
Zeit ist Geld. Der Satz, der Benjamin Franklin zugeschrieben wird, ist die Kurzformel, auf die sich die Gründe der Insolvenz der Schwan GmbH zurückführen lassen. So schildert es Gesellschafter und „Gesicht“ des Schwans, Max Lenzenhuber. Drei Jahre vergingen zwischen Baugenehmigung und Baubeginn. „Wir hatten für die Betreibergesellschaft so viel Eigenmittel, dass wir überhaupt keinen Kredit gebraucht hätten“, erklärt Lenzenhuber. Aber dann kamen eine notwendige Planungsänderung, Corona, Ukraine-Krieg, Bauunterbrechungen. „Diese drei Jahre, die als Teil der Anlaufphase vorgesehen waren, haben die Reserven aufgebraucht.“ Hinzu kamen durch die genannten globalen Krisen Preissteigerungen im Bausektor zwischen 30 und 100 Prozent.
Damit stellt Max Lenzenhuber klar: Zum Insolvenzverfahren geführt haben die Baukosten und – im Klartext – unbezahlte Rechnungen. Dem laufenden Betrieb ginge es gut. Über 4000 Gäste monatlich zählt der Unternehmer. 60 Prozent kämen aus der Region, Köln und der Städteregion Aachen. Positiv überrascht sei er, so Lenzenhuber, von dem Zuspruch vonseiten der Gäste. Viele wünschen Kraft, Durchhaltevermögen, drücken die Daumen, dass es weitergeht und sich das Verfahren zum Guten wendet. Dafür tätigen sie weiterhin Reservierungen. Denn der „Schwan“ wie das Café und die Eismanufaktur bleiben trotz Verfahren mindestens bis Januar 2026 zu den üblichen Zeiten geöffnet.
Die Gesellschafter hätten in den vergangenen Monaten viel privates Geld in das Unternehmen eingebracht. Es handele sich dabei um drei Familien, „denen es im Leben auch gut gegangen ist, die was erreicht haben.“ Dann sei der Schlusspunkt gekommen. „Wir sind da weit über die Grenzen hinausgegangen“, sagt Lenzenhuber, „deswegen trifft es mich schon, wenn in Kommentaren stehen: ,Es wird abgeschrieben und fertig‘. Für zwei der Gesellschafter heißt das, dass sie nicht mit Null dastehen, sondern mit Minus.“ Vermutlich, so gibt er zu, Schulden, an denen er ein Leben lang tragen wird.

Noch zwei Wochen vor der Insolvenzanmeldung habe es Gespräche mit der Bank gegeben. Das Ergebnis: Keine weiteren Sicherheiten, kein weiteres Geld. Ein Dreivierteljahr finanzielle Luft, so sagte Max Lenzenhuber, wären nötig, um die fälligen Rechnungen auszugleichen. Zeit und Geld, das die Schwan GmbH nicht hat. Die ausführenden Unternehmen hätten der Schwan GmbH eine Stundung der fälligen Rechnungen bis zum 30.09.2025 eingeräumt. Das war der Tag X.
„Natürlich haben wir auch Verluste gemacht“, räumt Max Lenzenhuber ein und auch: „Natürlich haben wir Fehler gemacht.“ Als einen Fehler sieht der Unternehmer, dass sie dem Druck der Banken und Gesellschafter nachgegeben und das Restaurant zu früh eröffnet hätten. Betriebsleiter, Spitzenkoch und Mensch mit weitreichender gastronomischer Erfahrung, Bernd Geiger, habe zu Bedenken gegeben, dass bei der Personaldecke und dem selbstgesteckten Anspruch die Eröffnung schwierig wäre. Daher auch der „Soft-Start“ mit nur einem Menü-Angebot. Seit sieben Monaten nun läuft das Restaurant, bietet à la Carte, Menü und Glas Wein an der Theke „mit oder ohne Essen“. In den Köpfen herrsche aber immer noch der Eindruck „da kann man nur ein Menü bestellen“. Hinzugekommen sei, dass urlaubs- und krankheitsbedingt über den Sommer öfter die Türen geschlossen bleiben mussten.
Apropos Personal: Weil es hier schon mal zu Engpässen kommt, steht Chef Max Lenzenhuber auch selbst am Spülbecken. Sicher keine ideale Lösung. Er grinst. Ja. Gutes Personal zu bekommen sei ein Problem, aber früh seien er und Bernd Geiger zu der Überzeugung gekommen: „Mittelfristig hilft uns nur, wenn wir die Leute, die wir brauchen, selbst ausbilden.“ Aktuell gehören sieben Auszubildende zum festen 30-köpfigen Mitarbeiterstamm. Verstärkt werden sie durch etwa 35 Minijobber und Aushilfskräfte. Die Mitarbeiter sind vergangenen Dienstag über das Insolvenzverfahren informiert worden.
