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Welt zwischen Krone und Wurzel

Mit der Bauminspektorin der Stadt Jülich unterwegs: Besondere und sehr persönliche Einblicke zwischen Krone und Wurzel.

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Baum
Blick in die Krone. Foto: Katharina Reinert
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Sein Zuhause ist der Schlossplatz. Das ist er schon immer gewesen und wird er auch immer bleiben. Fest verwurzelt ist hier seine Lebensgrundlage. Fast jeder Jülicher kennt ihn, denn als große Kastanie steht er schon sehr viele Jahre hier.

Für Menschen ist er sehr hilfreich, spendet nicht nur den Schatten an den heißen Tagen, sondern auch den Sauerstoff, den der Mensch zum Leben braucht. Und jeder Baum ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz. Er braucht aber Chancen, um alt und groß zu werden. Das ist in der Stadt nicht immer so einfach. Denn die Wurzeln brauchen viel Platz, damit sie sich so ausbreiten können, damit sie den Baum vollständig mit Wasser „ernähren“ können. Während einem Menschen zwei Liter pro Tag empfohlen wird, braucht der Baum mehrere hundert Liter pro Tag. Aber wo soll diese Menge Wasser herkommen? In den Supermarkt gehen kann er nicht. Wenn der Regen ausbleibt, muss er auf das Grundwasser zurückgreifen und auch das ist knapp. Die Wurzeln reichen oft nicht so tief. Selbst auf dem Schlossplatz nicht. Der Grund: Dadurch, dass der Boden nie „unbenutzt“ ist und immer etwas darüberfährt, verdichtet sich der Boden immer mehr und die Wurzeln bekommen „Platzangst“.

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Ausgelegt sind Bäume dazu, mit vielen zusammenzustehen, so wie im Wald. Die Nachbarin der Kastanie, die Buche, ist nochmal extremer betroffen. Sie ist immer bestrebt, so viel Platz wie möglich einzunehmen – egal ob mit ihren Ästen oder ihren Wurzeln. Und dann kann es passieren, dass Wurzeln und Äste Schäden verursachen.

Da legt sich schon mal Wurzelwerk auf Versorgungsleitungen. Oder ein Loch wird gegraben und die Wurzeln werden unabsichtlich beschädigt. Das ist in etwa so, als hätte Menschen ein Problem am Herzen und als Hilfe wird ein Pflaster aufgeklebt. Dann ist alles wieder gut? Nein, natürlich nicht. Aber aus dem Blick aus dem Kopf. Und so wie Menschen dann nicht mehr vernünftig Blut durch den Körper pumpen können, kann der Baum sich nicht mehr vernünftig versorgen. Schwäche ist in beiden Fällen die Folge. Oft wird zu spät bemerkt, dass es den „Riesen“ nicht gut geht. Im schlimmsten Fall fallen Bäume ohne irgendwelche Vorzeichen um.

In Jülich bekommen Bäume in regelmäßigen Zeitabständen „Besuch“. Sie werden auf Verletzungen und ähnliches untersucht. Einfach einmal durchchecken, ob es ihnen noch gut geht. Und wenn nicht, bekommen sie Hilfe. Zum Beispiel wird die Krone geschnitten. Denn wie beim Menschen die Haare werden auch Äste irgendwann einfach zu lang. Tote Äste werden geschnitten oder die, die gefährlich für Menschen werden könnten.

Aber nicht nur die Trockenheit macht den Bäumen zu schaffen. Auch der Wind ist ein starker Gegner. Ein aussichtsloser Kampf, denn die Kronen bieten perfekte Angriffsflächen. Aber mit etwas Hilfe der Menschen kann mehr Sicherheit erreicht werden. Wer auf dem Schlossplatz seinen Blick in die Kronen hebt, kann Seile sehen, die stabilisieren und Bewegungen während bei Wind reduzieren.

Bäume brauchen Akzeptanz. Auch wenn sie übers Jahr etwas verlieren, ob Blätter, Früchte oder Äste und dadurch Arbeit verursachen.  Alles, was ein Baum verliert, ist biologisch und wird von der Umwelt selbst abgebaut. Das schadet nicht. Anders,  wenn Menschen ihren Müll am Fuße der Stämme entsorgen.

Darüber hinaus sind Bäume ein Zuhause und Schutzraum für Insekten und Tiere. Eine symbiotische Verbindung, denn die Lebewesen helfen ihrerseits den Bäumen. Aber wenn sich Anwohner von den „Untermietern“ gestört fühlen, wird den Bäumen der Kopf abgeschlagen. Ursache behoben, Fall erledigt? Manchmal geht ist die Fällung auch Notwendigkeit, etwa wenn ein Baum „tot“ oder „krank“ ist. Dann kann an der angestammten Stelle ein neuer, gesunder Baum gesetzt werden. Hier sind Experten gefragt. Kein Baum soll ohne einen guten Grund gefällt werden.

Könnte ein Baum einen Appell an Menschen richten, wäre er wohl so (oder ähnlich): „Nehmt uns nicht immer als letzten Beachtungspunkt, sondern denkt auch an uns, wenn ihr ein neues Haus baut. Lasst meine Freunde vielleicht einfach stehen und baut euren Garten um sie herum.“


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