
Kirche und Demokratie – das wird Menschen, die mit den Strukturen der Kirche nicht vertraut sind, befremdlich erscheinen. Tatsächlich ist es bewährte Tradition, dass die Gläubigen in Gemeinden durch Pfarrgemeinderäte, Räte der Gemeinschaft der Gemeinden (GdG-Räte) und Kirchenvorstände Mitbestimmungsrechte wahrnehmen. Mit der bevorstehenden Fusion zählt die neue Pfarrei 22 Gemeinden, die nun ihr neues Mitbestimmungsorgan „Pfarreirat“ personell besetzen sollen. Hierzu dient die anstehende Wahl. Offizieller Stichtag ist Samstag, 8. November. Allerdings konnte bereits per Briefwahl die Stimme abgegeben werden und aktuell kann zu Gottesdienstzeiten zur so genannte „Filialwahl“, also in der Kirche vor Ort, gewählt werden. Heute und Morgen besteht in den Jülicher Kirchen hierzu die Gelegenheit in Kirchberg, Broich, Güsten und Lich-Steinstraß.
Eine 19-köpfige Kandidatenschaft hat sich gefunden, die für 18 Plätze im Gremium kandidiert. „Wir sind sehr glücklich, wie bunt das alles ist“, freut sich die Jülicher Pastoralreferentin Barbara Biel. Sehr unterschiedlich in den Kompetenzen und von Mitt-Zwangzigern bis zu Pensionären reicht die Altersspanne. Besonders ist die Aufstellung, weil sie nicht nur Ortsgemeinden, sondern Themenfeldern strukturiert ist: Es gibt Kandidaten, die sich für Kinder und Familie einsetzen wollen, für Caritas-Schöpfung-Eine Welt, für Verbände und Initiativen und Jugend und junge Erwachsene. Viele neue Kandidaten hätten sich gemeldet, berichtet Pfarrer von Danwitz und ist überzeugt, dass dies mit dem „neuen Bild von Kirche, dass nicht nur die Ortsgemeinden“ meint, zurückzuführen ist. „Kirche ist mehr und meint alle, die sich darunter verstehen. Der Blick ist noch mal geweitet.“ „Der Wunsch ist möglichst große Vernetzung und die Anliegen der Menschen in diesem Lebensraum einzubringen – das erhoffen wir durch diese Form der Listen“, erläutert Barbara Biel.
Die Gläubigen nun zum Urnengang zu mobilisieren, ist die größte Herausforderung. Die Wahlbeteiligung lag bei rund 7 Prozent, sagt Verwaltungsleitung Dagmar Stettner. Eine eigens aufgelegte Broschüre stellt die Listenkandidaten vor. 4000 Stück sind gedruckt, mit dem Pfarrbrief und in Kirchen verteilt worden. Natürlich finden sich alle Daten auch auf der Internetseite. „Es ist für die Menschen, die auf der Liste stehen so wichtig, dass sie nicht nur mit 2 Stimmen gewählt zu werden, sondern, es Menschen gibt, die sich interessieren“, betont Stettner. „es ist ein schönes Zeichen für die, die sich ehrenamtlich zu Verfügung stellen.“
Neu ist ebenfalls, dass der Pfarrei Hl. Maria Magdalena zwar Pfarrer Hans-Otto von Danwitz vorsteht, er sich aber im Leitungsteam wiederfindet. „Das ist das Ergebnis des synodalen Prozesses durch Bischof Helmut Dieser“, erklärt von Danwitz. In Jülich ist dies seit dem Weggang von Propst Josef Wolff ein bewährtes Konstrukt. Künftig werden zum Leitungsteam Pastoralreferentin Barbara Biel, Gemeindereferentin Esther Fothen und Verwaltungsleitung Dagmar Stettner gehören. Ergänzt werden sie durch vier Ehrenamtliche, die in der jetzigen Pfarreiratswahl bestimmt werden – paritätisch durch Männer und Frauen.
Der Kirchenvorstand befindet sich in der „Interrimszeit“. Er wird erst im Mai gewählt. Der Grund: Die neue Pfarrei, die bereits die Zustimmung durch das Bistum hat, benötigt auch von der Bezirksregierung Köln eine Bestätigung. Daher die zeitliche Verschiebung.
„Basis bilden die Orte von Kirche“, erklärt Pfarrer von Danwitz das neue Verständnisprinzip von Kirche. „Wir haben schon angefangen, die Menschen zu mobilisieren“, strahlt Pastoralreferentin Biel. 70 „Orte von Kirche“ seien derzeit bestätigt „Und es kommt immer noch einiges hinzu. Eine tolle Sache, dass sich so viele als Orte von Kirche verstehen.“ Der Begriff ist missverständlich, wie Dagmar Stettner aufklärt: „Ort von Kirche sucht nach einem Ort – aber es ist eigentlich mehr das gemeinsame Tun.“ So gehören Schützen, Pfadfinder, Kitas, Verbände aber auch die Fachschaften Religion aus den Schulen zum Konstrukt „Ort von Kirche“.
All das Neue braucht natürlich auch neben der Wahl einen festlichen Rahmen: Mit einer Gründungsmesse wird am Sonntag, 25. Januar, um 10 Uhr gemeinsam in St. Martinus in Aldenhoven gefeiert und anschließenden geht es gesellig weiter. Warum Aldenhoven? „Es ist die größte Kirche der neuen Pfarrei“, sagt Barbara Biel. Aber es ist auch ein symbolischer Akt, um den sechs Gemeinden in Aldenhoven durch die 16 Gemeinden aus dem Jülicher Land ein warmes Willkommen und Miteinander zu geben. So ist es sicher auch zu verstehen, dass zwar die Jülicher Propsteikirche als Pfarrkirche der Pfarrei Hl. Maria Magdalena geführt wird, Co-Pfarrkirche aber St. Martinus Aldenhoven wird.

















