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Falls „Sabine“ kommt…

Wie es Jürgen Breuer, 1. Vorsitzender der KG Schnapskännchen formulierte, so geht es vermutlich allen Karnevalisten im Jülicher Land: "Wir hoffen, dass ,Sabine' nicht kommt! Jede andere Sabine gerne, aber nicht der Sturm." Ab Sonntagnachmittag soll das Orkantief das Jülicher Land erreichen. In der Spitze wird mit Windstärke 9 gerechnet, das sind in Zahlen bis zu 110 Kilometer Windgeschwindigkeit. Viele Vorbereitungen sind bereits getroffen.

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So sah die Unwetterprognose am Freitag, 7. Februar aus. Foto: Screenshot
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Der „Zeltkarneval“ ist im vollen Gange. Außer den „Fidelen Brüdern“ in Koslar, den „Bärmer Sandhasen“, und der Fidelitas in Bourheim, die ein festes Dach über ihren Köpfen haben, greifen alle übrigen Karnevalsgesellschaften auf eine „Zeltlösung“ zurück. In der Verantwortung für die Aufbauten selbst sind die „Zeltwirte“, die neben besonderen Abspannungen auch andere Sicherheitsmaßnahmen ergreifen.

In Lich-Steinstraß, berichtet Dirk Emunds, Pressesprecher der KG Maiblömche Lich-Steinstraß, werden Lastwagen als Schutz an die Zeltwände gefahren, um den Wind etwas abzufedern. Anfang der 1990er Jahr, erinnert sich Emunds, ist im Sturm ein Großteil des Zeltes Opfer eines Sturms geworden. „Wir hatten damals viel Glück. Es gab keinen Personenschaden“. Berücksichtigen müsse man, dass inzwischen die Zelte viel stabiler und sicherer seien. Dennoch hat die Beschaller-Firma nach der Damensitzung vorsorglich ihre Anlage abgebaut und wird dann pünktlich zu Weiberfastnacht alles wieder aufbauen. Vor zwei Jahren stand die Damensitzung ja bereits einmal vor der Absage, konnte dann aber doch stattfinden.

Das Festzelt hinter der Stadthalle. Foto: tee

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Vor dieser Entscheidung steht jetzt die KG Rurblümchen, die morgen ab 15 Uhr mit der Großen Kostümsitzung ihren großen Sessions-Höhepunkt feiern möchte. „Wir haben gerade alles aufgebaut und die Bühnendekoration gehängt“, berichtet Präsident Frank Kutsch aus dem Festzelt hinter der Stadthalle. „Jetzt hoffen wir auf alles Gute.“ In Abstimmung mit den Ordnungsbehörden werde am Sonntag die Wetterlage genau beobachtet und gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen ergriffen, sagt Geschäftsführer Michael Schröder. Zurzeit seien es nur Vorwarnungen und in der Vergangenheit habe man gesehen, dass Stürme oder Unwetter im Nachhinein nur sehr lokal anzutreffen waren. „Insofern werden wir bis und am Sonntag schauen, wie sich die Situation entwickeln wird und unsere Gäste gegebenenfalls entsprechend informieren.“ Eine Absage hätte eben auch finanzielle Folgen: Während die Zeltwirte versichert sind kann sich eine Karnevalsgesellschaft, so Präsident Kutsch, nicht gegen höhere Gewalt versichern. Die verpflichteten Künstler müssen in jedem Fall bezahlt werden. Das hat die KG schon einmal getroffen, als sie während des Golfkrieges ihre Sitzung abgesagt hat.

Die KG Schnapskännchen feiert heute Sitzungskarneval. Foto: privat

Betroffen ist auch die KG Schnapskännchen Güsten, die heute Abend ihre große Sitzung feiert, bei der aber morgen die Kindersitzung steigen soll. Heute morgen um 10 Uhr hat es eine außerplanmäßige Vorstandsitzung gegeben, berichtet Jürgen Breuer, 1. Vorsitzender der KG Schnapskännchen. Der Zeltwirt hätte eine Notausgangstür nachjustiert, die Anbauzelte für die Garderobe und die Raucher sind mit Spanngurten gesichert worden, 1,20 Meter lange Erdnägel sollen zusätzlich Sicherheit bieten. Sogar an die „Pommesbude“ hat die KG gedacht: Die „Klappen“, die Angriffsfläche bieten könnten, bleiben schon heute Abend zu. Außerdem ist der Anfahrtsweg zum Zelt verlegt worden, der normalerweise an einer Baumreihe vorbeiführt. Guter Hoffnung ist Breuer, da das Güstener Zelt relativ geschützt hinter Bäumen liege und das Zelt über einen „Schwerlastboden“ verfügt. Dennoch ist ungesichert, ob die Kindersitzung morgen stattfinden wird, denn natürlich haben die Verantwortlichen vieles im Blick: „Schaffen wir bis 17 Uhr das Programm, schaffen die Gäste auch den Heimweg noch?“ Da 90 Prozent der Karteninhaber aus den Orten Welldorf und Güsten käme, „viele Großeltern, die mit ihren Enkelkinder kommen wollen“, schätzt Breuer dieses Risiko als überschaubar ein – immer unter der Prämisse: „Sicherheit geht absolut vor“. Im Zweifelsfalle könnte man die Sitzung auch früher abbrechen… Bedauerlich sei es vor allem für die Kinder, die sich für Programmpunkte vorbereitet haben. „Ich bin sicher morgen um 11 Uhr rufen die ersten an und fragen: können wir die Kinder schminken, oder nicht?“ Die Entscheidung ist noch offen.

