Start Stadtteile Jülich „Gunst-Region für Rübenanbau“ ist zufrieden

„Gunst-Region für Rübenanbau“ ist zufrieden

In der Donnerstagnacht wird die letzte Rübe der Ernte in der Kampagne 2019/20 in der Jülicher Zuckerfabrik Pfeiffer & Langen verarbeitet. Dann wird bis zum Herbst nicht mehr die typische weiße Rauchfahne über der Zuckerfabrik wehen.

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Kleine Knolle mit großer Ausbeute: Die Zuckerrübe. Foto: Pixabay
Kleine Knolle mit großer Ausbeute: Die Zuckerrübe. Foto: Pixabay
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„Wenn der weiße Rauch weg ist, ist die Rübe weg“, erklärt Heinz Leipertz, Landwirtschaftlicher Leiter Rheinland launig zum Kampagnenschluss in der Jülicher Zuckerfabrik. Der weiße Rauch ist der Wasserdampf, der beim Trocknen der Rüben entsteht, die zu Futtermitteln verarbeitet werden, nachdem der Zucker der Pflanze entzogen ist.

Die gute Laune von Heinz Leipertz ist begründet: Ausgesprochen zufrieden sein kann der Fachmann mit der auslaufenden Kampagne und das nicht nur, weil es seit September nicht einen Unfall zu vermelden gab, in den Rübentrecker verwickelt waren. Wichtiger ist: Der Ertrag war unerwartet gut. Nach dem zweiten heißen und trockenen Sommer in Folge waren die Sorge vor einer weiteren Missernte groß, aber „pünktlich mit dem Start der Kampagne hat der liebe Gott ein Einsehen gehabt und schickte die ersten normalen Niederschläge“. Es sei aber nicht so viel Wasser gefallen, dass die Rübenanfuhr vor extreme Probleme gestellt gewesen wäre, und Frost gab es nur um Neujahr. Das habe der Rübe geholfen, sie habe die Altweiber-Wetterbedingungen für das Wachstum nutzen können und sei als Herbstkultur zwischen September und November weiter gediehen.

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Hierzu hält Heinz Leipertz einen kleinen „pflanzlichen“ Exkurs bereit: Die Zuckerrübe sei eine Mittelmeerpflanze und könne darum längere Trockenzeiten und Wärme besser verkraften als andere Feldfrüchte. Sie könne mit dem vorhandenen Wasser sparsamer umgehen und an tiefere Wasserreservoires heranreichen. „Das hilft der Rübe. Wenn wir trockene Jahre haben, kann die Rübe damit – relativ – besser umgehen.“ Das beste Beispiel sei das Jahr 2019 mit dem trockenen Sommer, der dennoch eine Durchschnittsernte ermöglicht habe.

Pro Hektar konnten nach Aussage der Zuckerfabrik je nach Bodenqualität zwischen 40 und 100 Tonnen geerntet werden. Das statistische Landesamt hatte in der vergangenen Woche die diesjährige Zuckerrübenernte in Nordrhein-Westfalen mit 75,1 Tonnen je Hektar angegeben und damit einen Anstieg um 17,1 Prozent gegenüber dem Dürrejahr 2018 gemeldet. „Der Ertrag liegt im fünfjährigen Mittel. Das Mittel liegt immer zwischen gut und schlecht – und damit sind wir zufrieden“, bestätigt der landwirtschaftliche Leiter.

Eine Herausforderung war im Produktionsablauf der Jahreswechsel mit den wenigen Arbeitstagen zwischen Feiertagen und Wochenenden. Hier spricht Leipertz den zwei Maschinenringen und drei Lohnunternehmern, die dafür gesorgt hätten, dass immer ausreichend Rüben zur Verarbeitung vorrätig waren, ein Lob und großen Dank aus. Bereits zwei Wochen vor Weihnachten hätten sie begonnen, den „Speckgürtel“ anzulegen, wie Leipertz scherzhaft den Vorrat an Rüben nennt, um in der Zeit bis 6. Januar kontinuierlich arbeiten zu können.

So lange weißer Rauch aus dem Schornstein kommt, ist die Kampagne nicht zu Ende. Foto: tee/ Archiv

Das Einzugsgebiet der Jülicher Zuckerfabrik reicht von Aachen bis in den Selfkant, bis nach Niederkrüchten-Elmpt am Niederrhein und Neuss. Rund 1500 Landwirte liefern ihre Rüben an. Dem Eindruck des Laien, dass es sich um ein großes Einzugsgebiet handelt, widerspricht Heinz Leipertz sofort: „Die Rüben wachsen nicht immer um den Schornstein – aber in der Köln-Aachener Bucht tun sie das. Das ist eine Gunst-Region für den Rübenanbau.“ Es sei das konzentrierteste Anbaugebiet, das Europa kenne. Es seien kurze Wege der Rübe zum Schornstein, und umgekehrt habe das Produkt einen kurzen Weg zum Verbraucher. „Bei den ,Food-and-Feet-Miles‘ und dem CO2-Print sind wir schon beim Thema Nachhaltigkeit“, betont Leipertz. In den Niederlanden, so führt Leipertz ein Beispiel an, kann eine Rübe schon mal vom Acker bis zur Fabrik 250 Kilometer zurücklegen.

Generell bleibt die Lage von Zuckerfabrik und Rübenbauern angespannt. Im Schreckensjahr 2018, als der niedrigste Ertrag der vergangenen 20 Jahre gepaart mit niedrigem Rübenpreis eingefahren wurde, war der Zuckermarkt und die ungleichen Wettbewerbsbedingungen in Europa ein großes Thema. „Sie konnten den Zucker im Einzelhandel noch nie so billig kaufen“, sagt Heinz Leipertz. Das hat wirtschaftliche Auswirkungen auf Zuckerfabriken und deren Zulieferer. Im Klartext: die Landwirte. Denn natürlich hängen Rübenpreis und Zuckerpreis zwingend zusammen. Viel Verständnis zeigt darum der landwirtschaftliche Leiter für Bauern, die ihre Anbauflächen für Rüben verringern. Das statistische Landesamt spricht von 3,9 Prozent Rückgang der Zuckerrübenanbaufläche. „Ich persönlich halte die Zahl noch für sehr optimistisch“, sagt Heinz Leipertz. Für das Jülicher Land kann er diese Tendenz weder bestätigen noch dementieren, da keine Zahlen vorliegen.

Aber ein „Gutes“ hat der Rückgang an Anbaufläche: Rübenzucker wird knapper, darum steigt der Preis wieder an, lässt der Fachmann wissen, denn: „Die Menge macht Preis.“


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