerin Claudia Tonic-Cober nannte hierfür Kommunikation das „A und O“, die Stadt lerne schließlich auch mit. Sollte ein Roller „über Bord gehen“ und etwa in der Rur landen, so meldet die Software dem Anbieter, wann und wo er offline gegangen ist, sodass jemand nachschauen kann. Gekümmert werden soll sich um solche Fälle in der Regel innerhalb von 24 Stunden. Insgesamt nehme der Vandalismus aber ab, so Reinshagen. Die Menschen hätten sich langsam an die Fahrzeuge gewöhnt und gelernt mit ihnen umzugehen, häufig hätte wohl das „Neue“ viel unsachgemäßen Umgang ausgelöst. Alle zwei Tage sollen auch die außerhalb der Parkplätze abgestellten Roller wieder eingesammelt und ordentlich aufgestellt werden.

Augenscheinlich wird das Angebot in Jülich bereits mit viel Interesse genutzt: Überall im Stadtbild kann man schon Menschen sehen, die mit ihnen unterwegs sind, oder auch abgestellte Geräte. Wie die Bilanz nach der Eingewöhnungszeit aussieht wird sich zum entsprechenden Zeitpunkt zeigen.

„Lime“ startet mit einer Flotte von 250 seiner nachhaltigen E-Scooter. „Die Mikromobilität hat längst Einzug auf unseren Straßen gehalten und ihren festen Platz als alternatives Verkehrsinstrument zum Auto eingenommen, jetzt auch in Jülich. Nicht zuletzt die Pandemie und die aktuelle politische Weltlage lassen die Menschen auf Verkehrsinstrumente zurückgreifen, die das eigene Portemonnaie und die Umwelt schonen und den Gesamtenergieverbrauch drastisch reduzieren. Jülich als Stadt der kurzen Wege ist ideal für die elektrischen ‘Mini-Fahrzeuge’, wenn es darum geht die letzte ‘nie enden wollende’ Meile zu bewältigen. Ob in Form des Nahverkehrsmixes zwischen Bahnhof oder Haltestelle und dem Arbeitsplatz oder zum Einkaufen im Supermarkt: der Verkehr auf unseren Straßen, besonders mit Blick auf den anstehenden Brücken-Neubau ‘Große Rurstraße’ wird entlastet, indem er einfach umfahren wird. Sie haben nun die Möglichkeit über einen Zeitraum von einem Jahr herauszufinden, ob sich das Mikro-Fahrzeug für Sie lohnt und ob Sie Freude an der etwas anderen Fortbewegung haben“, sagt Axel Fuchs, Bürgermeister der Stadt Jülich.

„Wir stellen unser Angebot in enger Absprache mit der Stadt Jülich zur Verfügung, um den Menschen eine nachhaltige Mobilitätsoption für die letzte Meile zu bieten, insbesondere als Ergänzung zum öffentlichen Nahverkehr mit dem derzeit populären 9-Euro-Ticket. So helfen wir den Städten schrittweise, autospezifische Verkehrsprobleme wie Staus und Luftverschmutzung in den Griff zu bekommen und bieten den Menschen gleichzeitig eine erschwingliche Alternative zur Autonutzung in der Stadt,“ sagt Jashar Seyfi, Deutschlandchef von Lime.

Bei Fragen können sich Fahrerinnen und Fahrer jederzeit an den Lime-Kundensupport unter [email protected] wenden.


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