Definitiv stattfinden wird das Biwak der KG Bretzelbäckere in Mersch-Pattern. „Wir werden alle halbe Stunde mit dem Wetterdienst telefonieren“, unterstreicht Vorsitzender Ulrich Hintzen, dass die Warnungen durchaus ernst genommen würden. Selbstverständlich sei das Zelt gesichert und ausgelegt bis zur Windstärke 10. Das gilt für alle Zeltaufbauten. Demnach wird das Biwak pünktlich um 11.11. Uhr starten und gefeiert, bis die Gäste sich wetterbedingt verabschieden müssen.

Dann werden die Vertretern der KG Schanzeremmele aus Stetternich, die heute ihren großen Sitzungsabend haben, sicher dabei sein. Beisitzer Richard Schumacher geht davon aus, dass der heutige Abend „normal ablaufen“ wird und der Plan für den morgigen Tag, bei dem auch Kinder zum „Tross“ planmäßig dazu gehören, wird wetterbedingt entschieden. Wie in Lich-Steinstraß wird auch in Stetternich das Zelt mit Lkw-„Bollwerken“ zusätzlich gesichert.

Ebenfalls auf Tour ist morgen die KG Ulk Selgersdorf, deren Zelt an der Altenburger Straße aufgebaut ist. Während die Gesellschaft mit zwei Bussen unterwegs ist, wird der Zeltwirt regelmäßige Kontrollfahrten unternehmen. Vorab ist alles, was wegfliegen könnte, vorsorglich ins alte Feuerwehrhaus geräumt worden. Für die Rundreise der Selgersdorfer Karnevalisten kündigt Präsident Bernd Görres an: „Wenn uns das Sicherheitsrisiko zu hoch ist, brechen wir ab und fahren nach Hause.“

Weit fortgeschritten sind die Arbeiten an der Veranstaltungsmuschel im Brückenkopf-Park. Foto: Dorothée Schenk

Seit Freitag bereitet sich auch der Brückenkopf-Park auf den angekündigten Sturm vor. „Das bereitet uns natürlich Sorgen“, sagt Geschäftsführer Axel Fuchs. Die „Muschel“ geht ihrer Vollendung entgegen, ist aber noch nicht vollständig geschlossen. Das birgt Probleme, wenn der Wind gegen den Aufbau drückt. Vorsorge getroffen worden sei durch eine aufblasbare Membran, die die Platten sichern soll. Die Materialien sind unter das bereits errichtete Dachteil gestellt und mit Steinen beschwert worden. Selbstverständlich ist ein Bereitschaftsdienst installiert.

Alarmiert sind auch die rund 270 Ehrenamtler der Freiwilligen Feuerwehren im Stadtgebiet Jülich. In der Feuerwache an der Vogelstange ist die Einsatzleitung eingerichtet, erklärt Stadtwehrleiter Swen Henseler. Gut vorbereitet sind die Einsatzkräfte und haben sich zusätzlich „die Freunde vom THW mit ins Boot geholt“. Zum Einsatzleitwagen der Feuerwehr steuert das Technische Hilfswekr einen Führungs- und Kommunikationskraftwagen bei, „der Lagebilder darstellen kann“ und einen „FüKaWe“, einen Führungskraftwagen.

Es ist nicht der erste Sturm, durch den die Einsatzkräfte gehen, aber noch ist Henseler einigermaßen gelassen: „Das ist eine Lotterie. In der Vergangenheit war es so: Was groß angekündigt worden ist, ist glimpflich abgegangen. Wir haben aber auch schon 150 bis 200 Einsätze abgearbeitet.“ Das Besondere an „Sabine“ sei die lange Vorwarnzeit. Seit mehreren Tagen kündigen die Wetterdienste das Orkantief an. „Wir stellen uns schon darauf ein, dass einiges an Arbeit auf uns zukommen könnte.“ Darum haben die Löschzüge konkrete Einsatzgebiete: Löschzug 1 ist für die Innenstadt, Lich-Steinstraß und Stetternich zuständig, der zweite Löschzug für Selgersdorf, Kirchberg, Bourheim und Daubenrath. In einem zweiten Abschnitt fahren im Ernstfall der Löschzug 3 Koslar, Barmen und Broich an, Löschzug 4 kommt in Welldorf-Güsten sowie Mersch-Pattern zum Einsatz.

Der „Peak“, also der Höhepunkt des Sturms mit bis zu 110 Stundenkilometern Windgeschwindigkeit, ist für 21 Uhr angekündigt. Aber wie es Dezernent Richard Schumacher auf den Punkt bringt: „Was ist der Peak? Das kann keiner genau sagen. Kritisch wird es ab 100 km/H. Wann es soweit ist, das ändert sich stündlich.“

Also gilt für alle: Möglichst zu Hause bleiben oder das Zuhause aufsuchen, von Bäumen fernhalten – natürlich auch vom Rurdamm – und den Deutschen Wetterdienst im Blick behalten. Damit „Sabine“, wenn sie kommt, auf verschlossenen Türen und Fenster trifft.


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