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Was ich noch sagen wollte…

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Die Kolumne aus Jülich | Grafik: Sebastian von Wrede
Gisas Kolumne | Grafik: Sebastian von Wrede
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Manchmal ist das ja so eine Sache mit der Luft, also mit der eigenen und der aller. Mit der, die von draußen nach drinnen und der, die von drinnen nach draußen will, kann, darf, soll oder muss. Für so manche Floskel muss sie herhalten, die Luft, die für Alles und Nichts gleichermaßen steht. Also wenn sie steht, beispielsweise in einem Raum, muss sie raus, um sich selber wieder reinzulassen. Letztlich ist ja der Mensch in seiner Haut auch nur ein mehr oder weniger geschlossener Raum. Wer wütend ist, dem hilft das Ablassen selbiger, um sie sich wiederum zu verschaffen.

Dass der luftleere Raum gar nicht so leer sein kann wie er verspricht, beweist die Tatsache, dass man aus der Luft wunderbar Dinge greifen kann. Eine Luftnummer ist vielleicht nicht gerade ein erstrebenswertes Ergebnis, aber eben nicht Nichts. Ein Luftikus ist nicht zwangsläufig ein Nichtsnutz. Ein in die Luft gehauchter Kuss ist allerdings eine unmissverständliche Liebesbezeugung – im Gegensatz zu mancher in die Tastatur geklimperter Buchstabenfolge. Apropos: Dass mir das automatische Wortergänzungsprogramm bei der Übermittlung elektronischer Nachrichten statt „Luft“ immer wieder „Lust“ vorschlägt, erfordert höchste Konzentration zur Vermeidung von Irrtümern: „Ich kriege keine Luft mehr“ ist ein deutlich bedrohlicheres Szenario als mir das Worterkennungsprogramm vorschlägt. Es wäre doch weitaus sinnvoller, das ebenfalls nur um einen einzigen Buchstaben abgeänderte Wort „Duft“ an die Stelle der „Luft“ zu setzen. Das reimt sich nicht nur, sondern macht auch noch Sinn, denn kein Duft ohne Luft. Duft ist immer Luft plus x, also Luft plus Kuchen, Luft plus Grillwurst, also Luft plus irgendwas, um sagen zu können, es riecht nach…

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Für mich liegt nun die Vermutung nahe, dass die Eingruppierung der im Leben jemals aufzunehmenden Düfte bereits genetisch festgeschrieben ist. Mein persönlicher Beweis: es geht bei Familientreffen immer wieder die Geschichte um, dass ich mit dem begeisterten Ausruf „Kiiiiiehe“ auf einen geschlossenen Kuhstall losstürmte, ohne jemals zuvor im Dunstkreis eines der Tiere gewesen zu sein. Bis heute ist tatsächlich die Luft rund um diese Tiere für mich leichter zu ertragen als für manchen Jülicher. Hält man sich vor Augen und die Nase, dass in Mecklenburg die Anzahl der Kuhställe proportional zu den Einwohnern höher ist als in Jülich, macht das durchaus Sinn. Umgekehrt muss man wohl seit Generationen das Jülich-Gen weitergetragen haben, um begeistert auf die Rübenberge zustürmen zu können mit dem Ausruf „Zuuuuucker!“. Also nur „Muttkrate“- wie sich „echte“ Jülicher bezeichnen – gruppieren den Duft „Luft plus Rüben“ genetisch bedingt als einen positiv behafteten ein. Das macht ebenfalls Sinn, hält man sich vor Nase und Augen, wo Schlammkröten (hochdeutsch für „Muttkrate“) so leben.  Die absolute Höchstleistung erbringen dabei für mich die Heckfelder, die – völlig jahreszeitenunabhängig, aber immer zur unpassendsten Zeit – den Duft „Luft plus Güllepolder“ heldenhaft ertragen. Begeisterte Ausrufe aus voller Lunge bleiben hier allerdings aus. Dafür müsste man nämlich zuvor tief Luft holen. Und darauf haben sie wohl keine Lust…


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