Die Frage, die die Mitarbeiter, Gäste und viele Jülicher Gemüter beschäftigt:
Wie geht es jetzt weiter?
Die Frist – vorläufige Insolvenz – läuft bis Januar 2026. Neben dem Aachener Insolvenzverwalter Dr. Dirk Wegener hat Max Lenzenhuber einen Profi eingeschaltet, der in der DACH-Region, also in Deutschland, Österreich und der Schweiz, nach passenden Investoren sucht und Gespräche führt. „Vier waren schon hier.“ Gerüchteweise fällt immer wieder auch das Dorint als Interessent. Das kann Lenzenhuber nicht bestätigen – auch wenn es naheliege, da das Unternehmen gegenüberliegend ein Hotel errichten möchte. Von Anfang an sei er mit Dorint im Gespräch gewesen. „Das ging aber nicht von uns aus“, betont er. „Ich habe sie jetzt informiert wie die Lage bei uns ist. Die einzige Aussage, die ich habe, ist: ,Wir denken drüber nach.‘ Mehr kann ich dazu nicht sagen.“
„Zweigleisig“ sei die Schwan GmbH unterwegs: Einerseits werde Kontakt mit professionellen Betreibern aufgenommen, aber auch eine Lösung durch Privatinvestoren hat sich unverhofft als Lösungsansatz aufgetan. Auch hier ging die Kontaktaufnahme nicht von Max Lenzenhuber aus, wie er sagt. „Ja, passieren interessante Dinge“, lächelt er und spürbar ist, dass ihm diese positiven Rückmeldungen guttun. „Diese Privatleute wollen im Wesentlichen natürlich den Schwan, so wie er ist, wollen ihn für die Region.“ Ob er dann selbst noch zum Schwan „gehören“ wird, ist auch unklar. „Ich habe es schon häufiger in der aktuellen Phase gesagt: Es ist immer einfacher, den Trainer auszuwechseln als 22 Spieler. Wenn diejenigen, die dann Besitzer sind, sagen, ich soll es weitermachen, dann freue ich mich und bleibe dabei. Und wenn sie sagen, es geht unter neuer Führung weiter, dann ist es so. Da stehen der Schwan und seine Mitarbeiter an erster Stelle.“ Sehr realistisch formuliert Max Lenzenhuber: „Am Ende ist es ja wie man sagt: Wer die Musik bezahlt, bestimmt was gespielt wird.“
Es sind also viele Wege möglich, sogar, dass Eismanufaktur und Café getrennt von Restaurant und Bistro betrieben werden. Für das Café habe es schon Interessenten gegeben – auch aus den eigenen Personalreihen, teilt Lenzenhuber mit.

Ein Thema quält Max Lenzenhuber im Zuge des Insolvenzverfahrens: Die Schwan-Gutscheine, die ausgegeben worden sind, können derzeit nicht eingelöst werden. „Der Insolvenzverwalter sagt, wir dürfen sie nicht annehmen, weil die Gutscheine rein rechtlich eine Forderung gegen den Insolvenzbetrieb sind und sie gleichzubehandeln ist mit den Forderungen der Baubetriebe.“ Rund 400 Gutscheine seien derzeit im Umlauf. Es gibt aktuell zwei Möglichkeiten für Gutscheinbesitzer: Sie wenden sich direkt an Max Lenzenhuber persönlich per Telefon 02461-9840040 oder E-Mail an gutschein@schwan.nrw oder sie werden behalten und hoffen, dass der Schwan weiterfliegt und die Gutscheine ab kommenden Jahr eingelöst werden können.
Vor neun Jahren startete Max Lenzenhuber mit der Idee, ein Restaurant zu eröffnen, das vor allem auf Qualität, Ambiente und Nachhaltigkeit setzt. Seither hat er einige Federn lassen müssen. Dennoch bleibt er der Überzeugung treu: „Der Schwan ist das sicherlich größte, ambitionierteste Gastronomie-Projekt in NRW.“
Im Januar 2026 wird sich zeigen, ob ein Investor oder eine Gruppe von Investoren diese Meinung teilt
Lesen Sie hierzu: „Wer nichts tut, macht den größten Fehler“




















